[Debatte-Grundeinkommen] Kapitaleinkünfte und Gewinne bei Konsumsteuer- Beitrag zur Debatte "Götz Werners Unternimm die Zukunft als Agentur der Steuerfreiheit fürs Kapital ..."

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Do Nov 6 23:48:25 CET 2014


Liebe Debattierende,

genau wir einige von euch war ich zu Beginn meiner Recherche zum
Grundeinkommen aufgrund der dm-Unternehmer- und Millionärseigenschaft Götz
Werners voreingenommen. Als ich den Film "Grundeinkommen - ein Kulturimpuls"
von Häni und Schmidt ansah, war mir, als das Stichwort "Konsumsteuer" fiel,
sofort bewußt, daß diese Besteuerungsart geeignet ist, ein Grundeinkommen
bedingungslos auszuzahlen, ohne daß es auf die Höhe des individuellen
Einkommens ankommt. "Können dann wirklich alle Unternehmenssteuern wegfallen
und gelingt unter diesen Umständen ein allseits gerechtes Steuersystem?" war
die Frage, dies sich mir aufdrängte. 

In meiner Arbeit zum Zukunftsdialog 2012
http://konsumsteuersystem.de/Das_gemeinschaftliche_Steuersystem-Stand_Juli_2
012.pdf habe ich untersucht, wie ein gemeinschaftliches Konsumsteuersystem
konzipiert sein muß, um niemanden zu benachteiligen oder zu bevorzugen und
Angliederung an die EU zu finden -also sofort anwendbar zu sein. Folgende
Aussagen können getroffen werden:

- Die allgemeine Erwerbsbelastung beträgt bei allen Einkunftsarten 50%.
- Der Ortsteil der Gewerbesteuer (über Hebesatz 200), die Umlagen U1, U2 und
Insolvenzgeld sowie der gefahrentarifabhängige Teil der Beiträge zur
Berufsgenossenschaft beim Arbeitgeberaufwand gehören nicht zur allgemeinen
Erwerbsbelastung von 50%. 
- Die allgemeine Erwerbsbelastung kann unter Beachtung der geltenden
EU-Gesetzgebung in eine allgemeine Konsumsteuer umgewandelt werden. 
- Unter diesen Voraussetzungen kann ein Grundeinkommen in Höhe der heutigen
Hartz IV Regelsätze einschließlich Wohnkosten bedingungslos ausgezahlt
werden. 
- Das Kaufpreisniveau bleibt gleich.
- Das Nettoeinkommen (einschließlich bedingungsloses Grundeinkommen) bleibt
gleich.
- Auch Kapitalerträge und Gewinne müssen nicht mehr besteuert werden. 
- Unternehmer und Kapitaleigner werden dadurch steuerlich nicht bevorzugt.

Auch ich hatte zunächst angenommen, daß die Höhe der Gewinne unter
Konsumbesteuerung auf dem Niveau des heutigen Systems bleiben werden, was
eine zusätzliche Besteuerung dieser Einkunftsarten erforderlich gemacht
hätte. Dabei hatte ich außer Acht gelassen, daß in den heutigen Gewinnen die
Einkommensteuer und auch die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge bzw.
private Kranken- und Altersvorsorgebeiträge enthalten sind. Unter
Konsumbesteuerung fallen nicht nur diese weg, sondern es verringern sich
auch die Gewinne um diese Beträge. Dies liegt daran, daß sich mit dem
Nettoproduktpreis auch die Marge verringert, an der verdient wird. Auch
Dienstleister werden ihre Honorare um die darin bisher enthaltene
Erwerbsbelastung, die sie heute, aber nicht mehr unter Konsumbesteuerung vom
Gewinn bezahlen müssen, verringern, um (inter)national konkurrenzfähig zu
bleiben. 
Bei ausgeschütteten Gewinnanteilen der Kapitalgesellschaften und Zinsen wird
der Kapitalertrag auf den heutigen Auszahlungsbetrag, also abzüglich
heutiger Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer), sinken, denn zusammen mit
der Gewinnbesteuerung der Körperschaft (Körperschaftsteuer, allgemeiner Teil
der Gewerbesteuer) beträgt die Gesamtbelastung heute 50%. Die
Erwerbsbesteuerung bei Kapitaleinkünften ist mit der Abgeltungsteuer also
tatsächlich abgegolten. 
Im gemeinschaftlichen Konsumsteuersystem
http://www.konsumsteuersystem.de/kurz_und_knapp/index.php wird die
allgemeine Erwerbsbelastung (ESt, Solz, Sozialversicherungsbeiträge bei
Personen und der allgemeine Teil der GewSt bei Unternehmern sowie KSt,
KapESt (Abgeltungsteuer), Solz und der allgemeine der GewSt bei
Kapitalgesellschaften) durch die Sozialkonsumsteuer ersetzt, welche
letztlich die endverbrauchenden Konsumenten bezahlen - genauso wie heute
sämtliche Konsumpreise alle Einkommen einschließlich Steuern und
Sozialabgaben finanzieren. Im Konsumsteuersystem führt der Unternehmer oder
die Kapitalgesellschaft die Sozialkonsumsteuer an das Finanzamt. In diesem
Moment hat der Staat die bisherige (anteilige) Erwerbsbelastung im
Endproduktpreis bereits eingenommen. Dadurch, daß der heutige Nettopreis um
die bisherige im Preis enthaltene anteilige Erwerbsbelastung sinkt und dann
mit Sozialkonsumsteuer belegt wird, sinkt zum einen der Nettoaufwand eines
Unternehmens, zum anderen aber auch der eigene Gewinn. Um eine gleichmäßige
Besteuerung herzustellen, also niemanden zu bevorzugen oder zu
benachteiligen, ist es dann nicht mehr nötig, neben der Konsumsteuer noch
Abgeltungsteuer zu erheben. Sie kann wie jede andere allgemeine
Erwerbsbelastung unabhängig von der Einkunftsart wegfallen.     

