[Debatte-Grundeinkommen] Machtkonzentration, Mitleid RE: Ist Gerechtigkeit verhandelbar?

Andreas STL AndreasSTL at gmx.de
Do Nov 12 18:13:25 CET 2009


Hallo Jörg Drescher

 

Nachdem ich mich mit dem Thema „Macht im System“ beschäftigt habe, ergibt
sich für mich folgendes Bild von Gerechtigkeit im Zusammenhang mit dem BGE.

 

 

1. Ausgangslage Machtkonzentration ohne Mitleid

 

Was ist das heutige Wissen? 

 

„Deshalb wäre ein "Manifest der Gerechtigkeit" nur auf Basis unseres
heutigen Wissens möglich.“

 

In Bezug auf die Verteilungsfrage spielt weniger das Wissen die Hauptrolle,
sondern die Interessen und Interpretationen der Realität.

 

a) Die eine Interpretation

In den Hierarchien ganz nach oben kommen nur die, die ihr Mitleid
ausschalten. Helfen und Mitleid empfinden bereitet diesen Menschen
Schmerzen, Machtausübung bereitet ihnen Freude. Dunkle Triade. Damit stehen
Manager und Großaktionäre auf der Ebene von Psychopathen. Deren
Gefühlssystem ist damit im Punkt Mitleid völlig ins Gegenteil des Gesunden
verkehrt. Also völlig psychisch krank. Wenn die Chefs Psychopathen sind,
dann müsste das ganze Unternehmen sich wie ein Psychopath verhalten. Größere
Unternehmen und Konzerne erfüllen genau passend dazu nach Ansicht der
amerikanischen Linken alle Kriterien eines Psychopathen. Siehe Video The
Corporation im Kanal von BasisLinkspartei.

Ich schließe mich dem an.

 

Die Machtmittel der Psychopathen sind Geld und die Matrix.

Und über das Geld auch die Politik. Genauer : Ein zu soziales Kein Land wird
von den Kapitalisten weltweit ausgehungert, verarmt.

Hohe Machtkonzentration ist nach Wikipedia ein Anzeichen von Diktatur.

 

b) Die andere Interpretation

Natürlich kann man sich auch von der Matrix blenden lassen und das Ganze
einfach nur als Demokratie und als Segen im Vergleich zur Monarchie
bezeichnen. Ich sehe einfach nur den alten und den neuen Adel.

 

 

2. Mitleid

 

Jeder Mensch, der diesen Psychopathen ausgesetzt ist, ihnen dienen muss,
verdient Mitleid. Und ein Leben außerhalb dieses Systems. Oder ein Leben in
einem Machtfairteilungssystem, wo keiner mehr Macht hat als der andere. 

Wenn keiner mehr Macht hat als der andere, verdient bzw. braucht auch keiner
Mitleid. Keiner wird beherrscht.

 

3. BGE etc.

 

Im Kampf bzw. Machtmittelkrieg gibt es nur eine Art von Gerechtigkeit, die
Waffengleichheit.

 

Will man Menschen von der Herrschaft des Mächtigeren befreien bzw. ihnen
einen fairen Kampf ermöglichen, so muss man die Machtmittel (moderne
„Waffen“) fair verteilen.

Für das BGE bedeutet das ein Grundeinkommen in Höhe des
Durchschnittseinkommens.

 

Ansonsten bedeutet Machtfairteilung auch direkte Demokratie anstelle der
repräsentativen und Informationsfairteilung anstelle der Matrix und
Gewaltlosigkeit anstelle von Krieg.

 

„Bitte Grundeinkommen“ oder „bitte Gerechtigkeit“ wird von den
charakterschwachen Stärkeren nur als die Bettelei des Schwächeren im Kampf
betrachtet.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Andreas S.

 

 

 

  _____  

From: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
[mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] On Behalf
Of Joerg Drescher
Sent: Montag, 2. November 2009 12:36
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Ist Gerechtigkeit verhandelbar?

