[Debatte-Grundeinkommen] Piratenpartei

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mi Sep 21 17:25:08 CEST 2011


Hallo Mathias Weidner, hallo zusammen,

es mag richtig sein, daß man aus Einzelforderungen nicht auf das 
Gesamtergebnis des Wahlausgangs schließen sollte; für einen BGE-Fan mag das 
zwar nahe liegen, aber die Piraten stehen durchaus auch für andere Inhalte, 
die in der Realpolitik neu sind. Und wenn man die Aussage von Christian 
Engström, der als Urvater der Piraten gilt, in einem Interview mit der Welt 
(http://tinyurl.com/6d9dous) ernst nimmt, ist das erklärte Ziel der Piraten, 
die Politik insgesamt zu beeinflussen. Dort ist abschließend folgendes zu 
lesen:

"Uns Piraten soll es als Partei auch gar nicht ewig geben. Wir sind nicht 
gekommen, um zu bleiben. Wir wollen Ideen verbreiten. Wenn die etablierten 
Parteien, ob CDU oder Linke, diese aufnehmen, umso besser. Wenn das getan 
ist, dann ist auch unser Job getan."

Was mir an den Piraten sehr sympatisch ist, und wofür ich mich lange vor dem 
Grundeinkommen eingesetzt hatte, ist die Forderung, Ideen aus der 
Bevölkerung aufzunehmen, um Probleme in der Gesellschaft zu lösen. Keine 
Partei hat von allem, was sie fordern, wirklich Ahnung - einzelne Personen 
in der Partei kennen sich mit dem einen oder anderen Thema weniger oder 
besser aus. Den Piraten dabei zu unterstellen, dem sei nicht so, halte ich 
für illegitim - und wie zu Anfang dieses Absatzes erwähnte, sind die Piraten 
offen, Vorschläge und Ideen aufzunehmen, um diese dann "basisdemokratisch" 
auszuarbeiten.

Wer zudem glaubt, ein Grundeinkommen sei politisch machbar, sollte sich 
fragen, ob nicht vorher die gesellschaftlichen Weichen dafür gestellt werden 
müssen. Was die Gesellschaft ernsthaft will, wird von der Politik letztlich 
umgesetzt (werden müssen). Andernfalls haben wir Verhältnisse wie nach der 
Oktoberrevolution in Russland: Der Sozialismus wurde als Vorstufe zum 
Kommunismus ausgerufen, ohne daß die Gesellschaft darauf vorbereitet war. Es 
dauerte einige Jahre (!), bis sich die Situation in der nachfolgenden 
Sowjetunion beruhigt hatte - und von "real existierendem Sozialismus" würde 
ich dabei nicht gerade sprechen wollen (vor allem unter Stalin).

Ich will nicht behaupten, daß Politik nichts dazu beitragen kann, 
gesellschaftliche Änderungen einzuleiten, aber ohne gesellschaftlichen 
Willen führen politische Wunschvorstellungen zu erheblichen Konflikten - bis 
hin zu Bürgerkrieg.

Abschließend möchte ich sagen, daß die Piraten mit dem enormen Wahlgewinn 
wesentlich zur Debatte um ein Grundeinkommen beitragen kann - auch 
international. So ist der Erfolg der Piraten auch ein Teilerfolg für`s 
Grundeinkommen.

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg Drescher
Projekt Jovialismus



----- Original Message ----- 
From: Mathias Weidner
To: 'Ernst Ullrich Schultz' ; 
debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Sent: Wednesday, September 21, 2011 4:15 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Piratenpartei


Grüße,

Autsch - von dieser Schlussfolgerung würde ich Abstand nehmen.
Ich beobachte die Piraten nun schon seit der Europawahl und mensch kann 
sagen: von Netzpolitik haben sie Ahnung - von allen anderen nicht. Trotzdem 
versuchen sie das Vakuum in ihren Parteiprogramm quasi mit den Rosinen der 
anderen Parteien zu füllen. Mir wurde in Meck-Pom auch ein Flyer in die Hand 
gedrückt, in den sie sich für Frauen- und Schwulenrechte einsetzten. Und sie 
sind für Privatisierung der Religion usw.. also die Reden davon, aber sie 
haben nicht mal eine Debatte darum wie sie es ernsthaft umsetzen wollen.
Und ich würde nicht davon ausgehen, dass sie unter BGE etwas Ähnliches wie 
wir verstehen - wenn wir jeden nehmen der irgendwas in Richtung BGE hat - 
dann können wir auch zur FDP schauen, die haben das Bürgergeld.

Und um beim Beispiel zu bleiben - die FDP ist gegen weitere Unterstützung 
Griechenland - 70% lt. Umfragen auch - sie sind in Berlin trotzdem 
abgeschmiert.

Also aus Einzelforderungen auf Wahlergebnisse zu schließen halte ich für 
fraglich.

Es gibt genug andere Gründe sich für BGE stark zu machen.

Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de 
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] Im Auftrag 
von Ernst Ullrich Schultz
Gesendet: Mittwoch, 21. September 2011 09:56
An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Piratenpartei

Liebe MitstreiterInnen,

Ist eigentlich bemerkt worden, dass die Piratenpartei sich das BGE auf die 
Piratenfahne geschrieben hat? Und sie hat ein sensationelles Ergebnis 
erzielt in Berlin. Ich kenne die Partei zu wenig, aber ich habe nachgefragt 
und vom Vorstand eine klare Antwort bekommen. Außerdem haben sie Plakate 
geklebt, wo Mindestlohn als "Brückentechnologie" bezeichnet wurde und 
bedingungsloses Grundeinkommen als Ziel.

Das sollte uns Ansporn geben, weiter für das BGE zu "baggern"

Herzliche Grüße
Ernst Ullrich Schultz
-- 
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(040) 604 97 30








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