[Debatte-Grundeinkommen] Geschichte eines Irrtums
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Di Nov 25 22:20:33 CET 2014
Den nachfolgenden Text habe ich vor einigen Jahren geschrieben, als ich
unter anderem über Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines bedingungslosen
Grundeinkommens nachdachte. Damals hatte ich die Debatten-Liste noch
nicht entdeckt; jetzt finde ich, daß er ganz gut in die laufenden
Beiträge zu den mehr philosophischen Implikationen unseres Menschseins paßt.
Die Geschichte eines Irrtums
eine Erzählung
für große und kleine Menschenkinder
von Jochen Tittel
Wir Menschen leben auf unserem Heimatplaneten schon viele viele
Jahrtausende und die längste Zeit davon lebten wir in Frieden. Doch
heute befinden wir uns in einem Kriegszustand mit der Natur und
untereinander. Und das auch schon seit vielen Jahrhunderten, so daß wir
fast vergessen haben, daß es einmal anders war und daß es anders
überhaupt möglich ist. Wie es dazu kam, will ich Euch erzählen.
Es gab also, wie ich schon sagte, eine Zeit, da lebten die Menschen auf
der Erde in Frieden miteinander und mit der Natur, zu der sie sich
zugehörig, in die sie sich eingebettet fühlten, als ein Teil des Ganzen.
Sie wußten um diese Verbindung, um die vielfältigen Wechselbeziehungen
zwischen ihnen und allen Wesen und Erscheinungen und dieses Wissen war
nicht nur ein Wissen im Kopf, es war ihre Existenz; ihr ganzes Dasein
bestand aus diesem Wissen bis in jede Einzelheit. Sie wußten, daß sie
alles von der äußeren Natur geschenkt bekamen, was sie zum Leben
brauchten und daß all ihre Fähigkeiten ein Geschenk ihrer inneren Natur
sind.
Aus dem Bewußtsein ihrer Eingebundenheit heraus wäre ihnen die Idee
völlig lächerlich erschienen, sich für die Beherrscher der Natur oder
die Herren der Schöpfung zu halten. Doch waren sie in der Lage, aus der
Erkenntnis der Zusammenhänge Nutzen für ihr Dasein zu ziehen. Sie hatten
erlebt, daß die Natur nicht nur für sie da ist und daß mitunter Dinge
geschehen, die sich schmerzlich für sie auswirkten. Auf solche
Ereignisse muß man immer vorbereitet sein, dann kann man den Schaden in
Grenzen halten. Aber völlig auszuschließen sind sie nicht.
So lebten sie und breiteten sich langsam über die Erde aus; wanderten,
siedelten – immer im Einklang mit dem Ganzen der Natur. Das natürliche
Gleichgewicht ist aber kein starres ein für alle mal gegebenes – das
wäre ein totes – sondern es ist ständig im Fluß, geht ständig verloren
und wird in jedem Augenblick wieder neu hergestellt. Diese Störung und
Wiederherstellung des Gleichgewichts ist das Leben selbst – im Großen
wie im Kleinen.
So wie die Entstehung der Sonne, der Planeten und der Erde selbst das
Ergebnis einer Katastrophe sind, des Zusammenstoßens und
Zusammenstürzens kosmischer Materie, so hat unsere Erde auch immer
wieder kosmische oder geologische Katastrophen erlebt – Einschläge von
Kometen und Meteoren, Erdbeben und Vulkanausbrüche mit gewaltigen
Verwüstungen. Immer ist daraus auch Neues entstanden. Das irdische Leben
– einmal entstanden – hat alle diese Katastrophen überstanden und ist
davon geprägt. Auch die Menschen waren in den vielhunderttausenden von
Jahren ihrer Entwicklung von solchen großen Einbrüchen (Ausbrüchen) der
Naturgewalten betroffen und haben daraus gelernt. Sie haben sich in
dieses immerfließende Gleichgewicht eingefügt und Fähigkeiten
entwickelt, die keinen anderen irdischen Lebewesen in solchem Maße
zukommen. Sie haben ein klareres Bewußtsein und einen schärferen
Verstand hervorgebracht als alle anderen Lebewesen der Erde – das
zeichnet sie aus. Aus der bewußten und verständigen Gestaltung ihres
Zusammenlebens entstand das, was wir heute Kultur nennen.