Mein anfängliches Mißtrauen hat sich also weitestgehend in Luft aufgelöst.
Dennoch habe ich Kritik an dem Modell von Dr. Hardorp, welches Götz Werner
in der Öffentlichkeit vertreten hat. Diese betrifft den Export. Dr. Hardorp
vertrat unter den Anthroposophen, daß das Produkt auch bei Konsumbesteuerung
netto in das Ausland geliefert werden soll. Dies bedeutet, daß die heutige
Einkommensteuer und Sozialversicherungsabgaben, die in im heutigen Netto
enthalten sind, ebenfalls über die Grenze gehen und im endverbrauchenden
Staat eingenommen werden. Hiervon verspricht er sich eine rasche globale
Verteilung der Einkünfte. 

Abgesehen davon, daß ein solches Steuersystem globale Veränderungen
erfordern würde, wird durch das Modell Dr. Hardorps aus meiner Sicht jedoch
die Ausbeute von Niedriglohnländern weiter forciert (siehe meinen Beitrag
zur Exportsubvention in
http://www.buergermeinungen.de/forum/dilthey-modell-zum-bge/12601-degressive
-wirkung-der-mwst?start=30#13046 ).
Wenn wir heute Konsumsteuer einführen möchten, muß die Sozialkonsumsteuer
wie der Anteil an Erwerbsbesteuerung und Sozialversicherungsabgaben im
heutigen Produktpreis im Inland bleiben.
Idealerweise würde die gesamte EU auf das Bestimmungslandprinzip bei der
Exportbesteuerung umsteigen, um den Wert der jeweilig anteiligen
inländischen Produktion im Inland zu belassen, statt wie heute den
verbrauchenden Staat an der Produktion im Ausland zu bereichern. 

Insgesamt kann ich vor allem Dr. Hardorp, insbesondere auch André Presse,
mit denen ich jeweils persönlich über diese Thematik debattiert habe, aber
auch Götz Werner keine böse Absicht unterstellen. 

Gemeinschaftliche Grüße 
Verena Nedden
______________________________________
Stell dir vor, es ist Einkommen, und alle haben es!
www.konsumsteuersystem.de 




-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Debatte-Grundeinkommen
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] Im Auftrag
von Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen
Gesendet: Mittwoch, 29. Oktober 2014 15:17
An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Götz Werners Unternimm die Zukunft als
Agentur der Steuerfreiheit fürs Kapital?; älteres Mail-Relikt zum
Arbeitsfetischismus von Paulus

Hallo Dietmar,

über die Richtigkeit meiner Meinung können wir beide jetzt nicht
abschliessend entscheiden. Das wird die Zukunft zeigen.

Aber es bleibt meine Meinung und deshalb ist diese weder falsch noch
überflüssig.
Es lebe die Meinungsfreiheit!

Gruß Sven.

