[Debatte-Grundeinkommen] Warum das Grundeinkommen ungerechtist...

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mo Dez 13 18:46:54 CET 2010


Hallo an alle, die geantwortet haben und alle, die es sonst interessiert,

erstmal danke für die kontroversen Meinungen, die ich sehr interessant 
finde. Tatsächlich beinhaltete mein Beitrag zwei Punkte:
1.) Die Gerechtigkeitsfrage beim Grundeinkommen
2.) Die Frage, ob wir auch ohne Geld leben könnten

Auf die erste Frage kann geantwortet werden, daß ein Grundeinkommen z.B. 
dann als ungerecht verstanden werden kann, wenn es einen bestimmten 
Freiheitszweck verfolgt, denn jeder wird "sein Grundeinkommen" für andere 
Freiheiten nutzen wollen/müssen. Das heißt, daß es ungerecht wird, wenn der 
eine frei über den Zweck "seines Grundeinkommens" entscheiden kann und der 
andere bei der "freien Verwendung" durch Notwendigkeiten eingeschränkt ist.

Beabsichtigt man mit dem Grundeinkommen allerdings eine 
Teilhabegerechtigkeit, ist das Grundeinkommen gerecht. Man erhält das 
Grundeinkommen nicht für etwas, sondern weil man Teil von etwas (eines 
Gemeinwesens) ist. Das soll ja das Attribut "bedingungslos" beim 
Grundeinkommen ausdrücken (mir gefällt der Begriff "Staatsdividende" 
eigentlich besser, da damit eher der Teilhabeaspekt, als der "Bezahleffekt" 
ausgedrückt wird).

Mir war allerdings der zweite Punkt viel wichtiger, denn viele Argumente 
für/gegen ein Grundeinkommen lassen sich auf eine solche Diskussion 
übertragen. Wer Lust hat, soll sich mal die Aussagen von Götz Werner unter 
folgendem Aspekt überlegen: Wozu ist in einer "Werner-Welt" eigentlich noch 
Geld notwendig? Gerade die Argumente von Götz Werner und sein "Menschenbild" 
werfen für mich immer wieder die Frage auf, wieso der Mann dann nicht gleich 
für die Abschaffung des Geldes plädiert. Vielleicht kann ihn das mal jemand 
bei Gelegenheit fragen.

Nun auf gewisse Antworten im Einzelnen:
@Peter (Voss)/Boris (Behnke)
Ich hoffe, daß obige Aussage über die Gerechtigkeit beim Grundeinkommen 
geklärt ist, daß es (je nach Verständnis/Perspektive) gerecht oder ungerecht 
sein kann.

@Henrik (Wittenberg)
Ich bin ebenfalls der Meinung, daß das Grundeinkommen eine "erzieherische 
Funktion" hat, weshalb wohl manche auch von "emanzipatorischem BGE" 
sprechen. Mehr bei Florian...

@Florian (Hoffmann)
War ich jemals für's BGE aktiv? Soweit ich mich erinnere, ging es mir (wenn 
auch nicht immer ersichtlich) um die Frage, wie man den Inhalt des Amtseids 
(von Bundespräsident, -kanzler und -ministern) verstehen und auch praktisch 
umsetzen kann. Das BGE ist für mich ein interessanter Vorschlag, aber nur 
ein, wenn auch wichtiges Thema...

Aber zu Deinem sonstigen Inhalt:
Leider scheint Dir ein Denkfehler bei Deiner Argumentation unterlaufen zu 
sein, als Du meintest "Wer Geld hat und Hunger, kann sich etwas zu essen 
kaufen. Ein Problem taucht erst auf, wenn er kein Geld hat. Dann muss er 
hungern." Der Denkfehler: Es taucht auch ein Problem auf (wie mir über die 
Sowjetunion häufig berichtet wurde), wenn man zwar Geld hat, aber es nichts 
zu kaufen gibt.

Die Frage, was Geld eigentlich ist, läßt sich lange diskutieren. Einerseits 
nennt man es "universelles Tauschmittel", andererseits hat es 
"Warencharakter" (z.B. bei Krediten), dann hat es noch einen 
"Beschränkungsfunktion" (wie viel man sich nehmen darf), wirkt auf viele 
"motivierend" und dann wieder "steuernd". All das würde wegfallen, wenn man 
das Geld verbietet (was man wohl unter Strafandrohung tun müßte, da Menschen 
erfinderisch sind und auf andere "Geldformen" kommen - Zigaretten nach dem 
2.WK, Vodka nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion). Ich persönlich sehe die 
"Beschränkungsfunktion" des Geldes am sinnigsten: In der Ukraine gab es 
keine Wasser- und Stromzähler, was zu Verschwendung dieser Ressourcen 
führte. Seit die Leute für die KWh, bzw. den m³-H2O zahlen müssen, wirkt das 
Geld erzieherisch "selbstbeschränkend".

@Manfred (Bartl)
Da kann ich (mal wieder) nichts hinzufügen, weil wir offenbar auf einer 
Wellenlänge liegen ;-)
Ich erlaube mir nur eine kleine Literaturempfehlung als Ergänzung (Seite 
322ff.): http://tinyurl.com/37sb4zk


Viele Grüße soweit aus Kiew,

Jörg (Drescher)
Projekt Jovialismus



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To: "Debatte Grundeinkommen" 
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Sent: Sunday, December 12, 2010
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Warum das Grundeinkommen 
ungerechtist... 




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