[Debatte-Grundeinkommen] Warum das Grundeinkommen ungerechtist...
michael at fielsch.de
michael at fielsch.de
So Dez 19 19:33:53 CET 2010
Hi Willi,
es wird noch sehr lange dauern bis auch der letzte Mensch begriffen hat,
dass es für Individualität keine zentrale Melde- und schon gar keine
Leitstelle geben kann.
Gruß Micha
BGE-Lobby.de
> hallo,
>
> eigentlich hatte ich die lust an der diskussion auf dieser liste
verloren,
> weil die beiträge mit bis zu 4 tagen verspätet, und im einzelnen noch
> länger, verteilt werden. so ist ein flüssiger diskussionsverlauf nicht
> möglich. und dies alles nur einem kontrollwahn geschuldet, den wir
> eigentlich mit dem (B)GE massiv in frage stellen wollen.
>
> aber das thema, auch wie es jörg initierte und es aufgegriffen wurde,
drängt
> zur teilnahme.
>
> über den zweck eines BGE herrscht weitestgehend übereintimmung.
abgesehen
> von manchen spitzfindigkeiten, wie ich sie bei jörg erlebe. differenzen
> entstehen im bereich der monetären realisierung. und hier liegen wohl
die
> massivsten unterschiede in den denkweisen vor. deshalb ist es völlig
richtig
> von jörg, das system geld in die betrachtung einzubeziehen. dies wurde
auch
> von verschiedenen autoren auch so angenommen.
>
> betrachten wir das wesen einer gesellschaftlichen, arbeitsteiligen
ökonomie.
> dann tritt das geld als universales tauschmittel in aktion, damit
> tätigkeiten direkt und indirekt, also materialisiert in gütern, ihren
> besitzer wechseln können. und damit ist auch die menge definiert, die
> notwendig ist. also soviel, daß alle ihren bedarf decken können.
>
> auf dem grundsatz der gleichheit in recht und wertigkeit aller menschen,
> sofern wir uns auf die prämissen der französischen aufklärung und
revolution
> beziehen, gilt dies für alle in etwa gleich.
>
> das BGE stellt nun diesen minimalsatz grundsätzlich allen zur
verfügung..
> damit sind alle lebensfähig und damit tätigkeitsfähig. weil letztlich
hierin
> das potential liegt, den allgemeinen aufwand zu minimieren und die
qualität
> zu maximieren.
>
> zu dieser analyse kommen wir, wenn wir die konkreten
überbaukonstruktionen
> beiseite schieben und uns nur mit den materiellen grundlagen unserer
> existenz beschäftigen.
>
> jemehr wir die infrastrukturen als kooperative prozesse bewusst
> organisieren, hebt sich der bedarf einer übergeordneten instanz auf. und
> damit auch das leidige thema von abgaben in monetärer form, weil sie an
> bestimmte transferverhältnisse gebunden sind.
>
> ich formuliere dies so prinzipiell, weil nur derart sich perspektiven
> eröffnen für alternative gesellschaftliche konstruktionen. in diesen
thesen
> ist das geld selbst nicht wertbehaftet, und dies gilt auch in
allgemeiner
> form für unsere aktuellen verhältnisse, sondern nur temporäres
> transportmittel, das im prinzip nach tauschvollzug wieder aufgelöst
werden
> kann. z.b. wenn es beim ersten geber, und damit schuldner, wieder
ankommt.
>
> das wesentliche liegt darin, das dieses tauschmittel von jedem erzeugt
> werden kann. sei es direkt oder indirekt über eine gesellschaftliche
> verteilungsinstanz.
>
> in dem text von jörg kommt nun eine ganz andere art der philosophischen
> verwirrung zum tragen, wenn er argumentiert, daß die begrenzung der
> verteilungsdichte zu verhinderung von missbrauch und verschwendung
führt.
> entweder jörg, du hast dich mit der realität nie wirklich beschäftigt
oder
> du ignorierst sie. die sowohl quantitativen wie qualitativen
> verschwendungsformen elitär organisierter gesellschaften, sowohl
historisch
> wie aktuell, über alle bereiche von nahrungsmittelzerstörung bis
> kriegsführung, sind durch individuellen mehrverbrauch der bevölkerung an
> naturstoffen(wasser) und energie nicht im minimalsten erreichbar. dazu
> kommt, daß die natur grundsätzlich verschwenderisch und im überfluß
> operiert, sofern die bedingungen günstig sind.
>
> ein anderer aspekt ist deine zuflucht im staatsapparat mit seinen
> repressiven methoden. du musst davon ausgehen, daß hier leser lesen, die
> jegliche staatsform als gewaltapparat der eliten betrachten, so wie ich.
> deswegen diskutiere ich hierbei immer auf der ebene menschlicher
sozietäten,
> die weitestgehende subsistenz anstreben und autonom entscheiden, wie sie
> leben wollen. daß sollte unser ziel sein und nicht mittelalterlich
anmutende
> bürokratische systeme installieren zu wollen. dabei ist es im kern egal,
ob
> wir uns dabei auf die BRD oder DDR, auf die USA oder Sowjetunion
beziehen.
> im kern funktionieren und funktionierten sie alle ähnlich.