 

Hallo Norbert und wen's sonst noch interessiert,

 

Deine "Übersetzung" (Bitte Gerechtigkeit Einführen) finde ich prima!
Gleidfalls stimme ich zu, gemeinsam einen Gerechtigkeitsbegriff zu
entwerfen, der im Konsens von allen getragen werden kann. Vor längerer Zeit
hatte ich hierzu einmal vorgeschlagen, ein "Manifest der Gerechtigkeit" zu
schreiben, was allerdings auf keine Resonanz stieß. Vielleicht deshalb, weil
Gerechtigkeit ein Gefühl ist, das man nicht "manifestieren" kann, sondern im
jeweiligen Kontext entsteht. Aber gerade in dieser Kontextabhängigkeit sehe
ich eine Chance, da dies immer auf der (menschlichen) Fähigkeit beruht,
Gerechtigkeit zu empfinden (ein Löwe, der eine Gazelle erlegt, wird sich
kaum darum kümmern, ob das gerecht war oder nicht; andere Gazellen werden
ebenfalls nicht darüber nachdenken; aber ein Mensch kann sich die
Gerechtigkeitsfrage stellen).

 

Was ist allerdings "gerecht" und was ist dabei "verhandelbar"?

 

Nehmen wir an, daß "gerecht" eine "Rechtfertigung"
(Begründung/Argumentation) ist, so mag dies im Falle des Löwen zwar nicht
verhandelbar sein (es liegt in der Natur des Löwen, Gazellen zum eigenen
Überleben zu erlegen), doch in Fällen zwischenmenschlichen Zusammenlebens
läßt sich sehr wohl nach einer Rechtfertigung fragen: zum Beispiel. weshalb
der eine mehr haben/erhalten soll, als ein anderer. Dabei kann man auch
Beispiele konstruieren, bei denen sich Rechtfertigungen entziehen: wird der
Löwe (oder auch ein Mensch) vom Blitz erschlagen, so bleibt uns die
Begründung verborgen. Entsprechend steht "Gerechtigkeit" im Zusammenhang mit
"Sinn", der sich uns nicht immer offenbart.

 

Wissen wir vom Sinn, so kann das als "gewiss" bezeichnet werden, was
"Gerechtigkeit" ins Licht des "Gewissens" rückt. Im Fall des Löwen wird wohl
niemand ein "schlechtes Gewissen" haben, aber auch nicht im Fall eines vom
Blitz erschlagenen Menschen. In beiden Fällen spielt die Natur den "Täter".
Sind wir allerdings selbst handlungsbeteiligt, basiert ein "schlechtes
Gewissen" entweder auf der Unfähigkeit, den "Sinn" zu erfassen, oder darauf,
daß wir uns bewußt sind, daß der "Sinn" nicht gerecht(fertigt) ist. Nur muß
hierzu jemand nach der "Rechtfertigung" einer begangenen oder unterlassenen
Handlung fragen (was in manchen Fällen durch die handelnde/unterlassende
Person selbst passiert).

 

Damit wären wir bei der "Verhandelbarkeit" von "Gerechtigkeit", die im
Argumentationsaustausch besteht. So kann ein Mörder sehr wohl
glauben/fühlen, seine Tat sei "gerecht" gewesen, indem er Argumente
vorbringt, die sein Handeln (aus seiner Sicht) rechtfertigen. Dies kann
sogar soweit gehen, daß der Mörder auf keinerlei Gegenargumente eingeht, die
seine (aus seiner Sicht) gerechtfertigte Tat begründet. Es gibt in der
Geschichte auch Beispiele, die Mörder durch Mehrheitsmeinung stützen (3.
Reich, Rote Khmer...). Entsprechend gilt, daß das, was wir heute für
"gerecht(fertigt)" halten, nicht zwingend für alle Ewigkeiten als
"gerecht(fertigt)" gelten muß. Schließlich erweitern wir auch ständig unser
(Ge)Wissen. Deshalb wäre ein "Manifest der Gerechtigkeit" nur auf Basis
unseres heutigen Wissens möglich.

 

Um aber noch das Gesagte auf das Thema Grundeinkommen zu beziehen, fehlt mir
bis heute eine Rechtfertigung, weshalb ich vom Staat ein solches
Grundeinkommen für mich fordern kann. Umgekehrt ist es leichter zu
argumentieren, warum ich's jedem geben würde. Entsprechend fehlt (zumindest
mir) ein gerecht(fertigt)er Anspruch auf ein Grundeinkommen, was eben die
angefragte Verhandelbarkeit so schwierig macht. Kurz: Habe ich ein "Recht
auf Gerechtigkeit"? Daher kann BGE auch heißen: "Bitte Gerechtigkeit
Einführen"...

 

Viele Grüße aus Kiew,

 

Jörg (Drescher)

Projekt Jovialismus

http://www.iovialis.org

 

 

 

 

 

 

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