In den unvorstellbaren Zeiträumen ihrer Entwicklung durchlebten unsere
frühen Vorfahren zahlreiche kleinere und größere Naturkatastrophen und
wahrscheinlich wären sie nicht nur einmal fast ausgerottet worden. Die
größte dieser Katastrophen, an die wir noch heute Erinnerungen in
mehreren Kulturen auf der ganzen Welt finden, haben wir Sintflut
genannt. Unsere Versuche, herauszufinden bzw. zu erklären was hinter
diesen Geschichten steckt, haben zu zahlreichen Theorien geführt; ich
halte die Theorie für die zutreffendste, die einen Kometeneinschlag vor
etwa 9500 Jahren für die weltweite Katastrophe verantwortlich macht.
Derartige Ereignisse erschüttern natürlich das Vertrauen der Menschen in
das Wohlwollen der Naturkräfte ihnen gegenüber. Und das hat dazu
geführt, daß sie nach Erklärungen suchten und nach Möglichkeiten, diese
Kräfte in ihrem Sinne zu beeinflussen. Zwei Wege haben die Menschen
dabei eingeschlagen; den naturwissenschaftlichen und den spirituellen.
Beide ergänzen sich und gehören zusammen.
Die Ordnung, welche sich diese Menschen in ihrem Zusammenleben gaben,
die sich aus den natürlichen Verhältnissen heraus entwickelte, nennen
wir heute Matriarchat. Dieses Wort stammt aus der Sprache der antiken
Griechen und soll uns bedeuten: „Am Anfang sind die Mütter“ Daß heute
darum gestritten wird, ob das die richtige Bedeutung des Wortes ist,
erwähne ich hier nur, darauf müssen wir jetzt nicht eingehen.
Am Anfang ist die Mutter: das ist eine unmittelbare
Selbstverständlichkeit für jeden Menschen, der auf dieser Erde lebt.
Diese matriarchalen Gesellschaften bilden die frühesten menschlichen
Kulturen und sind die Basis aller folgenden Entwicklungen. Sie
existierten, wuchsen und entwickelten sich über einen Zeitraum von
vielleicht mehreren Jahrhunderttausenden. Genau können wir das heute
noch nicht sagen aber verglichen mit dem Zeitraum, den wir noch bis vor
kurzem den geschichtlichen nannten, ist es eine unermeßliche Zeit. Und
wir können sagen, daß fast alles, was uns von der Natur genetisch mit
auf den Weg gegeben wurde (über unsere tierischen Vorfahren hinaus), aus
dieser Zeit stammt.
In dieser langen Zeit, das sagte ich schon am Anfang, lebten die
Menschen in Frieden mit sich und ihrer Umgebung. Später, als dieser
glückliche Zustand verloren war (verspielt, vertan ?) bewahrten sie sich
davon nur dunkle Erinnerungen an das Paradies.
Wir dürfen uns diese Verhältnisse sicher nicht so vorstellen, wie sie in
den Paradiesgeschichten heute erzählt werden; Löwen haben kein Gras
gefressen und es gab noch andere Jäger-Beute-Beziehungen. Sicher traten
auch Konflikte zwischen Menschen auf, die gewaltsam gelöst wurden; aber
das waren Ausnahmefälle und für die Verletzungen, die daraus entstanden,
hatten die Menschen Heilungsrituale geschaffen, so daß sich die Wunden
wieder schließen konnten.
Auch jene Tiere, die sich vom Fleisch anderer Tiere oder auch von
Menschen ernähren, waren (und sind auch heute) keine blutrünstigen
Bestien und wurden von den Menschen nicht als solche gesehen. Das
einzige Lebewesen auf Erden, das fähig ist zur Bestie zu werden, ist der
Mensch – aber das geschieht erst viel später. In der Zeit, von der wir
jetzt noch reden, gab es keine Bestien (und wohl auch vorher in der
ganzen irdischen Geschichte des Lebens nicht).
Ganz zu Anfang lebten die Menschen in Gemeinschaften von Sammlerinnen
und Jägern, damit ist also eine Funktionsteilung zwischen Frauen und
Männern angesprochen, die sich aus natürlichen Gegebenheiten entwickelt
hat. Das schließt vielleicht nicht aus, daß es auch einzelne Sammler und
Jägerinnen gegeben hat (?). Und diese Lebensweise haben einige wenige
und kleine Völker bis heute beibehalten. Viele andere haben aber damals
begonnen Pflanzen anzubauen und Tiere zu halten und zu züchten. Damit
tritt die Menschheit in ein Stadium ihrer (Früh-) Geschichte ein,
welches wir heute die neolithische Revolution nennen.
Was diese Entwicklung ausgelöst hat, wie sie vor sich ging und was sie
für die Menschheit bedeutet, darüber wissen wir noch nichts Sicheres.