>
> mit grüßen, willi
>
>
>
> Am 13.12.2010 18:46, schrieb Joerg Drescher:
> > Hallo an alle, die geantwortet haben und alle, die es sonst
interessiert,
> >
> > erstmal danke für die kontroversen Meinungen, die ich sehr interessant
> > finde. Tatsächlich beinhaltete mein Beitrag zwei Punkte:
> > 1.) Die Gerechtigkeitsfrage beim Grundeinkommen
> > 2.) Die Frage, ob wir auch ohne Geld leben könnten
> >
> > Auf die erste Frage kann geantwortet werden, daß ein Grundeinkommen
z.B.
> > dann als ungerecht verstanden werden kann, wenn es einen bestimmten
> > Freiheitszweck verfolgt, denn jeder wird "sein Grundeinkommen" für
andere
> > Freiheiten nutzen wollen/müssen. Das heißt, daß es ungerecht wird,
wenn der
> > eine frei über den Zweck "seines Grundeinkommens" entscheiden kann und
der
> > andere bei der "freien Verwendung" durch Notwendigkeiten eingeschränkt
ist.
> >
> > Beabsichtigt man mit dem Grundeinkommen allerdings eine
> > Teilhabegerechtigkeit, ist das Grundeinkommen gerecht. Man erhält das
> > Grundeinkommen nicht für etwas, sondern weil man Teil von etwas (eines
> > Gemeinwesens) ist. Das soll ja das Attribut "bedingungslos" beim
> > Grundeinkommen ausdrücken (mir gefällt der Begriff "Staatsdividende"
> > eigentlich besser, da damit eher der Teilhabeaspekt, als der
"Bezahleffekt"
> > ausgedrückt wird).
> >
> > Mir war allerdings der zweite Punkt viel wichtiger, denn viele
Argumente
> > für/gegen ein Grundeinkommen lassen sich auf eine solche Diskussion
> > übertragen. Wer Lust hat, soll sich mal die Aussagen von Götz Werner
unter
> > folgendem Aspekt überlegen: Wozu ist in einer "Werner-Welt" eigentlich
noch
> > Geld notwendig? Gerade die Argumente von Götz Werner und sein
"Menschenbild"
> > werfen für mich immer wieder die Frage auf, wieso der Mann dann nicht
gleich
> > für die Abschaffung des Geldes plädiert. Vielleicht kann ihn das mal
jemand
> > bei Gelegenheit fragen.
> >
> > Nun auf gewisse Antworten im Einzelnen:
> > @Peter (Voss)/Boris (Behnke)
> > Ich hoffe, daß obige Aussage über die Gerechtigkeit beim
Grundeinkommen
> > geklärt ist, daß es (je nach Verständnis/Perspektive) gerecht
oderungerecht
> > sein kann.
> >
> > @Henrik (Wittenberg)
> > Ich bin ebenfalls der Meinung, daß das Grundeinkommen eine
"erzieherische
> > Funktion" hat, weshalb wohl manche auch von "emanzipatorischem BGE"
> > sprechen. Mehr bei Florian...
> >
> > @Florian (Hoffmann)
> > War ich jemals für's BGE aktiv? Soweit ich mich erinnere, ging es mir
(wenn
> > auch nicht immer ersichtlich) um die Frage, wie man den Inhalt des
Amtseids
> > (von Bundespräsident, -kanzler und -ministern) verstehen und auch
praktisch
> > umsetzen kann. Das BGE ist für mich ein interessanter Vorschlag, aber
nur
> > ein, wenn auch wichtiges Thema...
> >
> > Aber zu Deinem sonstigen Inhalt:
> > Leider scheint Dir ein Denkfehler bei Deiner Argumentation unterlaufen
zu
> > sein, als Du meintest "Wer Geld hat und Hunger, kann sich etwas zu
essen
> > kaufen. Ein Problem taucht erst auf, wenn er kein Geld hat. Dann muss
er
> > hungern." Der Denkfehler: Es taucht auch ein Problem auf (wie mir über
die
> > Sowjetunion häufig berichtet wurde), wenn man zwar Geld hat, aber es
nichts
> > zu kaufen gibt.
> >
> > Die Frage, was Geld eigentlich ist, läßt sich lange diskutieren.
Einerseits
> > nennt man es "universelles Tauschmittel", andererseits hat es
> > "Warencharakter" (z.B. bei Krediten), dann hat es noch einen
> > "Beschränkungsfunktion" (wie viel man sich nehmen darf), wirkt auf
viele
> > "motivierend" und dann wieder "steuernd". All das würde wegfallen,
wenn man
> > das Geld verbietet (was man wohl unter Strafandrohung tun müßte, da
Menschen
> > erfinderisch sind und auf andere "Geldformen" kommen - Zigaretten nach
dem
> > 2.WK, Vodka nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion). Ich persönlich
sehe die
> > "Beschränkungsfunktion" des Geldes am sinnigsten: In der Ukraine gab
es
> > keine Wasser- und Stromzähler, was zu Verschwendung dieser Ressourcen
> > führte. Seit die Leute für die KWh, bzw. den m³-H2O zahlen
müssen,wirkt das
> > Geld erzieherisch "selbstbeschränkend".
> >
> > @Manfred (Bartl)
> > Da kann ich (mal wieder) nichts hinzufügen, weil wir offenbar auf
einer
> > Wellenlänge liegen ;-)
> > Ich erlaube mir nur eine kleine Literaturempfehlung als Ergänzung
(Seite
> > 322ff.): http://tinyurl.com/37sb4zk
> >
> >
> > Viele Grüße soweit aus Kiew,
> >
> > Jörg (Drescher)
> > Projekt Jovialismus
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