[Debatte-Grundeinkommen] Versuch eines Beitrages

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Do Feb 24 12:28:11 CET 2011


Sehr geehrte Damen und Herren, nach einem Vortrag von Frau Prof. Adrienne Göhler am 28.1.11 in Hannover hoffe ich mit diskutieren  zu dürfen,. Seit meiner Pensionierung als Chefarzt einer Klinijk in Hannover habe ich mich mit sozialpolitischen Fragen beschäftigt und einiges veröffentlicht.. Näheres ist unter www.reformvision.de zu lesen.
Einen ersten kleinen Beitrag hänge ich an. Mit meinen bestzen Grüßen  Dr. med. Lutz Osterwald   
Interviewentwurf
 
Herr Osterwald., wie kommen Sie dazu, politische Fragen zu beantworten?  Da gibt es doch die Fachleute.
 
Natürlich. Sie sind sicherlich kompetent. Aber sie leben nicht im Alltag der Bürger. Sie sehen die Dinge von oben, nicht aus der Sicht der Leute, die mit dem Cent  rechnen  müssen. Diese fühlen sich  ausgeliefert  fühlen  und - Wahl hin, Wahl her- glauben, nichts ändern zu können.
 
Meinen Sie, es wäre wünschenswert, wenn jeder mitbestimmen könnte?
 
Nicht jeder soll bestimmen können. Aber jeder soll  seine Gedanken für Verbesserungen einbringen dürfen. Vieles davon ist richtig.
 
Woher wollen Sie das wissen?
 
Ich spreche mit vielen Menschen. Gerade jetzt, als Rentner, habe ich die Zeit dazu. Und ich bin immer wieder erstaunt, wie klug gedacht wird. Nur hat kaum einer die Kraft, seine Gedanken zu formulieren, nieder zu schreiben und an die Öffentlichkeit zu bringen, geschweige denn, etwas zu verwirklichen. Selbst Kapazitäten wie Prof. Meinhard Miegel (Wohlstand ohne Wachstum), Götz Werner, Wolfgang Clement und viele andere, die es tun, bleiben ohne den verdienten Widerhall.
 
Sie finden Widerhall?
 
Für mich gilt das Gleiche. Mein Wunsch ist, dass die mahnenden Stimmen konzentriert werden. Es gibt einiges, über das „die Politik“ einfach hinwegsieht, was aber angefasst werden muss. Zum Beispiel die Renten. Das jetzige Konzept wird in wenigen Jahren gescheitert sein. Dabei gibt es gute, machbare Vorschläge. Mich fasziniert der Gedanke einer Maschinensteuer, die Helmut Rohde ins Gespräch brachte. Danach zahlt der Arbeitgeber die gleiche Summe an Sozialabgaben (und Steuern), die er durch die Maschine einspart.
 
Was zur Folge hat, dass keine Verluste durch diese Art von Entlassungen entstehen?
 
Genau. Das Gesamtprodukt unserer Wirtschaft ist ständig gewachsen, obwohl immer weniger Menschen in der Produktion eingespannt sind. Also muss es eine Möglichkeit geben, dass es allen immer gleich gut oder besser geht
 
Sie sprachen von anderen Kapazitäten, die zu wenig Widerhall finden.
 
Zum Beispiel von Prof. Götz Werner, der das Model des “Bedingungslosen Grundeinkommens für alle“ zu einem machbaren Konzept weiterentwickelte.
 
Dem wurde doch schon vielfach widersprochen!
 
Ja, nicht bezahlbar und Verleitung zum Nichtstun. Aber dass Letzteres nicht der Fall ist, wurde wissenschaftlich untersucht und als falsch befunden. Ersteres ist auch für mich noch nicht ganz klar. Aber die Argumente – Einsparen in der Verwaltung, Wegfall vieler sog. Sozialeistungen, Förderung der Eigenverantwortung – machen Mut. Die eingefahrenen Vorstellungen brauchen dringend kluge neue Ideen
 
Wenn es so geht wie bisher, bricht unser System zusammen, spätestens bei der nächsten Krise.
 
Geht das denn von heute auf morgen?
 
Das behauptet keiner. Aber wenn es nicht angepackt wird, geht es überhaupt nicht
 
Weitere “Baustellen“?
 
Ja sicher. Wenn das Gesundheitssystem nur an den Folgen und nicht an den Ursachen der Kostenexplosion saniert wird, wird die medizinische Versorgung schlechter, für viele viel schlechter werden. Wenn die Finanzen nach dem Motto „Minus mal Minus gibt plus“ gehandhabt werden, kommt es zur Geldentwertung und damit zu unerhörten Verlusten für die Mitmenschen außer für den Staat.
 
Der Staat sind wir!
 
Ob diese Entwicklung nur schlecht ist, sei dahin gestellt. Aberoptimal ist sie nicht 
 
Ist denn die politische Führung unfähig?
 
Nein, sie ist lediglich überfordert und sie hört nicht auf andere Meinungen als auf die eigenen. Es ist schwierig, eingefahrene Vorstellungen zu ändern. Dennoch sollen wir die Agierenden der Politik nicht schmähen. Sehr vieles  getan worden. Norbert Blüm hat die so notwendige Pflegeversicherung eingeführt, Walter Riester die Riesterrente. Ursula von der Leyen hat erfolgreich für die Familien gekämpft, andere für bessere Bildung. Herr zu Guttenberg hat eine zuvor kaum denkbare Reform der Bundeswehr erreicht. Frau Merkel hat mit Herrn Steinmeier die globale Finanzkrise entschärft.
 
Also doch viel Gutes?
 
Ja, absolut. Die vielen Regelungen in allen Lebensbereichen fallen nur nicht so auf, obwohl sehr viel kleiner „Kampf“ dahinter steckt. Aber das ändert nichts daran, dass viel, zu viel, nicht angepackt wird. Dass 2030 praktisch der gesamte Etat des Staates für Beamtenpensionen verbraucht werden wird. Dass der Jubel über sinkende Arbeitslosenzahlen Folge von Selbsttäuschungen ist, weil in Wirklichkeit die Arbeitswelt sich dramatisch in Richtung Rechtlosigkeit der Arbeitenden verschlechtert hat.  Dass die Schere zwischen arm und reich immer größer wird und dass keine Regelungen gefunden werden, Steuerhinterziehung und Schattenwirtschaft ein Ende zu setzen.
 
Sind sie ein Phantast?
 
Ich sehe mich als Realist
 
 

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