Das Einzige, was wir heute sicher dazu sagen können ist, daß unsere
bisherige Vorstellung davon falsch ist. Falsch ist der Glaube, die
früheren Gesellschaften der Sammlerinnen und Jäger wären durch die pure
Not dazu gedrängt worden, weil sie sonst verhungert wären. Dieser
Gedanke konnte nur in den Köpfen heutiger Menschen entstehen, die die
Verbindung zur Natur verloren haben und die vergessen haben, wie ihre
(unsere) Vorfahren in den Gesamtkreislauf der Natur eingebettet waren.
Falsch wäre aber auch die Vorstellung, daß mit dem Beginn von Pflanzen-
und Tierzucht der Bruch des Gleichgewichts der Lebensprozesse begonnen
hätte. Auch die frühen Garten- oder Ackerbäuerinnen und Viehzüchter
wußten, daß sie nach wie vor von diesem Gleichgewicht abhängig sind und
darauf zu achten hatten. Aber ihnen waren damit neue Möglichkeiten
gegeben, die auch mißbraucht werden könnten. Daß diese Möglichkeiten der
Ausbeutung der Natur im Laufe der Entwicklung zunahmen, ist wichtig für
den weiteren Verlauf unserer Geschichte. Denn mit den wachsenden
Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen konnte zum ersten Mal der
Gedanke aufkommen, sie könnten über der natürlichen Umgebung stehen oder
sich über sie erheben; das war vorher ganz unmöglich.
Die Möglichkeit allein macht aber den Weisen noch nicht zum Narren.
Erfahrungen aus vorangegangenen Jahrtausenden, die sich in Kultur und
Tradition der matriarchalen Gesellschaften niedergeschlagen hatten,
schützten die Menschen vor voreiligen Entschlüssen.
Ich komme in meiner Erzählung jetzt an eine Zäsur, die mit dem Ende der
Steinzeit und dem Beginn der Metallzeit zusammenfällt.
Die Menschen nutzten schon mehrere Jahrhunderte das Feuer zur
Herstellung keramischer Gebrauchsgegenstände und hatten dabei entdeckt,
daß aus Erz im Feuer Kupfer entsteht. Bald darauf verstanden sie sich
auf die Herstellung von Bronze und Bronzegeräten. Zu dieser Zeit hatten
die Menschen schon den größten Teil der irdischen Landmassen besiedelt:
Afrika, Europa, Asien und selbst Amerika, Australien und die ersten
pazifischen Inseln. Sie hatten Eiszeiten durchlebt und sich in Regionen
vorgewagt, in denen ihre frühesten Vorfahren nicht hätten leben können.
Das schwankende Erdklima hatte sie herausgefordert und sie hatten diese
Prüfungen bestanden.
Jetzt kam es zu einer Klimaänderung, welche viele Stammesgesellschaften
schwer belastete; im zentralen und nördlichen Afrika und in Zentralasien
trockneten vor ca. sieben bis achttausend Jahren weite Gebiete aus, es
bildete sich ein Wüstengürtel. Die Nahrungsquellen versiegten mehr und
mehr und die lange anhaltende Not führte schließlich dazu, daß das
Vertrauen in die bestehende Ordnung verloren ging. Aus den Zentren der
Wüstenbildung, in denen weite ehemals fruchtbare Landschaften
unbewohnbar wurden, mußten die dort lebenden Völker abwandern. Aber die
benachbarten Gebiete waren einerseits auch schon besiedelt, andererseits
ließ auch dort die Fruchtbarkeit der Landschaft nach, so daß es immer
schwieriger wurde, gute Lebensräume zu finden. In dieser Situation
großer Not zerbrach in einigen Gemeinschaften die alte bewährte Ordnung
und die Vorstellung setzte sich bei einigen Gruppen fest, daß die Natur
den Menschen nicht freundlich, sondern feindlich gegenüberstünde. Daß
dies ein Irrtum ist, konnten die betroffenen Menschen in ihrer Not nicht
erkennen. Bei dem einsetzenden Zerfall der matriarchalen Stammesordnung
waren es vor allem Männer, die sich entwurzelt und ausgestoßen fühlten
und die glaubten, sie könnten ihr Glück erzwingen, indem sie sich mit
Gewalt das holten, was sie zum Leben brauchten und die alten Gesetze
mißachteten. Daß sie dabei ringsum die Not und die Störung des
Gleichgewichts noch vergrößerten, konnten oder wollten sie nicht
wahrnehmen. Auch war die Welt noch so riesengroß im Verhältnis zu den
menschlichen Einflüssen, daß es leicht war, diese Wirkungen zu
übersehen. Diese Gruppen von entwurzelten, von aus der alten Ordnung
ausgebrochenen Menschen – im Grunde waren es Räuberbanden – gaben sich
eine neue Ordnung, die auf dem Recht des Stärkeren beruhte: das
Patriarchat war geboren.
