[Debatte-Grundeinkommen] an Willi Übelherr, Band 60, Eintrag 6

Florian Hoffmann (EU-Trust) florian.hoffmann at eu-trust.org
So Mär 28 21:36:35 CEST 2010


Lieber Willi Übelherr,

vielen Dank für den Beitrag. Nicht jeder kann nach Namibia reisen und sich
vor Ort darüber informieren, was wirklich schief liegt.

Was Du beschreibst, ist der Sieg der Zivilisation, wie er auch die Indianer
in Amerika überwältigt hat: Die Weißen zogen ein Dokument aus der Tasche,
und schon gehörte alles ihnen, weil die anderen nicht lesen und schreiben
konnten. Es ist die Macht des geschriebenen Worts, dem Naturvölker erst mal
nichts entgegenzusetzen haben, aber nicht nur die. Auch bei uns hat der die
Nase vorn, der die vertragliche und notarielle Dokumentation beherrscht. Was
in Namibia noch sichtbar ist, ist bei uns durch Fassaden verdeckt, hinter
denen die Eigentumsrechte hin und hergeschoben und festgezurrt werden. Das
ist nicht immer übel, aber es ist bei uns tendenziell übel, weil sich der
Konzentrationsgrad permanent erhöht, was man auch an der wachsenden
Ungleichheit der Einkommen ablesen kann.

Ich meine, wenn unsere Vermögensverteilung in Ordnung wäre, bräuchte man
fast kein BGE. Allerdings sehe ich auch bei uns keinen sinnvollen Weg, die
Vermögensverteilung in Ordnung zu bringen. Niemand hat etwas davon, wenn man
Villengrundstücke oder Firmenanteile aufteilt. Da geht nur die
Verantwortlichkeiten verloren, was zum Untergang führt. Also lasst ihnen das
Eigentum, die Verantwortlichkeit, das Sorgen und die Arbeit, und "schröpft"
sie bei der Kapitalrente. Das "Schröpfen" kann sogar so moderat sein, dass
es niemandem weh tut - jedenfalls nicht weher als bisher.

Um zu Namibia zurückzukehren: Es gibt in den USA einen Prozess, der die
Indianer in wachsendem Umfang entschädigt. Es gibt keinen Grund, einen
solchen Prozess nicht auch in Namibia zu beginnen (wenn es ihn nicht schon
gibt). Um ihn zu ermöglichen, und den Menschen die Kraft dafür zu geben,
gibt es nichts Besseres als ein BGE!

Womit wir wieder beim Thema wären.

Schöne Grüße!

Florian Hoffmann


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Message: 1
Date: Sat, 27 Mar 2010 23:10:30 +0100
From: willi übelherr <wube at gmx.net>
Subject: [Debatte-Grundeinkommen] grundeinkommen in Namibia
To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
Message-ID: <4BAE8256.2040205 at gmx.net>
Content-Type: text/plain; charset=ISO-8859-1; format=flowed

lieber markus und alle,

das viedeo mit herbert jauch habe ich angesehen und seinen text gelesen.
vielen dank für diese referenz. zu diesem thema fand bereits eine diskussion
auf dieser liste statt unter 'BGE in namibia' um 09.2009.

leider hat sich nicht viel verändert und die grundsätzliche problematik
bleibt. das grundeinkommen als hilfe der menschen, kurzfristig sich der
existenziellen bedrohung zu entziehen um eine gerechte grundlage für alle
menschen herzustellen. namibia rangiert im sogenannten gini-effekt an
letzter stelle, weltweit.

der grund hierfür sind die kolonialen strukturen, die die deutschen
geschaffen haben. die enteignung des landes der namibischen bewohner, um es
den europäern zur verfügung zu stellen. es klingt für mich absolut zynisch,
wenn in einem dorf entlang der straße, eingekesselt in privat angeeignete
ländereien, zu denen die eingeborenen keinen zugang mehr haben und mit
privaten und staatlichen gewaltorganen von dessen nutzung abgehalten werden,
ein stiftungsbasiertes grundeinkommen zu organisieren, um sie ruhig zu
stellen.

wir müssen uns die dimensionen vorstellen. ein reiches land, im norden mit
560 l/qm ausreichend regen, im süden immer noch 140 l/qm, bei entsprechenden
altbewährten wassersystemen und aufforstung, wie es die asiatischen,
arabischen und afrikanischen völker schon vor 5000 jahren machten, ein
gigantischer garten, degeneriert durch europäer zum weltarmutszentrum.

welche philosophischen grundlagen besitzen menschen, die an dieser tatsache
vorbeigehen und von schaffung von arbeitsplätzen schwafeln, die letztlich
nur zur organisierten lohnsklaverei mutieren können.

mit grüßen, willi



Am 23.03.2010 20:01, schrieb Markus Schallhas:
> Hi Leute,
>
> großer Namibia Grundeinkommens-Artikel in der "Presse" und die
> Kommentatoren toben...
>
> Der Artikel freut sich auch über BefürworterInnen...
>
> Warum mit dem Grundeinkommen in Namibia "mehr" Menschen arbeiten.
>
> lG,
> Markus
>
>
> "Grundeinkommen macht nicht faul"
>
> 22.03.2010 | 18:38 |  BEATE LAMMER (Die Presse)
>
> In einem namibischen Dorf gibt es seit zwei Jahren ein bedingungsloses
> Grundeinkommen. Projektsprecher Herbert Jauch erklärt im Interview mit
> der "Presse", warum jetzt mehr Leute arbeiten.
>
> http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/548050/index.do
>
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