> Hallo Sven,
> 
> Götz Werner ist zwar Unternehmer und hatte die DM-Kette gegründet und
aufgebaut.
> Er ist auch bekennender Anthroposoph.
> Von daher ist diese Bemerkung falsch und überflüssig. 
> 
> Mit freundlichen Grüßen
> Dietmar Fröhlich
> 
> 
> _
> 
> Dietmar Fröhlich,  39112 Magdeburg
> 
> 
> 
> 
> 
> 
> 
> 
> Am 29.10.2014 um 11:09 schrieb Debattenliste des Netzwerks Grundeinkommen:
> 
>> Hallo Bert,
>> 
>> ich denke in Bezug auf Götz Werner’s Motive genauso wie du.
>> Aus meiner Sicht hat er die Rolle des kapitalistischen Maulwurfs inne, um
die gute Idee des BGE mit genügend Geld in das Gegenteil zu verwandeln.
>> 
>> Gruß Sven.
>> 
>>> Hallo Arfst, hallo liebe Mitlesende,
>>> 
>>> [Editorische Notiz: Reimund hat mir ein Rudiment dieser Mail als 
>>> unveröffentlichbar zurückgesendet, weil in meiner ursprünglichen Mail
ein kleiner Absatz zu einer Debatte enthalten war, die sich als
Abspaltungsprodukt dieses Verteilers als bloßes Bruchstück der
Öffentlichkeit des Gesamtverteilers ergeben hat. Diese behandelt thematisch
das Für und Wider von Zensur im Verteiler hinsichtlich der Anwendung des
Parasiten-Begriffs auf Menschen. Ich habe die von Reimund rückgeschickte
Mail daher nochmal gelesen, Ergänzungsbedürfnisse verspürt und sie daher
erweitert. Abgesehen von der Kürzung um den Abspaltungs-Absatz zum
Parasiten-Begriff und kleineren Eingriffen in den verbliebenen Text der
ursprünglichen Mail, markiere ich mal die nachträglichen inhaltlichen
Hinzufügungen mit geschwungener Klammer auf { und zu}. Dies hat eigentlich
nur die Motivation, dass ich einerseits in diesem Kalenderjahr über
editorische Fragen dann und wann etwas intensiver meditiere und andererseits
an so etwas wie den Zeitkern von Wahrheit im panta rhei glaube.] ich hatte
nie persönlichen Kontakt zu Götz Werner oder irgendeiner Person, die vage
mit der Initiative Unternimm die Zukunft verbunden ist (zumindest nicht,
soweit ich weiß). Ich habe mich auch nicht mit allen Papers befasst, die von
diesen Menschen veröffentlicht worden sind. Ich schließe also aufgrund der
beschränkten Infos, die ich habe.
>>> 
>>> Du, lieber Arfst, schriebst:
>>> 
>>> "Aber meine Frage, weshalb ich mich hier einmische ist nochmal: What
Götz Werner gesagt oder geschrieben, er sei für Steuerfreiheit für alle
Kapitalanlagen?
>>> Er hat als IDEE vorgeschlagen, überhaupt nur noch eine einzige Steuer,
nämlich die Konsumsteuer einzuführen. Daraus könnte man das natürlich
konstruieren. Das wäre allerdings eine ziemlich platte Vereinfachung. Denn
eine Konsumsteuer würde natürlich auch bei Erwerb von Kapital anfallen, was
weit über die jetzige popelige Finanztransaktionssteuer hinausgehen würde."
>>> 1. Götz Werner und die Initiative Unternimm die Zukunft betonen m. W.,
dass sie eine Idee vorschlagen, kein fertiges Konzept für die Schubladen
politischer Parteien formulieren, kein vollständig ausfbuchstabiertes
Modell. Daher ist es in gewisser Weise immer spekulativ, etwas Bestimmtes in
dieses Modell hineinzuinterpretieren, wenn es nicht klar irgendwo formuliert
worden ist. Und selbst dann würde ich jeder/m stets zugestehen, die Meinung
auch nochmal wieder ändern zu dürfen. Von daher steht für mich nichts
gänzlich klar fest. Daraus ziehe ich für mich persönlich übrigens Hoffnung.
Ich formuliere nur das, was mir am plausibelsten erscheint.
>>> 2. In meinem ersten Beitrag in diesem Verteiler (vgl.
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-August/00393
2.html ) hatte ich im zweiten Punkt einen Aspekt aus André Presses
Dissertation diskutiert. Diese Dissertation ist m. W. mehr oder weniger der
ausführlichste und inhaltlich engagierteste Text auf der Website der
Initiative Unternimm die Zukunft, nimmt also einen besonderen Rang ein.
Durch meine Formulierung "Ich unterstelle mal keine ideologische Absicht,
sondern eher Betriebsblindheit bei André Presse an dieser Stelle.", hatte
ich zum Ausdruck gebracht, dass ich es bereits da für mindestens möglich
gehalten habe, ideologische Absicht zu unterstellen. Das inhaltliche Problem
ist einfach Folgendes: Wenn Einkünfte, die nicht in Konsum fließen, sondern
in Investitionen (sprich: Wertverwertung), völlig unbesteuert bleiben, wird
die Finanzierung des Staats (sprich gutmenschelnd: des Gemeinwesens)
drastisch zuungunsten der mittleren und unteren Einkommensschichten
verschoben. Nötig ist aber genau die umgekehrte Richtung. Und mit nötig
meine ich: armuts-, kriegs-, krisen-, menschenvernichtungs-abwendend und
demokratie-erhaltend. Mit Leuten zu diskutieren, die diesen Begriff von
nötig nicht teilen, finde ich mindestens schwierig.
>>> Man könnte sich zwar Mühe geben, auch in eine Konsumsteuer à la Werners
Initiative eine Kapitalsteuer hineinzuinterpretieren. Aber dafür muss man
sich echt sehr kreative interpretative Mühe geben, die ich bei Herrn Werner
und seiner Initiative so erstmal gar nicht sehen kann: a) Jegliche
Abschreibemöglichkeiten müssten verboten werden, b) ebenso der
Vorsteuerabzug, c) irgendwie müsste man die Rendite gegen Null tendieren
