[Debatte-Grundeinkommen] Berechtigte Empfänger des BGE

Manfred Bartl sozial at gmail.com
So Sep 13 15:59:53 CEST 2009


Lieber Stefan!

Dein Standpunkt ist einzig und allein politik-romantisch - nur dass Du
mal klar siehst ;-)

Es fängt schon damit an, dass selbst der überzeugendste
Grundeinkommensbefürworter im Grundeinkommen nicht die Lösung, sondern
nur eine Linderung der Probleme sehen kann. Schließlich ändert das
Grundeinkommen nichts am im Hintergrund wütenden Kapitalismus!

Hinzu kommt, dass anscheinend immer noch nicht angekommen ist, dass
der Begriff "bedingungsloses Grundeinkommen" in diesem Zusammenhang
nicht für eine Geldsumme steht, deren Auszahlung man mit einem
Federstrich organisieren könnte, sondern für eine Wirtschaftsform. Und
eine Wirtschaftsform führen wir hier in Deutschland weder im Parlament
noch per Volksbegehren mal eben im Vorbeigehen ein! :-)

Hinzu kommt, dass das Eintreten für das bedingungslose Grundeinkommen
als solches vermutlich auf Symbolpolitik hinausläuft. Warum sollte man
sich mit einer solch halbgaren Lösung denn zufriedengeben, wenn man
schon dabei ist, ernsthaft gesellschaftliche Umwälzungen in die Wege
zu leiten? Meines Erachtens ist das Grundeinkommen langfristig nichts
weiter als ein Symbol zur leidenschaftlichen Darstellung dessen, dass
die Wirtschaft für alle da (und kein Selbstzweck) ist und dass in
einem Wirtschaftsraum jede/r allzeit ein Wirtschaftssubjekt sein muss.

Sobald das Bewusstsein für diese beiden grundlegenden Aspekte einer
wirtschaftenden Gesellschaft wieder in den Köpfen der Menschen
verankert werden konnte, sind wir vielleicht schon viel weiter und
streben umfassende Lösungen an - wie etwa den Sozialismus und die
restlose Abschaffung des ungesellschaftlichen Do ut des-Prinzips sowie
des Geldes.

Liebe Grüße
Manfred



2009/9/10 Stefan Kaechele <info at palmzip.de>:
> Hallo Agnes,
>
>> Ein ungeklärtes Problem des "bedingungslos" genannten
>> Grundeinkommens sind die Bedingungen bei einer partiellen Einführung.
>
> kannst du bitte noch kurz klären, was du mit -partiell- meinst?
>
> ich bin in meinem gedanken oft noch einen schritt VOR der einführung,
> und dabei, wie diese politisch überhaupt zustande kommen kann.
>
> 1.wahrscheinlichstes szenario:
> durch einen bundestagsbeschluss, ohne eine 2/3 mehrheit hinter sich.
> folge: parteipolitische abhängigkeit von höhe und dauer eines GE
> ständiges dran herumdoktern bis zum tode des GE nach ein paar jahren.
> (ich finde, dieser weg sollte auf keinen fall angestrebt werden!)
>
> 2.besseres szenario:
> bundestagsentschluss + bundesratsentschlus mit 2/3 mehrheit zur
> verankerung in der verfassung:
> folge: ein GE ist grundsätzlich und bedigungslos in der verfassung
> verankert, nur leider ist die höhe und finanzierung wieder spielball
> der parteipolitik
>
> 3.optimales aber leider z.z. unwahrscheinlichstes szenario:
> BGE durch bürgerbegehren und volksentscheid, bei ausgestaltung der
> rahmenbedingungen durch die leute, die den volksentscheid herbeirufen.
> folge: politik muss sich(ich kenne das aus der schweiz) dem
> bürgerwillen beugen und kann höchstens kosmetische kompromisse
> schliessen. dabei auch breiteste diskussion im lande über das BGE.
> (deshalb kann ich nur einem kombipaket der einführung einer
> direktdemokratie und eines BGE meine stimme geben, auch jetzt in der
> kommenden wahl natürlich.)
>
> zu deiner frage was danach in bezug auf eine berechtigung für ein GE kommt:
> ich sehe ehrlich bis jetzt auch noch keine optimale lösung.
> da die grenzen offen sind und bleiben sollen, wäre eine verknüpfung
> eines BGE an einen ständigen wohnsitz oder staatsbürgerschaft zu
> begrüssen. ich bin hier für eine art karenzfrist von z.b. 5 jahren
> für zuzügler, die in der zwischenzeit eine arbeit und einen wohnsitz
> nachweisen müssen.
> dies soll einen exodus aller benachbarten europäer nach deutschland
> vermeiden.
>
> man könnte zusätzlich auch ein greencard-system für nicht-Europäer
> einführen, um z.b. hochqualifizierte menschen in unser land zu
> bekommen, an denen es dank abschreckenender steuer- und
> bildungspolitik ja mangelt.
>
> auch wenn ich eine einführung eines BGE auf globaler ebene begrüssen
> würde, ist mein standpunkt pragmatisch und nicht politik-romantisch(wie
> wir Deutsche oft von nachbarländern wahrgenommen werden!).
> mein standpunkt ist auch nicht von diesem unreflektierten partei-
> oder ideologiegequatsche beeinträchtigt(die bösen kapitalisten und wir
> armen, hilfosen, kleinen opfer).
> d.h. wenn deutschland das BGE einführt, wird es sich einerseits
> schützen müssen und zum anderen soll es diesen enormen
> (wirtschaftlichen, solzialen und politischen vorteil) voll ausspielen!
> das wäre m.e. der schnellste weg, dass andere länder das "deutsche
> BGE-modell" nachahmen.
>
> Stefan
>
> ________________________
> Mit freundlichen Grüssen,
> Stefan Kächele
> Alter Rank 1
> 79725 Laufenburg
> mailto:info at palmzip.de




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