[Debatte-Grundeinkommen] Offener Brief an Attac zur Presseerklärung zum Grundeinkommen in Namibia

willi übelherr wube at gmx.net
Mo Mär 29 19:13:25 CEST 2010


An die Mitglieder und Freunde von Attac,


am Freitag, den 28.03.2010 wurde von der Presseabteilung von Attac 
Deutschland eine Mitteilung veröffentlicht.

Erfolgreiche Info-Tour über Grundeinkommensprojekt in Namibia

Bundesregierung muss Widerstand gegen bedingungslose
Sozialgeldtransfers in Entwicklungszusammenarbeit aufgeben

http://www.attac.de/aktuell/presse/detailansicht/datum/2010/03/28/erfolgreiche-info-tour-ueber-grundeinkommensprojekt-in-namibia/?cHash=cf3cd9df9eb74130cfe5362615801225


Zunächst einige sachlichen Klarstellungen. Das Dorf Ojivero gibt es nicht. 
Es gibt das Dorf Omitara am Kanal Otjivero, nord-ost-östlich von Windhoek.

Dieses Dorf ist eigentlich ein Camp, eine provisorische Ansiedlung von 
Menschen ohne Land und damit ohne Grundlage der Selbstversorgung. Dieses 
Dorf ist völlig eingekesselt von privaten Farmen. Nur wenige Meter breit ist 
der Grünstreifen am Damm, der zum Verbleib die Menschen motivierte, weil das 
ganze Land privat besetzt ist. In der Geschichte Afrikas erst durch die 
Europäer entstanden.

In der Erklärung von Attac, wie in allen Berichten, auch von Herbert Jauch, 
wird die Tatsache des Landraubs an den Afrikanern durch die Deutschen nicht 
thematisiert, nicht mal erwähnt. Es interessiert niemanden der Autoren. Wir 
finden aber einen aktuellen Bericht der AZonline aus Namibia.

Wieder Wilderer aus Omitara erwischt vom 8.1.2010
http://www.az.com.na/polizei-und-gericht/wieder-wilderer-aus-omitara-erwischt.100483.php

Jede Person mit etwas historischem Wissen weiß sofort, um was es hier geht. 
Auch bei uns in Europa wurden die frei lebenden Tiere zum Privateigentum der 
Feudaleliten bestimmt. Dieser Artikel beschreibt eindringlich die koloniale 
Besatzung von Namibia, die auch heute noch das Leben der afrikanischen 
Namibianer bestimmt, abgesehen von der kleinen schwarzen Elite, die gekauft 
und korrumpiert ist.

Einen guten Eindruck, vor allem, wenn wir auch zwischen den Zeilen lesen, 
gibt uns der Bericht eines Reisenden in 2 Teilen:
Bericht aus Otjivero
http://markus-lobis.blog.de/2008/07/18/bericht-aus-otjivero-teil-i-in-the-middl-4466927/
http://markus-lobis.blog.de/2008/07/19/bericht-aus-otjivero-teil-ii-am-15-jeden-4471172/

Die Gründe der Armut der afrikanischen Bevölkerung sind die kolonialen 
Strukturen, und hier vor allem der geraubte Landbesitz, die die Deutschen 
geschaffen haben, um das enteignete Land den Europäern zur Verfügung zu 
stellen. Jede Person kann sich über den geschichtlichen Verlauf informieren. 
Selbst Wikipedia reicht hierfür schon aus unter den Stichworten 'Namibia' 
und 'Herero'.

Daß nun auch Attac mit einer öffentlichen Erklärung auf der Basis der 
Verleugnung der realen Bedingungen nach außen tritt auf dem Niveau aller 
verleumdenden bürgerlichen Presseinstanzen, ist einfach nur abscheulich und 
weist auf eine schamlose Ignoranz hin.

Es klingt für mich extrem zynisch, wenn in einem Dorf entlang der Straße, 
eingekesselt in privat angeeignete Ländereien, zu denen die Eingeborenen 
keinen Zugang mehr haben und mit privaten und staatlichen Gewaltorganen von 
dessen Nutzung abgehalten werden, ein stiftungsbasiertes Grundeinkommen zu 
organisieren, um sie ruhig zu stellen und von ihrem notwendigen Kampf für 
die Enteignung des Landes abzuhalten. Weil das Land bietet alle Bedingungen 
für die Entfaltung der Natur und sichere Lebensverhältnisse für die Menschen.

Wenn nun das Grundeinkommen gedacht wäre, den Menschen die grundlegenden 
Bedürfnisse zu decken, um sie besser in die Lage zu versetzen, den 
politischen Kampf dort zu führen, dann wären allerdings die Erklärungen 
anders zu lesen.

Wir können die gleichen Prozesse beobachten in Brasilien, wo das 
Grundeinkommen die Antwort auf die Bewegung der Landlosen ist. Daß die 
Europäer nicht geeignet sind, die Bedingungen der Armut aufzulösen, liegt 
bei derem Lebensstil in diesen Ländern nahe. Daß die SWAPO derart 
degeneriert sich dem billigen Verkauf anbat und anbietet, ist furchtbar.

Wir sollten uns aber leiten lassen von der eindeutigen Solidarität zu den 
Völkern, die von der freien Gestaltung ihres Lebensräume mit Gewalt getrennt 
wurden und werden, wie in Namibia und Afrika, Palästina, Australien und auf 
dem amerikanischen Kontinent.

mit Grüßen, Willi Übelherr, Bielefeld




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