lassen und bloß noch einen halbwegs angemessenen Unternehmerlohn gelten
lassen. {Auch wenn (a) und (b) durch eine Konsumsteuer ziemlich
vollautomatisch erfüllt wären, ist an (c) mit dem bGE-Modell à la Initiative
Unternimm die Zukunft gar nicht gedacht, also selbst im Vergleich zu heute
noch weniger, weil es dann nämlich nicht mal mehr ein steuerpolitisches
Instrumentarium in diese Richtung gäbe, das es heute durchaus gibt. Alle
nicht perfekt freien Märkte (also bekanntlicher Weise: einfach alle Märkte)
würden das Ungleichgewicht noch weiter Richtung Verkäufermärkte in Sachen
Waren und Dienstleistungen bzw. noch weiter Richtung Käufermärkte in Sachen
Ware Arbeitskraft verschieben. Das erscheint mir nur logisch unter den
Prämissen, mit denen Herr Presse arbeitet.
>>> 
>>> Unmittelbar stört in Herrn Presses Dissertation erstmal die
wissenschaftliche Unwahrheit, dass Einkommen = Ausgaben für Konsum seien, wo
er eine Steuerprogression aus Konsumsteuer plus bGE fälschlich abzuleiten
gedenkt. Wäre ich sein Doktorvater gewesen, hätte ich seine Arbeit wegen
dieser Unwahrheit nicht als Dissertation durchgehen lassen.
>>> Politisch scheint das aber gegenüber heute unerheblich zu sein. Ich 
>>> hab's nicht eigenständig denkerisch überprüft und noch so meine leichten
Zweifel, aber grundsätzlich scheint mir Verena Neddens Herleitung plausibel,
dass es auch heute eher Steuerdegression als -progression gibt. Von daher
ist der ganze argumentative Aufwand bei Herrn Presse auch im Vergleich zu
heute eigentlich völlig für die Katz. Wichtiger aber: Er ist falsch.
Einkommen können auch für Investitionen verwendet werden und fallen dann
einfach überhaupt nicht unter irgendeine Steuer in seiner für die Zukunft
ausklamüsierten Vorstellung. Steuerfreiheit für unternehmerische Initiative?
Hm, bei absolut gleichen Vermögensverhältnissen der Gesellschaftsmitglieder
fände ich das vielleicht mal eine fünfjährige Experimentalphase lang zu
sozialwissenschaftlichen Forschungszwecken in Ordnung. Angesichts der extrem
ungleichen Vermögensverteilung in den realen Gesellschaften heute wäre das
ein so radikales neoliberales Projekt, dass ich mich nicht entsinnen kann,
mal von einem radikaleren gehört zu haben.} 3. Ich hatte mir zwar eigentlich
vorgenommen, Herrn Hardorps Beiträge zur Konsumsteuer zur Kenntnis zu
nehmen, bin davon aber irgendwie abgekommen und auch nicht im Ernst
interessiert. Ich habe den Eindruck, dass das bGE aus Herrn Werners Sicht
eigentlich nur ein Korrektiv darstellt. Primärzweck scheint eher Hardorps
Umstellung auf Konsumsteuer zu sein, die fürs Kapital echt lecker und sexy
wäre. Korrektiv wäre dann das bGE, um's dem Pöbel irgendwie schmackhaft zu
machen, Bürokratiekosten des Staats einzusparen und vielleicht auch das
eigene soziale Gewissen zu beruhigen. Das scheint mir im Angesicht meines
zugegebenermaßen nur eingeschränkten Sichtfelds auf diesen Teil der Debatte
zumindest des Pudels ökonomischer Kern zu sein. Inwiefern da gutmenschelnde
anthroposophische Überbau-Ideen bei Herrn Werner und seiner Initiative eine
wirklich echte Rolle in ihren Herzen spielen mögen, kann ich nicht
beurteilen. Die argumentative Kraft der gutmenschelnden Reflexionen zum
Miteinander füreinander bei Herrn Werner und seiner Initiative finde ich wie
gesagt mit das Beste, was die Debatte hergibt. Nur ist das halt alles
komplett pillepalle, wenn's politökonomisch in Richtung
hardcore-kapitalistischer Volksgemeinschaft geht. Und so sieht's halt für
mich derzeit aus.
>>> 4. Unstrittig schien hier in der Debatte für einige Aktive im Verteiler
zu sein, dass Werners Vorstellungen exportimperialistisch sind. Ich erinnere
mich gerade nicht mehr daran, wie sich das genau für mich klargestellt hat.
Gibt da so einige Indizien für. Vermutlich einfach dadurch, dass Exportgüter
komplett steuerfrei wären. Konsumsteuer fällt halt innerhalb der Grenzen an,
nicht außerhalb. Steuerfreier Export? Dafür mag doch jede
Kapitalisten-Charaktermaske noch das eine oder andere Himmelreich derer
geben, die ihr per Arbeitsvertrag die eigene Lebenszeit verticken. Der
Exportweltmeister würde in seinem Hase-Igel-Lauf als ewiger Hase noch ein
paar Nasenlängen weiter nach vorne rennen - auf Kosten von Mittel- und
Unterschichten bzw. sozialstaatlichem Halt in Krisen- und Risikolebenslagen
bzw. auf Kosten ausländischer Menschen, denn: auf wessen Kosten sonst? Finde
ich scheiße. Wäre ich in Willis Position und deutscher Rentner in
Lateinamerika, könnte ich dem Exportimperialismus Deutschlands vielleicht
zumindest einen persönlichen Vorteil abgewinnen: Wechselkursvorteile. So
aber finde ich das einfach nur widerwärtig und brutal, obszön und
menschenschindend. Die Rolle Deutschlands für die Krisen in Südeuropa ist ja
aber auch durch die Ideologiemaschinerie verschleiert. Mag also sein, dass
du mich da nicht verstehst. Dann versuch's bitte zu recherchieren. Innerhalb
des kapital-nationalistischen Unfugs würde ich politisch allemal fordern
wollen: Ausgeglichene Handelsbilanzen mindestens mittelfristig, ansonsten