Um ihre neue Daseinsweise zu rechtfertigen, mußten sie alle alten
Vorstellungen umdeuten, denn ohne einen geistigen Halt konnten auch sie
nicht existieren. Fortan lebten diese Gemeinschaften im Kriegszustand
mit der Natur und mit den Nachbarvölkern. Und diese Lebensweise schien
so erfolgreich, daß sie sich nach und nach immer weiter ausbreitete.
Selbst als der ursprüngliche Anlass keine Rolle mehr spielte, war sie
nicht mehr aufzuhalten. Benachbarte Stämme und Kulturen wurden entweder
vernichtet oder unterjocht oder sie mußten sich zur Abwehr der Angriffe
selbst eine Kriegsordnung geben und verwandelten sich so selbst zu Räubern.
Nur wenige Kulturen waren in der Lage, angesichts dieser erfolgreichen
Kriegs- bzw. Eroberungskultur ihre alte Ordnung zu bewahren. Es gibt sie
aber bis heute. Je weiter sich die patriarchalische Herrschaftskultur
ausbreitete, desto mehr wurde das alte Wissen über das natürliche
Gleichgewicht verdrängt und die Folgen des menschlichen Räuberdaseins
bestärkten die Menschen noch in ihrem Irrtum: Während ursprünglich in
der Regel alles ausreichend vorhanden war und nur in Ausnahmesituationen
Knappheit und Not auftrat, schien jetzt prinzipiell alles knapp zu sein
und je mehr man sich um die Sicherung der Ressourcen bemühte, desto
schwieriger wurde das und um so größer schien der Mangel zu werden.
Seitdem verhalten sich die Menschen der Natur gegenüber, wie ein
Gärtner, der nicht warten kann, bis seine Blumen von selbst aufblühen
und deshalb die Knospen mit Werkzeugen öffnen will; was er erreicht,
sind nicht frühere Blüten, sondern bestenfalls kompostierbarer Biomüll.
Obwohl die Menschheit seither ständig neue Fähigkeiten und Möglichkeiten
der Naturausbeutung entwickelte – oder gerade deswegen – ist seit
einigen Jahrtausenden dieser Mangel zum ständigen Begleiter der
menschlichen Gesellschaften geworden. Aus diesem andauernden Kampf ums
Dasein und der daraus entstehenden Knappheit der Ressourcen ist der
Gedanke erwachsen, daß menschliche Gesellschaften nur mit einer
hierarchischen Gliederung überleben können. Aus dem permanenten
Kriegszustand entstand so das patriarchalische System der Herrschaft und
die Herrschaftsideologie, die heute die meisten Menschen als Normalität
empfinden, weil sie alles andere vergessen oder verdrängt haben.
Seitdem ist die Geschichte der menschlichen Entwicklung eine Geschichte
von Kriegen, Eroberungen, Zerstörung, Unterdrückung und Versklavung. Ein
großer Teil aller menschlichen Kräfte und Fähigkeiten wird damit in
destruktiven Tätigkeiten verbraucht. Kräfte und Fähigkeiten, mit denen
wir, würden wir sie konstruktiv einsetzen, uns ein wirklich
paradiesisches Leben ermöglichen würden. Da die Tendenzen zur
Zentralisation und zur Expansion in der Logik von Herrschaftssystemen
liegen, scheint die Entwicklung alternativlos, so daß selbst die
Erkenntnis der Unmöglichkeit grenzenlosen Wachstums in unserer endlichen
Welt nicht dazu führt, diesen Prozeß zu stoppen. Die Megamaschine der
Herrschaft rast mit zunehmendem Tempo in ihren Untergang. Die
menschliche Kultur ist zum Krebsgeschwür des irdischen Lebens geworden.
In der Logik des Systems liegt aber auch seine Instabilität; alle
großen, erfolgreichen Herrschaftsgesellschaften sind an ihrer eigenen
inneren Unmöglichkeit zugrundegegangen.
