[Debatte-Grundeinkommen] Darstellung von Modellen zur Umsetzung eines BGE / Steuerkonzepte / Rede des DGB-Chefs
Siegfried Vogel
svogelkr at aol.com
Di Mai 8 12:48:09 CEST 2012
Zuerst möchte ich mich hiermit für die Ausarbeitung und Darstellung der
Konzepte und tagesaktuellen Inhalte bedanken:
Ich finde es sehr spannend, daß der Einzelne heutzutage in die Lage
versetzt ist, auch an dieser Phase der Entwicklung teilzunehmen.
2 Aspekte in den heutigen Nachrichten stören mich persönlich schon länger:
1. Annahmen über die Motivation des Einzelnen und dessen Verhalten
(Menschenbild)
An einer Stelle wird der Umgang mit möglichen Sozialschmarotzern
angesprochen.
Ohne auf eine Diskussion des Begriffs Schmarotzer und dessen Herkunft
einzugehen, möchte ich hier einwenden, daß ich die Bewertung
des Verhaltens eines Einzelnen fragwürdig finde:
Jemand der nicht im klassischen Sinn produktiv ist, kann unter
Berücksichtigung anderer Dimensionen und aus einem weiteren Blickwinkel
durchaus einen sinnvollen Beitrag leisten.
Eine vereinfachte Definition würde schließlich auch dazu führen, daß die
Eliten unter dem Begriff Schmarotzer zu subsummieren wären.
Beides bringt den Diskurs eines neuen Systems nicht weiter und führt
möglicherweise zu gegenseitigen Vorwürfen und Tiraden.
Vielleicht sollte man davon ausgehen, daß Jeder im bestehenden System
nach seinen Möglichkeiten versucht, sein Leben zu leben.
Die Diskussion sollte lieber beschreiben, wie ein Leben im zukünftigen
System aussehen könnte und welche Optionen sich dem Einzelnen
bieten würden. Die Schlüssigkeit der Darstellung und die Aussichten
sollten einen motivationalen Effekt auf den Einzelnen haben, oder?
2. Warum sollte sich ein etabliertes Mitglied für eine Veränderung
einsetzen?
Klar kann man im herrschenden System Forderungen stellen und daraufhin
arbeiten, daß es für bestimmte Gruppen oder Einzelne Verbesserungen
gibt. Aber warum sollte man diese Veränderungen wünschen und tragen?
Bisherigen Darstellung stellen immer wieder eine Kritik des Systems dar,
Benachteiligte stellen ihren Wunsch nach mehr Partizipation dar, doch bleibt
es bei einer systemimmanenten Diskussion.
Was fehlt? Die Diskussion sollte lieber beschreiben, wie ein Leben im
zukünftigen System aussehen könnte und welche Optionen sich dem Einzelnen
bieten würden. Die Schlüssigkeit der Darstellung und die Aussichten
sollten einen motivationalen Effekt auf den Einzelnen haben, oder?
Zum Schluß:
Eigentlich bin ich es auch leid, den Darstellungen von negativen
Konsequenzen bestimmter Effekte des bestehenden Systems zu folgen und
mich auf
Horrorszenarien einzulassen. Mir fehlt es an positiven Darstellungen, an
der Darbietung von Visionen!
Natürlich wird es dann wieder eine fast unmögliche Diskussion über
Umsetzbarkeit geben und jedes Bild wird sich am Vorwurf mangelnder
Realitätsnähe reiben müssen. Doch für mich ist genau das der
entscheidende Anspruch!
In die Darstellung eines möglichen Zielzustandes wird immer wieder der
Betrachter einfliessen und es wird auch immer wieder eine Abgrenzung zu
bestehenden Verhältnissen stattfinden - es macht Erklärungen einfacher -.
Für das Verständnis und die Bewertung durch den Einzelnen ist aber nur
wichtig, was hinten raus kommt, oder?
Ist der Zielzustand für den Einzelnen attraktiv genug, wird es einen
motivationalen Effekt geben, oder?
Das Zielsystem sollte sich über die Milderung konkurrierender Interessen
hinwegsetzen und darstellen, wie sich das Leben des Einzelnen darstellt,
welche Optionen und Möglichkeiten sich bieten. Dann kann es jeder
Einzelne tragen, oder?
Ewige Grundsatzdiskussion? Sozialromantik? Nein. Klärung des Ziels. Die
technische Umsetzung ist zweitrangig und das geringste Problem.
Und noch:
Paradigmenwechsel, meist vorangetrieben durch Außenseiter oder
Systemabtrünnige, unterliegen in einem demokratischen System gewissen
Dynamiken
und die Zeit spielt ebenfalls eine Rolle. Die Teilhabe der Protagonisten
am politischen System und die Anpassungseffekte im zeitlichen Verlauf
sind auch interessant.
Die jüngste Geschichte zeigt jedoch eins an: Visionen sind umsetzbar!
(Man vergleiche nur die Visionen der Grünen in den 80ern mit den
heutigen Verhältnissen.)
Bedauerlich ist nur, daß die Veränderungen immer zum Wirtschaftsystem
passen mußten und dies nur einen quantitaven Effekt bewirkten.
Nun geht es um einen qualitativen Effekt:
Wenn das herrschende System zur Optimierung - auch im Bezug auf das
Außenverhältnis der Volkswirtschaft - immer weniger Erwerbsarbeit zur
Verfügung stellen kann,
muß man sich über andere Formen des Lebensunterhaltes Gedanken machen.
Ich sehe die Wurzeln der Diskussion in den 80ern, z. B. im Symposium der
Alfred-
Herrhausen-Stiftung zur Zukunft der Arbeit, und den parallelen
philosophischen Diskussionen in dieser Zeit.
Natürlich unterliegt eine Idee auch immer der Notwendigkeit des
richtigen Zeitpunktes. Systemtheoretisch möchte ich hier den tipping
point erwähnen.
Zurück zum qualitativen Effekt: Bisher wurde politisch versucht, über
den Staat für mehr Gerechtigkeit oder besser für mehr Ausgewogenheit zu
sorgen.
Das BGE ist der Versuch, die Autonomie des Einzelnen zu ermöglichen. Und
das ist doch ein erstrebenswerter Effekt, oder?
Natürlich wird dies einen Effekt auf die Arbeitswelt / die
Wirtschaftswelt haben! Auch der Einzelne muß sich unter diesen neuen
Bedingungen neu orientieren.
Die Auswirkungen sind eklatant und Widerstände sind zu erwarten, aber
auch wünschenwert, oder?
Ich erinnere mich gerade an einen Vortragsabend mit Götz Werner: "
...Der mögliche Mitarbeiter muß sich eine Tätigkeit im jeweiligen
Unternehmen leisten können..."
Ich würde sogar sagen: Leisten wollen.
Ich glaube, daß es BGE dem Einzelnen einerseits systemimmanenten
existenziellen Druck nehmen wird, und zweitens einen höheren
Freiheitsgrad in der persön-
lichen Lebensgestaltung ermöglichen wird... - und damit habe ich
abschließend auch eine Facette meiner Vision dargestellt.
Allen einen schönen Tag
Siegfried Vogel
Am 08.05.2012 01:08, schrieb
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> 1. Re: Steuerliches Konzept für ein bGE (MARSMISSION at gmx.net)
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