Exportstopp (bzw. bspw. aus US-Sicht: Importstopp) oder alternativ:
Wirtschaftshilfe aus rein humanistischen Gründen bzw. deren Annahme.
>>> 
>>> 5. Ein Milliardär tingelt jahrelang durch Talkshows für ein politisches
Projekt, zieht eine Initiative auf, die offenbar Personal beschäfftigt und
Kohle für Dissertationen raushaut. Er hat Sendungsbewusstsein, will wirken
und Leute überzeugen. Und diese Initiative ist nicht in der Lage, mir auf
meine einigermaßen engagierte Mail innerhalb von gut zwei Monaten wenigstens
eine Höflichkeitsantwort zu schicken? Das halte ich nicht für
wahrscheinlich. Für wahrscheinlicher halte ich die Einschätzung bei denen,
dass ich das angesprochen habe, was die als ihre Achillesferse zu Recht
betrachten können. Wozu jemandem antworten, der klar hat, was die
ideologisch verschleiern wollen? Was kann man als Ideologe gewinnen, wenn
man die eigenen ideologischen Lügen zu debattieren anfängt? Nichts.
Verlieren aber eine Menge. Also lässt man's lieber, spart sich den Aufwand
und nutzt stattdessen Kanäle, die dem eigenen Interesse gerechter zu werden
scheinen.
>>> Klar, das ist nur eine Interpretation von mir, aber zumindest eine, die
mir sehr plausibel erscheint.
>>> 6. Eckhard hat klar gesagt, dass Herr Werner giftig wurde, als das
Problem offenbar in einer öffentlichen Diskussion live und mit echten
Personen angesprochen wurde. Aus den obigen Gründen 2 bis 5 folgt für mich
unmittelbar, dass ich Eckhards Aussage sehr glaubwürdig finde. Macht alles
einfach Sinn, passt zusammen, ist stimmig.
>>> Nun mal umgekehrt: Was lässt dich, lieber Arfst, glauben, dass Herr
Werner und seine Initiative innerhalb der bGE-Idee 1a) eine Umverteilung von
oben nach unten organisieren möchte, 1b) womöglich gar ein liebevolles
Miteinander füreinander mit gleichen Einfluss- und Schutzmöglichkeiten für
jedes Individuum anstrebt, 2a) ein faireres Verhältnis der reicheren zu den
ärmeren Gesellschaften erreichen möchte, 2b) womöglich gar kosmopolitisch
tätige Nächstenliebe jedes Menschen für jeden anderen Menschen als
handlungsleitende Utopie in den Herzen trägt? Überzeuge mich doch bitte.
Vielleicht am besten mit einer klaren, als Quelle nachweisbaren Aussage von
Herrn Werner à la "Nein, wir wollen Wohlfahrtswirtschaften und sehen daher
überhaupt kein Problem in einer Steuer auf Investitionen. Das ist ja völlig
selbstverständlich. Schließlich müssen wir den Reichtum so umverteilen, dass
wir uns wirklich im Miteinander füreinander glaubwürdig beieinander fühlen
können. Ich weiß wirklich nicht, wie irgendjemand glauben konnte, dass ich
eine Konsumsteuer ohne Steuer auf Investitionen und Exporte überhaupt nur
für denkbar gefunden hätte. Diese Vorstellung ekelt mich ganz ehrlich
einfach nur an."
>>> Fände ich schön. Ich würde weit lieber glauben, dass die Anthroposophen
und insbesondere Götz Werner und die Leute in seinem Umkreis wirklich Gutes
im Schilde führen, als das zu glauben, was ich gerade glaube. Nämlich, dass
die ein mir unverständliches Dämonen-Spiel spielen wollen, bei dem ich nicht
erkennen kann, was dabei für irgendwen wirklich gewonnen werden könnte.
Außer halt Kohle und Macht bei denen, die schon jetzt davon mehr haben als
irgendjemandem guttun würde, jene Leute eingeschlossen.
>>> Ich bin übrigens ein paar Wochen in ländlichen und 
>>> leiblich-tätigeren Emanationen unterwegs. Hab zwar Internet, aber 
>>> hier noch weniger Lust, Mails zu verfassen. Wollte mich ja eh 
>>> rausziehen. Aber diese Mail musste wohl an Klarstellung sein, 
>>> nachdem ich immerhin mal eben nebenbei den Godfather des deutschen 
>>> bGE vatermordernd meuchelte. Ach, ey, igittigitt, wie mich dieser 
>>> ganze Junk anekelt. Bitte mal ein bisschen nicht so gänzlich völlig 
>>> falsches Leben im ganzen Unwahren hier und dort, bitte. Wenigstens 
>>> ein Schlückchen davon, wenigstens a bissl, please, please, please. 
>>> Z. B. vielleicht von der Buddhisten-Fraktion eine große Portion Kurt 
>>> Cobain-Mucke mit Lyric&Translations-Handbuch für den Herrn Werner. 
>>> So drei bis 72 Stunden am Stück bei mindestens 133 Dezibel im 
>>> familieneigenen Hobbykeller? Liest vielleicht eines seiner enterbten 
>>> Kinder mit und kann meinen kleinen Horror-Traum wahrmachen? Na, nee, 
>>> lass mal lieber, falls. Als wenn je aus Gewalt irgendetwas wirklich 
>>> Gutes erwachsen wäre. Die Vorstellung reicht mir schon völlig. ;o)
>>> 
>>> {Dabei fällt mir ein: Ich habe in meinem Entwürfe-Ordner etwa ein halbes
Dutzend angefangener Mail-Schnipsel für diesen Verteiler, die ich irgendwie
verworfen und nicht weiter bearbeitet hatte. Aus einem dieser Schnipsel, der
in meinem Entwürfe-Ordner vom 15.09. datiert, ist ein kleiner Schnipsel der
folgende. Der sich ins Nirvana fokussierende Gedanke möchte mindestens in
mir wohl vertieft werden, weil die Keller-Idee oben offenbar nur eine
Variation von ihm darstellt. Und über das "Buddha bei die Fische" hatte ich
mich damals schon ein paar Tage lang noch hin und wieder wirklich beömmelt.
