[Debatte-Grundeinkommen] Bewusstseinsfrage

willi uebelherr wube at gmx.net
Do Aug 21 19:09:53 CEST 2014


Liebe Freunde,

ich will den grossartigen Beitrag von Verena fuer eine 2. Antwort verwenden.

Egoismus oder Kommunismus

Diese Grundpolaritaet durchzieht unsere ganze Welt. Fuer mich ist es die 
fundamentale Polaritaet. Nicht Kapitalismus oder Sozialismus.

Egoismus steht fuer das ich, das mein. Kommunismus steht fuer das wir, 
die Gemeinschaft.

Wir haben dabei aber ein grosses Problem, wie es Wilhelm Reich und Erich 
Fromm sehr gut beschrieben haben. Wir kommen zum WIR, dem Kommunismus, 
nur ueber das entwickelte ICH. Uber unser Selbstwertgefuehl, ueber unser 
Erkennen von uns selbst.

Wir nennen diese Phase den Narzissmus. Es ist die Phase zu Beginn 
unseres Lebens bis etwa 7-9 Jahre. In dieser Zeit koennen wir uns selbst 
erkennen, uns selbst wert werden, und dann verstehen, dass unsere 
individuelle Existenz von der Gemeinschaft getragen wird.

Auf der basis dieser rationalen Erkenntnis gehen wir zum Kommunismus 
ueber. Zum WIR. Wir stellen die Gemeinschaft an die erste Stelle. Wir 
wissen, starke und stabile Gemeinschaften sind die Grundlage fuer starke 
und stabile Persoenlichkeiten.

Wenn wir uns heute umsehen, in den Parteien, den Staatsinstitutionen, 
den Parlamenten, den Finanzsystemen, den Staatsverbaenden, dann sehen 
wir erwachsene Menschen, die zumeist in ihrer fruehkindlichen 
Entwicklung stecken geblieben sind. Sie rennen tagtaeglich ihrem ICH 
hinterher. Sie brauchen die Anhaeufung von materiellen Dingen, weil sie 
mit sich selbst nicht ins Reine kommen.

Verena hat es auch thematisiert. Die individuelle Leere.

mit lieben gruessen, willi
Popayan, Colombia



Am 20/08/2014 um 13:58 schrieb V.Nedden:
> Lieber Ernst Ulrich,
>
> vielen Dank für deine Antwort.
>
> Auch ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit der Bewußtseinsfrage in
> Sachen bedingungsloses Grundeinkommen. Bereits der Film „Grundeinkommen –
> ein Kulturimpuls“ von Häni und Schmidt benennt ein Umdenken als
> Voraussetzung für die Idee des bGE, aber auch der Konsumbesteuerung ist.
>
> Bei der Linken, vorwiegend auch hier im Forum, bemerke ich verstärkt
> pauschalen Neid, gerade in Bezug auf Kapitaleinkünfte. Hierzu gehören nicht
> nur die sog. Bonzen, die es noch zu meiner Studienzeit in linken Kreisen zu
> beschimpfen galt (ich habe damals reichlich mitgeschimpft, aber auch von
> wirtschaftlichen Dingen noch keine Ahnung gehabt!), sondern auch die Oma mit
> dem Sparbuch oder der kleinen Geldanlage, mit der sie sich die Rente
> aufbessert, oder ganz normale Leute, die aus Haftungsgründen eine GmbH als
> Unternehmensform wählen, statt ein Einzelunternehmen zu führen, um hiermit
> ihre Familie zu ernähren. All diese Personen haben Einkünfte aus
> Kapitalvermögen, die in gleicher Höhe wie andere Einkünfte derzeit allgemein
> besteuert werden. Die Linke wird mir zustimmen können, daß sie diesen
> Personen nicht ans ohnehin schon schmale Portemonnaie will.
>
> Es sind also grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen zu
> stellen, z.B.:
>
> Wollen wir wirklich unsere innere Leere mit immer stärkerem Konsum, welches
> auch bereits heute unser aller Einkommen finanziert, stopfen?
>
> Was passiert, wenn uns die neugewonnenen EU-Länder und „Drittweltländer“,
> die unseren Konsum und unsere Gier heute erst ermöglichen, ausgehen?
>
> Wie können wir der (Hab-)Gier des immer größeren Wirtschaftswachstums, der
> nun auch den fernen Osten allmählich durchzieht, bremsen?
>
> Wie gehen wir mit unseren eigenen Ansprüchen und finanziellen
> Verpflichtungen, aber auch mit unseren neidvollen Empfindungen und
> Verlockungen um?
>
> Gibt es Alternativen, die eine Allgemeingültigkeit haben?
>
> Fest steht für mich, daß der Kapitalismus früher oder später mangels
> weiterer Ausbeutemöglichkeiten zum Scheitern verurteilt ist.
>
> Nach meinen aktuellen Überlegungen und Lektüren bietet der Pail-Kanon des
> Buddhismus auch auf die Probleme der „westlichen Welt“ allgemeingültige
> Antworten, den ich der interessierten Leserschaft ans Herz legen und sie
> auffordern möchte, diesen anhand des eigenen Intellekts und eigener
> Erfahrungen zu überprüfen (z.T. auch entgeltfrei oder gegen Spende zu
> beziehen über den Verlag Beyerlein und Steinschulte, Mail:
> verlag.beyerlein at buddhareden.de).
>
> Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist mit einem geeigneten Konzept, welches
> sich nicht wieder an der Erwerbsbesteuerung orientiert, geeignet, eine Menge
> Leid von uns zu nehmen, z.B. indem die Erwerbsschwelle wegfällt,
> Geschiedenen eine Menge finanzieller Last genommen wird, Alleinerziehende
> ohne Druck die Möglichkeit erhalten, langsam in das Berufsleben
> einzusteigen, die Jugend eine Perspektive erhält u.v.m.
>
> Mittlerweile bin ich überzeugt, daß die Ego-Debatte intensiviert werden
> sollte, um ein Umdenken in der Gesellschaft und damit auch ein
> bedingungsloses Grundeinkommen zu forcieren.
>
> Ich sehe auch bereits viele Initiativen, die auf privater Ebene eine Art
> (Grund-)einkommen eingeführt haben, sei es auf „Nachbarschaftshilfe“-Basis,
> sei es durch bGE-Kreise in kleinem Rahmen, aber auch über in weiten Kreisen
> der Gesellschaft verbreitete „Schwarzarbeit“. In allen diesen Fällen wird
> jedoch – steuerlich gesehen – ebenfalls die Gemeinschaft geschädigt, denn es
> werden keine Steuern abgeführt, die der Gemeinschaft aller Bundesbürger
> wieder zugutekämen und ein Grundeinkommen erhöhen könnten. Statt dessen
> steht vielfach nicht nur das eigene Überleben sondern auch der individuelle
> Vorteil im Vordergrund.
>
> Ein/e jede/r mag sich daher auch selbst unter verschiedenen Blickwinkeln die
> Frage stellen, ob er/sie bereit ist, das eigene Ego im Sinne der
> Gemeinschaft zurückzustellen und zu minimieren.
>
> Herzliche Grüße
>
> Verena Nedden



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