[Debatte-Grundeinkommen] Warum das Grundeinkommen ungerecht ist...

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Fr Dez 10 14:02:59 CET 2010


Hallo zusammen,

es wird immer wieder gerne behauptet, daß ein Grundeinkommen (gleiche monetäre Zahlung an den Einzelnen, unabhängig seiner Verhältnisse) gerecht sei. Dem möchte ich hiermit widersprechen. Dazu muß man sich gedanklich nur zwei Personen denken, die beide "einkommenslos" sind und heute Hartz-IV beziehen:

Die erste Person wohnt bei ihren Eltern auf dem Land, ist 1,50m groß, schlank und kann kostenlos wohnen und muß aufgrund der Landwirtschaft ihrer Eltern sich nicht groß nahrungstechnisch versorgen und muss deshalb fast kein Geld für sonstiges ausgeben.

Die zweite Person wohnt in der Stadt zur Miete, ist 2m groß, vollschlank und muß Miete zahlen, kann sich nicht selbst versorgen und muß aufgrund ihres Hungers relativ viel Geld ausgeben.

Die Frage beim Grundeinkommen stellt sich: Wie viel ist (bei wem) genug?

Was mich immer wieder wundert: Weshalb schafft man Geld eigentlich nicht ganz ab, wenn der Mensch doch "so gut" sein soll, um mit einem Grundeinkommen umgehen zu können? Wäre der Mensch nicht auch in der Lage, sich nur so viel (kostenlos) zu nehmen, wie er für notwendig hält? Warum fordern die Grundeinkommensbefürworter nicht gleich, das Geld ganz abzuschaffen, statt komplizierte Diskussionen über Finanzierungsfragen zu führen und sich über die Höhe zu streiten, die (wie am obigen Beispiel gezeigt) sowieso nie gerecht sein kann. Wo ist die Konsequenz der Bedingungslosigkeit? Gemeint ist, daß man mit Grundeinkommen immer noch nur Dinge nehmen darf, wenn man etwas (das "bedingungslos erhaltene Geld") dafür gibt. Wenn man dem Menschen zutraut, mit der durch ein Grundeinkommen erweiterten Freiheit umgehen zu können, weshalb soll er dann nicht auch mit der Freiheit ohne Geld umgehen können? Letztlich scheint mir, daß die Probleme "mit bedingungslosem Grundeinkommen" die gleichen wären, wie die Abschaffung des Geldes als solches. Wo liegt der Unterschied? Die Paradigmenwechsel liegen nicht alleinig in der Trennung von (Erwerbs)Arbeit und Auskommen, sondern auch in unserem Verständnis und Verhältnis zum Geld (und zum Recht und zur Gerechtigkeit und zu unseren Werten und zum Leben insgesamt).

Viele Fragen mit einem großen Fragezeichen... Vielleicht löst sich das Problem demnächst auch ganz von selbst ;-)

Auf eine spannende Diskussion freuend,

viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)
Projekt Jovialismus
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