Scheint mir ein ziemlich gelungenes Mathematiker-Witzchen zu sein. :o)
Google-Recherche ergibt allerdings, dass ich nun wirklich nicht der erste
bin, der auf dieses Wortspielchen verfallen ist. Also, Zitat aus
Entwurfs-Mail vom 15.09.:
>>> 
>>> "Mal in dem nicht-essen-Zusammenhang eine Frage an die Buddhisten hier
im Verteiler: Mir reicht ja schon Curt Kobains Lebenswerk und meine
Sehnsucht nach Ich-Auflösung und All-Einem, um das Nirvana als d'accord
durchzuwinken. Wozu sich noch inhaltlich damit befassen? Ist ja eh schon
wieder und wieder und wieder und ... verweht. Aber die Neugier packt mich
dann ja doch, weil kein Buddha einsam bis in alle Ewigkeit ausharrend im
Nirvana auf den Rest des All-Einen warten mag, sondern immer mal wieder
Buddha bei die Fische geben möchte: Meint ihr angesichts der Wohlbeleibtheit
der klassischen Budda-Statuen, dass die Hungerstreiktaktiken Mahatma Gandhis
dann doch noch zu verhaftet in realgeschichtlichen Freiheitskämpfen
geblieben sind, um ihm den Überfluss des Verwehens im scheinbar Unverwehten
ausreichend schmackhaft zu machen? Könnte als Witz verstanden werden. Ist
aber eine ernste Frage in aller Heiterkeit."
>>> 
>>> Ok, der "nicht-essen-Zusammenhang" im ersten Satz des Zitats ist
kontextfrei, daher unten einfach nochmal die gesamte Mail aus meinem
Entwürfe-Ordner bis zur eben zitierten Stelle. Ich erkenne Prekarien,
Prekarisierungen, Prekarisierende und Prekatisierte, halt das ganze Spektrum
des Prekären nicht nur als Realität, insbesondere in Darwins survival of the
fittest und Marx' ewiger Naturnotwendikgeit, als Wirklichkeit, etwa in
gewichtigen Dynamiken auf dem Arbeitsmarkt, als Möglichkeit, etwa in den
Herausforderungen an eine dereinst vielleicht befreite Menschheit, einen in
potentiellen Vorstellungs-Energien irgendwann freien Verein von Menschen,
sondern auch als Aufgabe an: Mein Mut zur Brüchigkeit erscheint mir
kleinmütig, nämlich als Gewissheit von etwas Nichtidentischem in meinem
Seelen- oder meinetwegen auch behavioristisch konditioniertem Triebhaushalt,
das sich als reiner logischer Repräsentant anfühlt wie Sokrates' je sais que
je ne sais rien, wie Adornos Begriff vom Leiden als eines Flows, der sein
Verwehen schillernd schön und erfüllend finden wird wie ein potenziertes
Nachlassen des Schmerzes beim Aua in der Daumen-Hammer-Newbie-Konstellation
oder als so etwas mir höchst Vages, wie sich mit meinen tippenden Fingern in
spirituellen Mustern ausdrücken möchte durch: "Verbindung mit höheren
Energien", "Kontakt zu dem Meer des whatever: subquantisch aktiven Gestrüpps
heiligen und sich in unheilig-emanierend Teilendem verspiegelnden Geistes",
"in den trocknenden Böden des Weinens ein Wasser des Lebens zum Trinken
angeboten findendes broken aleludja" (vgl. bspw. http://youtu.be/0cg9d1D8afE
, http://youtu.be/LTx8IGPwrIk sowie http://youtu.be/2FpwjQLZTTs ) oder
schlicht Lennard Cohen zum trinitären Zitate-Dropen noch einaml doppelt
zitierend mit "crack in everyting - that's how the light gets in" (vgl.
http://youtu.be/_e39UmEnqY8 ) und "but he does say what I tell him - even
though it isn’t welcome ..." (vgl. http://youtu.be/qKrbOYa2NQA ). Auch
wenn's in Bert so einige Persönlichkeitsfragmentchen gibt, die "he just
doesn't have the freedom to refuse" als Zumutung, zumindest als schmerzlich
vehementes auf-die-Probe-Stellen seiner Geduld und als Qual falscher
Zustände zu empfinden manchmal sich so müde fühlen wie die uralte Morla in
ihren Sümpfen der unendlichen Geschichten.
>>> Soll inhaltlich nur soviel heißen wie: Ich stelle das Mailfragment vom
19.09. ein, ohne mich der Mühe auf Vollendung jenes alten Flows zu
unterwerfen.
>>> 
>>> Anmerken möchte ich aber zumindest, dass ich's damals schade fand, dass
meine Diskussion der arbeitsfetischistischen Bibel-Passage in einer damals
intendierten Anwort an Jochen irgendwie einfach auf Ewigkeit im
Entwürfe-Order verloren gegangen zu sein schien. Ewigkeiten haben aber auch
so ihre Zeitkerne ...
>>> 
>>> Also: Mailtext vom 15.09. komplett bis zur bereits zitierten Passage.
>>> 
>>> "Lieber Jochen, liebe Mitlesende,
>>> 
>>> ich fürchte, dieser Beitrag wird insgesamt ziemlich offtopic. Geht mehr
wieder ins Eingemachte, wo das bGE vielleicht herkommt, aber sicherlich
nicht wohnhaft ist ... Und ist zudem ziemlich assoziativ freizügig,
sozusagen im Treibsand der blassen und blitzenden Gedanken ...
>>> 
>>> Zum Christentum:
>>> Jochen: "Eigentlich ist das ein Wunder."
>>> :o) Das "eigentlich" musst du mir in dem Kontext echt erklären. Für
Gläubige dürfte es eine verkehrte Relativierung sein, für Atheisten wegen
mangelnder Sachhaltigkeit unerheblich. Sinn macht's eigentlich nur aus der
Perspektive der kirchlichen Apparatschiks à la "was haben wir nicht alles
unternommen, um's zu unterbinden, aber, aber ..." und aus der Perspektive
von Konkurrenzreligionen, also von je nach Perspektive bestimmten Heiden.
Adorno könnte es retten: Die Menschen sind noch immer besser als ihre
Kultur. Das lässt sich kaum glauben, und erscheint doch wahr. Ergo: ein
