[Debatte-Grundeinkommen] Geht uns die Arbeit aus

Thomas Schulze schulzegenius at web.de
Mo Dez 19 21:20:14 CET 2011


Zum Thema "Geht uns die Arbeit aus"

Mit Verlaub Herr Dr. Jenner, 

ihr Beitrag sowie die historischen Anmerkungen welche durchaus  berechtigt sind, erinnert mich dennoch an die schon so oft gemachten Erfahrungen mit "überdurchschnittlich" intelligenten Menschen. (An Hand Ihre Biographie darf ich davon ausgehen) 

 

Diese neigen nämlich "in der Regel" dazu nach vielen Gründen zu suchen, warum etwas nicht funktionieren- oder nicht "so" funktionieren kann, anstatt nach einem Grund zu suchen warum es dennoch funktionieren könnte. 

 

Im Gegensatz zu Ihnen stellen ein "Götz Werner" und ein "Jörg Gerstmann" die Fragen nach einer möglichen Lösung der gesellschaftlichen Probleme und regen die Leser damit zum Mit- und Nachdenken an. Mit den Ausführungen und Anregungen schaffen es die Beiden auf jeden Fall, die aktuellen Fakten und scheinbar unlösbaren Herausforderungen, von einer bisher unvorstellbaren Seite aus zu betrachten und die vorgeschlagenen Lösungen, auf jeden Fall in Betracht zu ziehen. Sie dagegen stellen einfach eine Behauptung auf.

Hermann Hesse wusste doch schon: "Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen" Oder nach Alan Kay: "Einfache Dinge sollten einfach sein; komplizierte Dinge sollten möglich sein" 

 

Sie sprechen in Ihrem Beitrag von einen historischem Bewusstsein und einem Minimum an Verstand um eine Zukunftsentwicklung "halbwegs" prognostizieren bzw. verstehen zu können. Nun da haben Sie sicherlich Recht, aber auch auf diesem Gebiet gehen die Meinungen von Wissenschaftlern und sogenannten Experten sehr weit auseinander.  

 

Auch wenn die Entwicklung der letzten 200 Jahre, wie von Ihnen beschrieben, zweifellos so von Statten ging, auch wenn der Wettbewerb und die Verbilligung eine Jobmultiplikation hervorgerufen haben, so dürfen wir dennoch nicht verkennen, dass wir jetzt "fast" am Ende der Verbilligungs- Schraube angelangt sind. Die Tatsache, dass wir die "Verbilligung" der Produkte zum größten Teil mit unseren eigenen Steuergeldern subventionieren und sich dadurch nur ein sinnloser Umverteilungskreislauf ergibt, sollten wir auch nicht verkennen.  

 

Natürlich ist die Ursache bei den von Ihnen beschriebenen "Raubrittern" und "Wegelagerern" zu suchen und letztendlich auch zu finden. Auch unser aus den Fugen geratenes Finanz- und Politiksystem mit seinen undurchsichtigen und bürokratisch gewollten Machenschaften zeichnet mit Verantwortlichkeit für die jetzige Misere. Nur allein diese Erkenntnisse können doch diese Probleme nicht lösen. Was haben Sie für einen Vorschlag? 

Warum sollte die von Ihnen beschriebe "kleine (verantwortliche) Schicht" ein Interesse daran haben, ein solches z. B. "Bandbreitenmodell" einzuführen, wo sie doch mit den bisherigen Machenschaften die Macht aufrecht erhalten und Unmengen an Geld einnehmen konnten.  

 

Ich versuche natürlich auch in Ihren Ausführungen die positiven Aspekte zu erkennen und deshalb denke ich, dass alle Entwicklungen, alle positiven und auch negativen Veränderungen in der Geschichte der Menschheit z. T. notwendig und richtig waren. Sie haben uns zu dem gemacht was wir heute sind und haben uns zu unseren heutigen Standard verholfen. Aber was bisher Gültigkeit hatte, muss nicht für die Zukunft- und schon gar nicht für neue Wege/Modelle gültig sein. Um eine so "verfahrene Kiste" aus dem Dreck zu ziehen, ist das Querdenken wahrscheinlich die einzig richtige Möglichkeit neue Erkenntnisse und Lösungswege zu finden. Auch behauptet ja keiner von Beiden, dass die Modellvorschläge die einzig Wahren und Richtigen sind.  

 

Dennoch können wir nicht von der Hand weisen, dass durch die Automation zwangsläufig immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen. Und wie es ein Herr Gastmann in seinem "Bandbreitenmodell" beschreibt, ist es ja wirklich nur noch eine Kosten- und Zeit- Frage, bis die menschliche Arbeitskraft in vielen Bereichen durch ein technisches Produkt ersetzt wird. Da die Automation heute schon in vielen Dienstleistungsbereichen (Müllabfuhr, Kanalreinigung etc.) immer häufiger Einzug hält, wird die Masse der Menschen (nicht die "hochgradig" Intelligenten, die werden für F & E, Forschung und Entwicklung weiterhin benötigt) zwangsläufig in einer Erwerbslosigkeit im herkömmlichen Sinne enden. Und das wiederum bedeutet nicht die Vermehrung der Kaufkraft sondern ein eindeutiger Kaufkraftverlust! 

 

Wichtig wäre hierbei noch zu erwähnen, dass wir die Erkenntnis vom "exponentiellen Prozess" nicht außer Acht lassen sollten. Hier möchte ich nur darauf hinweisen, dass sich seit der Erfindung von Rechenanlagen im letzten Jahrhundert deren Arbeitsgeschwindigkeit und Komplexität alle vierundzwanzig Monate verdoppelt hat. (Was jeweils eine Vervierfachung der Leistungsfähigkeit bedeutet.) Auf Grund dieses "exponentiellen" Wachstums, dürfen wir in den ersten drei Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts weitaus größere Veränderungen erwarten, als wir im gesamten 20. Jahrhundert erleben durften. (Ray Kurzweil "Leben im 21. Jahrhundert - Was bleibt vom Menschen") Und das hat weiß Gott nichts mit Schwarzmalerei zu tun. Hier werden wir eine technische Revolution erleben, die mit aller Wahrscheinlichkeit schneller eintreten wird, als wir in der Lage sein werden, neue Erwerbstätigkeit (im herkömmlichen Sinne) zu schaffen. 

 

Einsteiger2008
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