Die Zukunft der Menschheit wäre hoffnungslos, wenn die
Herrschaftsideologie in der Lage wäre, die Menschen vollkommen
umzuprogrammieren. Aber das ist zumindest in siebentausend Jahren nicht
gelungen und stünde höchstwahrscheinlich im Widerspruch zu grundlegenden
Gesetzmäßigkeiten der materiellen Evolution der Welt; erst recht gilt
das aus spiritueller Sicht.
In den Menschen ist das Bedürfnis (die Sehnsucht) nach Freiheit und
Selbstbestimmung im Innersten verankert und dieses Bedürfnis bringt
immer wieder Befreiungsbewegungen in Gang, solange bis die
Herrschaftssysteme vollständig beseitigt sind. Würde dieses Bedürfnis
unter dem Druck der Herrschaft absterben, würden wohl die Menschen ihre
Motivation zum Leben ganz und gar verlieren, wir würden aussterben.
Unsere Zukunft entscheidet sich also daran, ob wir diesen Jahrtausende
alten Irrtum endlich erkennen und uns nicht mehr von den scheinbaren
Erfolgen unseres Räuber- und Ausbeuterdaseins täuschen lassen. Daß wir
erkennen, daß mit jedem Erfolg in dieser Richtung die Schwierigkeiten
unseres Daseins größer werden bis wir schließlich daran zerbrechen oder
die ganze Welt verderben.
Ein weiser Mensch hat es etwa so formuliert: Die Welt ist reich genug,
die echten Bedürfnisse Aller zu befriedigen, sie ist aber zu klein für
die Gier weniger.
Mit der Umkehr aus dieser Sackgasse unserer Entwicklung können wir die
ganze Last abwerfen, welche dieser allgemeine innere und äußere
Kriegszustand ist. Obwohl das nur gelingt, indem wir auf die
Ausplünderung der Natur verzichten, bedeutet das nicht, daß wir alle
Errungenschaften dieser schlimmen Episode unserer Entwicklungsgeschichte
verlieren. Im Gegenteil müssen wir die Erfahrungen bewahren, die wir
damit gemacht haben. Dazu gehören auch alle technologischen
Entwicklungen; vor allem aber die Erkenntnis, daß wir nur mit der Natur,
nicht gegen sie, ein gutes Leben führen können.
Um zu verdeutlichen, was wir mit der ursprünglichen falschen
Entscheidung gewonnen und verloren haben und was wir mit der Umkehr
verlieren und was wir gewinnen, zähle ich einige Alternativen auf.
In der patriarchalischen Herrschaftsgesellschaft:
Leben von und mit der Natur verkommt zu Raubbau, Plünderung und Zerstörung.
Wirtschaft im Sinne der Schaffung der materiellen Voraussetzungen zum
Leben verkommt zu Kapitalismus; das ist die Unterwerfung unter das
abstrakte Gesetz der Wertakkumulation.
Politik im Sinne von gesellschaftlichem Interessenausgleich verkommt zu
Verschwörung und organisiertem Verbrechen
öffentliche Kommunikation verkommt zu Manipulation
Internationale Beziehungen verkommen zu Kolonialismus.
Bildung im Sinne der Förderung und Entfaltung aller Fähigkeiten
menschlicher Individuen verkommt zu Ausbildung im Sinne von Abrichtung
der Menschen zu Sklaven „ökonomischer Notwendigkeiten“ und der
Herrschaftsinteressen weniger.
Wettbewerb und Kooperation im Sinne von gegenseitiger Förderung verkommt
zu Konkurrenz im Sinne von gegenseitiger Unterwerfung oder Vernichtung.
Solidarität verkommt zu Gerechtigkeit im Sinne von „Auge um Auge, Zahn
um Zahn“
Das Streben nach Glück verkommt zum Streben nach Erfolg.
Spiritualität, Religiosität verkommt zu Herrschaftsreligion und
Religionsherrschaft (Ideologieherrschaft)
Für alle, die sich mit den Gedanken dieser Geschichte intensiver
beschäftigen möchten, habe ich einige Empfehlungen.
James DeMeo hat die „Saharasia“-These aufgestellt, welche eine Erklärung
für den beginnenden Zerfall der matriarchalen Ordnung und die
Patriarchatsentstehung aus globalen Klimatischen Prozessen gibt.
Marija Gimbutas hat in jahrzehntelanger archäologischer Forschungsarbeit
die Alteuropäischen matriarchalen Gesellschaften entdeckt und beschrieben.
Schließlich hat Heide Göttner-Abendroth in zahlreichen Publikationen
Licht in das Thema Matriarchatsgeschichte und Matriarchatsforschung
gebracht.
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