Wunder. Eigentlich.
>>> 
>>> Jochen: "Die Paulus-Aussage von Essen und Arbeiten wird, so glaube ich,
fast immer mißverstanden. Soweit ich weiß, hat Paulus das in dem
Zusammenhang geäußert, daß einige Mitglieder der Gemeinde argumentierten,
daß ohnehin in kürze das jüngste Gericht eintreten werde, weshalb es sich
nicht mehr lohne, zu arbeiten. Darauf hat Paulus geantwortet. "
>>> Lustige Idee: Wozu noch essen, wenn das jüngste Gericht eh nah ist? 
>>> Das würde mir einleuchten und dem ganzen Zusammenhang einen völlig
anderen Sinn geben: Wenn ihr euch eh schon kurz vorm jüngsten Gericht seht
und das Arbeiten einstellt, warum bloß wollt ihr eure Leiblichkeit noch
länger mästen? :o) Das scheint mir aber nicht der Kontext des zweiten
Paulusbriefs an die Thessalonicher zu sein. Da stehen nämlich sonst so Dinge
drin wie:
>>> 
>>> "6Denn es ist gerecht bei Gott, mit Bedrängnis zu vergelten denen, 
>>> die euch bedrängen, 7euch aber, die ihr Bedrängnis leidet, Ruhe zu geben
mit uns, wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her mit den
Engeln seiner Macht 8in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott
nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus.
9Die werden Strafe erleiden, das ewige Verderben, vom Angesicht des Herrn
her und von seiner herrlichen Macht, 10wenn er kommen wird, dass er
verherrlicht werde bei seinen Heiligen und wunderbar erscheine bei allen
Gläubigen an jenem Tage; denn was wir euch bezeugt haben, das habt ihr
geglaubt." (2. Thessalonicher 1) Es gibt glaube ich tatsächlich die eine
oder andere Passage im Neuen Testament, wo Jesu Nächsten- und Feindesliebe
aus seiner eigenen Perspektive relativiert wird mit Aussagen, die darauf
hinauslaufen, dass die Spreu vom Weizen mit Feuerflammenschwert getrennt und
in ewige Verderbnis fallengelassen wird. Ich finde das nicht kohärent. Wenn
er seine Nächsten- und Feindesliebe als zweites Kleid göttlicher Trinität
ernst meint, dann wird schlichtweg niemand und nichts in die Verderbnis
fallen, sondern die Liebe noch das Böse selbst erreten. Das folgt für mich
logisch ohnehin schon aus dem Absolutheitsanspruch des Gottesbegriffs: Wie
soll irgendetwas Absolutes irgendetwas aus sich selbst ausschließen? Das
geht gedanklich nicht. Und für Götter ohne Absolutheitsanspruch interessiert
sich die zur Gattung strebende Menschheit ja nur in den kitzelnden Details,
nicht aber in den Kernkonzepten der Eschatologien. Bleiben daher aus der
Perspektive eines Gläubigen nur solche Interpretationen über wie: Damals war
die Zeit noch nicht reif, um's klarer zu sagen. Oder: Die Bibel wurde ja
über so viele Jahrhunderte von so vielen Leuten so sehr umgeschrieben, dass
man im Zweifelsfall nicht mal den Silben zwischen den Zeilen Glauben
schenken kann. Oder: Das jüngste Gericht ist nicht das jüngste, sondern nur
so ein Etappenziel und danach wird die ganze Chose auf einer anderen Ebene
wieder neu durchagiert, damit die Liebe irgendwann und endlich auch Luzifer
mal wieder so fest in die Arme schließen kann, wie er's vermutlich mehr als
irgendjemand braucht und sie sowieso. So oder so lässt sich festhalten:
Paulus brabbelt hier von Vergeltung, Bedrängnis und Strafe.
>>> 
>>> "3Lasst euch von niemandem verführen, in keinerlei Weise; denn zuvor 
>>> muss der Abfall kommen und der Mensch der Bosheit offenbart werden, der
Sohn des Verderbens. 4Er ist der Widersacher, der sich erhebt über alles,
was Gott oder Gottesdienst heißt, sodass er sich in den Tempel Gottes setzt
und vorgibt, er sei Gott. 5Erinnert ihr euch nicht daran, dass ich euch dies
sagte, als ich noch bei euch war? 6Und ihr wisst, was ihn noch aufhält, bis
er offenbart wird zu seiner Zeit. 7Denn es regt sich schon das Geheimnis der
Bosheit; nur muss der, der es jetzt noch aufhält, weggetan werden, 8und dann
wird der Böse offenbart werden. Ihn wird der Herr Jesus umbringen mit dem
Hauch seines Mundes und wird ihm ein Ende machen durch seine Erscheinung,
wenn er kommt. 9Der Böse aber wird in der Macht des Satans auftreten mit
großer Kraft und lügenhaften Zeichen und Wundern 10und mit jeglicher
Verführung zur Ungerechtigkeit bei denen, die verloren werden, weil sie die
Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, dass sie gerettet würden. 11Darum
sendet ihnen Gott die Macht der Verführung, sodass sie der Lüge glauben,
12damit gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern Lust
hatten an der Ungerechtigkeit." (2. Thessalonicher 2) Geht sogar noch
prägnanter in die Richtung der Trennung von Spreu und Weizen. Ich finde zwar
ein paar kleinere Bemerkungen in dem Text durchaus stimmig, also z. B. die
Problematisierung der Vergottung des Egos, der Bosheit und der
Ungerechtigkeit. Das aber über einen universellen Widersacher zu
konstruieren, den Jesus im Bruderkuss weghaucht, scheint mir in seinem
metaphorischen Gehalt sehr falsch dargestellt. Zur Dialektik von Jesus und
Luzifer werde ich unten ein paar Dinge sagen. Hier halte ich nur fest:
Paulus befindet sich hier voll im finalen Kampf um die Seelen und spricht
