[Debatte-Grundeinkommen] Berechtigte Empfänger des BGE

Stefan Kaechele info at palmzip.de
Do Sep 10 11:49:45 CEST 2009


Hallo Agnes,

> Ein ungeklärtes Problem des "bedingungslos" genannten
> Grundeinkommens sind die Bedingungen bei einer partiellen Einführung.

kannst du bitte noch kurz klären, was du mit -partiell- meinst?

ich bin in meinem gedanken oft noch einen schritt VOR der einführung,
und dabei, wie diese politisch überhaupt zustande kommen kann.

1.wahrscheinlichstes szenario:
durch einen bundestagsbeschluss, ohne eine 2/3 mehrheit hinter sich.
folge: parteipolitische abhängigkeit von höhe und dauer eines GE
ständiges dran herumdoktern bis zum tode des GE nach ein paar jahren.
(ich finde, dieser weg sollte auf keinen fall angestrebt werden!)

2.besseres szenario:
bundestagsentschluss + bundesratsentschlus mit 2/3 mehrheit zur
verankerung in der verfassung:
folge: ein GE ist grundsätzlich und bedigungslos in der verfassung
verankert, nur leider ist die höhe und finanzierung wieder spielball
der parteipolitik

3.optimales aber leider z.z. unwahrscheinlichstes szenario:
BGE durch bürgerbegehren und volksentscheid, bei ausgestaltung der
rahmenbedingungen durch die leute, die den volksentscheid herbeirufen.
folge: politik muss sich(ich kenne das aus der schweiz) dem
bürgerwillen beugen und kann höchstens kosmetische kompromisse
schliessen. dabei auch breiteste diskussion im lande über das BGE.
(deshalb kann ich nur einem kombipaket der einführung einer
direktdemokratie und eines BGE meine stimme geben, auch jetzt in der
kommenden wahl natürlich.)

zu deiner frage was danach in bezug auf eine berechtigung für ein GE kommt:
ich sehe ehrlich bis jetzt auch noch keine optimale lösung.
da die grenzen offen sind und bleiben sollen, wäre eine verknüpfung
eines BGE an einen ständigen wohnsitz oder staatsbürgerschaft zu
begrüssen. ich bin hier für eine art karenzfrist von z.b. 5 jahren
für zuzügler, die in der zwischenzeit eine arbeit und einen wohnsitz
nachweisen müssen.
dies soll einen exodus aller benachbarten europäer nach deutschland
vermeiden.

man könnte zusätzlich auch ein greencard-system für nicht-Europäer
einführen, um z.b. hochqualifizierte menschen in unser land zu
bekommen, an denen es dank abschreckenender steuer- und
bildungspolitik ja mangelt.

auch wenn ich eine einführung eines BGE auf globaler ebene begrüssen
würde, ist mein standpunkt pragmatisch und nicht politik-romantisch(wie
wir Deutsche oft von nachbarländern wahrgenommen werden!).
mein standpunkt ist auch nicht von diesem unreflektierten partei-
oder ideologiegequatsche beeinträchtigt(die bösen kapitalisten und wir
armen, hilfosen, kleinen opfer).
d.h. wenn deutschland das BGE einführt, wird es sich einerseits
schützen müssen und zum anderen soll es diesen enormen
(wirtschaftlichen, solzialen und politischen vorteil) voll ausspielen!
das wäre m.e. der schnellste weg, dass andere länder das "deutsche
BGE-modell" nachahmen.

Stefan

> Da das BGE  wohl. nicht weltweit für alle in gleicher Höhe
> eingeführt wird, (was den Zeitpunkt der Einführung eines
> Grundeinkommens stark verschieben würde) muss es - zumindest vorläufige - Bedingungen geben.
> Die Frage, die da unmittelbar auftaucht, ist die der
> Anspruchsberechtigung von Personen bzgl. des Aufenthaltsortes oder
> der Mitgliedschaft einer wie auch immer bestimmten Gemeinschaft.
> Hier einige der Meinungen, die da zu hören und zu lesen sind:
> Das Grundeinkommen sollen alle bekommen,
> - die Deutsche sind. (Ich denke wir sind uns hier zumindest soweit
> einig, dass aus dieser nationalistische Grenzziehung keine Bedingung
> des Grundeinkommens herrühren  kann!)
> - die Bürger der BRD bzw. des jeweiligen das Grundeinkommen einführenden Landes sind.
> - die im Land mit dauerhaftem Wohnsitz gemeldeten sind.
> - die im Land mit dauerhaftem Wohnsitz gemeldeten und EU-Bürger sind.

> Die Idee die ich hier diskutieren möchte:
> Das Grundeinkommen sollen alle bekommen, die sich aktuell in dem Bezugsgebiet aufhalten.
> Es ist somit nicht die Staatszugehörigkeit oder der gemeldete
> dauerhafte Wohnsitz von Bedeutung.

> Einige Betrachtungen dazu: 
> - Jene, die ihren tatsächlichen dauerhaften Aufenthalt im GE-Land
> haben, haben ihn auch eben auch täglich.

> - Gerade in Kombination mit einer oft angedachten Finanzierung des
> GE durch eine MwSt scheint es die optimal passende Bedingung zu
> sein. Jene die die höhere Mehrwertsteuer zu bezahlen haben, die sich
> eben vor Ort aufhalten, brauchen auch eher  höheres Einkommen.
> Ausländer mit Aufenthalt im GE-Land werden so nicht benachteiligt.
> Urlauber im GE-Land geben meist mehr aus und trügen so zumindest
> auch wieder zur Finanzierung des BGE bei. - Bekämen sie gar kein GE,
> würde der inländische Tourismus darunter leiden. Um gegenteilige
> ökonomische Verwerfungen zu Verhindern  ist hier eventuell über ein abgeschwächtes GE nachzudenken.
> Einheimische, die außerhalb - in einem Land mit geringerer
> Mehrwertsteuer - Urlaub machen, Bedürfen m.E. eines GEs nicht. Das
> Argument, das auch Urlaub zur gesellschaftlichen Teilhabe dazu
> gehört, passt hier nicht, da die Finanzierung des Urlaubs ja auch
> aus dem GE des restlichen Jahres erfolgen kann und ein
> Ganzjahresurlaub im Ausland eben genau keine Gesellschaftliche Teilhabe mehr ist.
> Arbeitsbedingte Aufenthalte im Ausland sind aus der Wertschöpfung
> der entsprechenden Arbeit zu finanzieren.
> Unabhängig von der genauen Ausgestaltung der Bedingung zur
> Bezugsberechtigung des GE bleibt die Abgrenzung zum nicht GE-Ausland
> ein Problem. Auf die Migrationsströme hat ein GE immer Einfluss,
> wenn es nicht wirklich bedingungslos gezahlt wird. Dennoch kommt es
> darauf an, die Bedingungen so zu gestalten, dass man nicht
> zusätzlicher Zwangsmaßnahmen bedarf, um Migrationseffekte zu bewältigen.
>  
> AgneS



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