[Debatte-Grundeinkommen] Geht sozial nur national?
Agnes Schubert
Agne.s at gmx.de
Mo Okt 5 18:00:40 CEST 2009
Hallo Jörg Drescher,
> Hallo zusammen,
>
> die letzten Beiträge auf dieser Liste erwecken den Eindruck, daß "sozial nur
>
> national" möglich wäre.
Das ist die Idee des Nationalstaates, sich um das eigene Volk zu
"kümmern", wie auch um die eigene Industrie, ....
Wenn man nationalstaatlich meint, mittels Unterstützung oder Druck dafür
sorgen zu müssen, dass auch anderswo soziale Standards angehoben werden
(oder auch mal gesenkt!),
dann ist dass vorwiegend aus dem nationalstaatlichem Interesse heraus.
Was denn sonst. Nationalstaaten stehen in Konkurrenz untereinander,
heute vor allem mittels ihrer Industriepotentiale und der zugehörigen
Fitness (Bildung, ...) der Bevölkerung.
Dafür erscheinen dann Sozialmaßnahmen (auch die in anderen Ländern z.B.
EU-weit) mal mehr oder weniger zweckmäßig. So einfach ist das.
> ...
> Dabei schrieb Christopher Bodirsky im BGE-Portal, daß ein BGE eine wirkliche
> Aktion gegen rechts sei:...
>
>
Das BGE wäre vor allem eine andere Gestaltung der sozialen
Betreuung/Absicherung der Leute, weil immer mehr klar ist, dass die
Wirtschaft freiwillig dieses Ziel aus Konkurrenzgründen gar nicht tragen
kann, selbst wenn sie es wollte.
Das BGE wäre keine Sozialmaßnahme an sich. Da kommt es dann schon
entscheidend auf die Höhe an, wie es heute auch auf die Höhe und
Bedingungen anderer ankommt.
Das BGE wäre auch nicht mehr oder weniger national, als das Renten-,
Kranken- oder Arbeitslosenversicherungssystem.
> Ich möchte aus gegebenem Anlaß die Frage in den Raum stellen, ob ein BGE
> nicht Nährboden für Nationalsozialistische Ideen bietet und damit der
> vielgepriesenen Vorstellung entgegenläuft, einem neuen Menschenbild gerecht
> zu werden und die Menschenwürde Wirklichkeit werden zu lassen.
Klar, das BGE kann höchstens einen direkten Beitrag zur "Menschenwürde"
des vom BGE direkt Betroffenen leisten.
Da schafft es Freiräume. Indirekt kann ein BGE eher zur Nachahmung
führen, wie es bei anderen Umverteilungen von oben nach unten ja auch
passierte.
Die Frage, die du höchstens noch stellen kannst, ist:
Nimmt ein BGE diesseits bzgl. der Aufteilung in erste und sonstige
Welt in letzterer etwas an "Menschenwürde" weg.
> Dies auch vor dem Hintergrund eines Gesprächs mit einer Ukrainerin, ... Bestimmungen extrem verschäft
> worden). ...
>
Mittels BGE gibt es nicht mehr oder weniger Ausbeutung ausländischer
Arbeitskräfte. Wie sollte es dazu kommen?
Ausgrenzungen finden mit und ohne BGE statt. Sie werden womöglich auch
durch ein hohes BGE nötiger. Ja. In wie fern das BGE bei uns aber zu
mehr "Sklavenarbeit" anderer führen soll, ist mir ein Rätsel.
Wenn jetzt durchs BGE in DL ein Ukrainer in seiner Reisefreiheit
beschränkt wird, so ist das doch Peanuts in punkto "Menschenrechte", wo
diese Freiheit eben den Mittellosen ohnehin nicht zusteht.
So Bedingungen geschaffen werden können, die zu ausgeglicherenen
Lebensverhältnissen führen, so sit dies zu befürworten, aber nebenbei,
es ist müßig von Gewinnern der Globalisierung eine Kritik der
Globalisierung zu erwarten. Insofern müssen sich jene Verlierer Konzepte
der Finanzierung ihres BGEs überlegen, die vielleicht unsere Importgüter
verteuern.
>
> Damit soll deutlich werden, daß ein Grundeinkommen ein globales Projekt sein
>
> muß. Ich unterstelle jedem, der nur an seine "deutschen Mitmenschen" denkt,
> zwar soziale, aber gleichzeitig nationale Vorteilnahme gegenüber dem
> Menschsein an sich.
>
Ja, zu recht. Wie bei meiner Lohnforderung denke ich mit der Vision von
BGE auch zuerst an meinen Magen. (Wenn ich ein BGEchen in meiner
privaten Familie einführe, nehme ich bewusst in Kauf, dass andere
Familien dies nicht haben.)
Das schließt aber nicht aus, dass ich anderen nicht auch ein BGE gönne
und mich auch dafür einsetze, vor allem dann, wenn das BGE anderer ja
wiederum für mich Vorteile hat.
Je globaler das BGE um so besser! Aber das BGE muss hoffentlich nicht
weltweit zu gleich eingeführt werden. Ich würde es jedenfalls gerne noch
erleben.
AgneS
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