daher auch mit alttestamentarisch wütend klingender Stimme.
>>> 
>>> Und dann der unmittelbare Zitat-Zusammenhang:
>>> "Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus 
>>> Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der 
>>> unordentlich lebt und nicht nach der Lehre, die ihr von uns empfangen
habt. 7Denn ihr wisst, wie ihr uns nachfolgen sollt. Denn wir haben nicht
unordentlich bei euch gelebt, 8haben auch nicht umsonst Brot von jemandem
genommen, sondern mit Mühe und Plage haben wir Tag und Nacht gearbeitet, um
keinem von euch zur Last zu fallen. 9Nicht, dass wir dazu nicht das Recht
hätten, sondern wir wollten uns selbst euch zum Vorbild geben, damit ihr uns
nachfolgt. 10Denn schon als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht
arbeiten will, der soll auch nicht essen. 11Denn wir hören, dass einige
unter euch unordentlich leben und nichts arbeiten, sondern unnütze Dinge
treiben. 12Solchen aber gebieten wir und ermahnen sie in dem Herrn Jesus
Christus, dass sie still ihrer Arbeit nachgehen und ihr eigenes Brot essen.
13Ihr aber, liebe Brüder, lasst's euch nicht verdrießen, Gutes zu tun.
14Wenn aber jemand unserm Wort in diesem Brief nicht gehorsam ist, den merkt
euch und habt nichts mit ihm zu schaffen, damit er schamrot werde. 15Doch
haltet ihn nicht für einen Feind, sondern weist ihn zurecht als einen
Bruder." (2. Thessalonicher 3) Der letzte Satz gibt dem ganzen Gehetze gegen
den bösen Widersacher und gegen die der Verführung anheim Gefallenen einen
rettenden Drive: Nehmt's ihnen nicht übel, sind ja doch eure Brüder.
Errettet sie lieber mit eurer Liebe für alle Liebe. Das ist die
Kernambivalenz dieses ganzen Konzepts des christlichen Bösen: Mit Jesu
Nächsten- und Feindesliebe ist dieses Böse eigentlich gar nicht mehr als
Realität. Gleichwohl ist es eine Erfahrungstatsache und bedarf daher der
Erklärung. {Eine meiner Tanten hat im Selbstverlag in den 80ern mal ein
Lyrik-Bändchen mit dem diese Widersprüchlichkeit hübsch auf den Punkt
bringenden Titel "Wie lange wirst du noch am Kreuz hängen und schreien"
publiziert.} Die {Erklärung} funktioniert über Abspaltung: Das Böse wird,
wenn schon nicht heute, dann zumindest dereinst nach dem jüngsten Tag in
ewige Verderbnis fallen und uns ein für alle Mal in Ruhe lassen. Abspaltung
aber ist psychologisch, sozial und erst recht eschatologisch von Übel: Das
in die Abspaltung Verdrängte pflegt irgendwann mit geballter Macht wieder zu
kommen und sich für die Verdrängung zu rächen. Wer will so etwas?
>>> Ansonsten ist der unmittelbare Kontext der
nicht-arbeiten-nicht-essen-Message der universelle Aufruf aller Spießer
gegen den verlotterten Faulpelz im Nachbargarten. Das ist einfach nur
reaktionär und lohnt nicht der interpretativen Mühe. Interessant ist
höchstens, dass Paulus klar festhält, dass er eigentlich das Recht gehabt
hätte, seinen Mitmenschen zur Last zu fallen und ihr Brot aufzuknusern. Hat
er nur nicht getan, weil er mit gutem Beispiel vorangehen wollte. Und
konnte. Das ist ein ganz sympathischer Drive: Das Recht auf Essen ohne
Arbeit wäre eigentlich auf Paulus Seite gewesen. Interpretiert man das nicht
als das übliche Privileg der Kirchenoberen, alles Recht der Welt aus der
Einbildung abzuleiten, dass Gottes Lächeln auf ihnen mehr ruhe als auf
anderen, dann bietet sich folgende Interpretationsvariante an: Aus Nächsten-
und Feindesliebe Jesu folgt unmittelbar, dass alle, also auch die
Nicht-Arbeitenden ein Recht auf Essen haben. Und dennoch favorisiert Paulus
hier ein Erziehungsregime gegen die Faulpelze in der Gemeinde. Ich will
nicht sagen, dass das nicht vielleicht in der konkreten historischen
Situation seinen verständlichen Sinn gehabt haben mag, aber als allgemeine
theologische Aussage taugt die Favorisierung eines Erziehungsregimes
sicherlich nicht. Insbesondere nicht heute, wo die Produktivität mit
Siebenmeilenstiefeln gen Vollautomatisierung wandert."
>>> 
>>> Im Anschluß an dieses Zitat folgt dann in meiner Entwurfs-Mail das oben
zitierte Buddha-bei-die-Fische-Zitat und dann die Reflexionen zu Marx'
Naturgeschichtlichkeitsbegriff im dritten Punkt der bereits am 21.09. über
den Verteiler gejagten Mail mit dem Betreff "nur ein bisschen zu diesem und
jenem" (vgl.
https://listi.jpberlin.de/pipermail/debatte-grundeinkommen/2014-September/00
3985.html ).
>>> 
>>> Aus privaten logistischen Gründen bin ich gerade für etwa 13 Stunden 
>>> allein ohne meine Frau in unserer Bremer Wohnung, bevor ich wieder 
>>> in ländlichere Regionen zu ihr reise. Da ich sie vermisse und 
>>> gleichzeitig sturmfreien Triebhaushalt habe, schien mir die 
>>> Auseinandersetzung mit einigen der bGE-Hausaufgaben gerade der beste 
>>> Weg, meine Einsamkeit zu füllen. Ich hoffe, es ist beim Lesen nicht 
>>> allzu anstrengend gewesen, dass ich dabei drei verschiedene 
>>> Zeitkerne meines Schreibens in eine einzige Mail gepackt habe. Falls 
>>> doch: sorry.}
>>> 
>>> Liebe Grüße,
>>> Bert
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