[Debatte-Grundeinkommen] Attac-Mitgliedschaft des Netzwerks
Theophil Wonneberger
the-o-phil at gmx.de
Mi Dez 9 10:14:58 CET 2009
Kurz vor der Mitgliederversammlung in Berlin:
Warum das Netzwerk Grundeinkommen Mitglied bei Attac bleiben sollte
Das Netzwerk Grundeinkommen ist zurzeit Mitglied von Attac Deutschland.
Der Sinn und Zweck dieser Mitgliedschaft wird aber von einigen
Netzwerk-Mitgliedern infrage gestellt. Aktuell hat Gisela Brunken einen
Antrag auf Austritt des Netzwerks für die bevorstehende
Mitgliederversammlung am 12. Dezember gestellt.
Die Begründung für den Austritt lautet: "a) Das Netzwerk vertritt ein
Ziel: Das BGE. Attac hat mehrere Ziele und das BGE wird nur von einem
Teil der attac-Mitglieder befürwortet. b) Manche, die mit den Zielen des
Netzwerk Grundeinkommen übereinstimmen, identifizieren sich nicht
gleichzeitig mit Zielen von attac. Im Sinne der Pluralität soll das
Netzwerk jedoch offen für verschiedene Denkrichtungen sein und sich auf
die 4 Kriterien als "gemeinsamen Nenner" beschränken."
Man könnte tatsächlich fragen: Was hat das Grundeinkommen mit
Finanzmarktkritik oder Steuergerechtigkeit zu tun? Die Ziele von Attac
sind wirklich sehr heterogen. Sie reichen von der globalen Ebene
(Einführung der Devisentransaktionssteuer) bis auf die lokale Ebene
(Verhinderung von Privatisierung von Wasserwerken). Und doch bin ich der
Ansicht, dass die Idee des Grundeinkommens vieles gemeinsam hat mit den
Zielen und mit dem Politikverständnis von Attac.
Gemeinsamkeit mit den Grundsätzen und Zielen der BGE-Idee
In der Attac-Erklärung vom 26.5.2002
http://www.attac.de/fileadmin/user_upload/bundesebene/attac-strukturen/Attac_Erklaerung.pdf
heißt es unter anderem: Attac will als Teil der außerparlamentarischen
Bewegung einen Beitrag für eine umfassende Demokratisierung der
Gesellschaft leisten. Attac streitet für eine neue
Weltwirtschaftsordnung, in der der Reichtum der Welt gerecht verteilt
und ökologisch genutzt wird. Attac setzt sich ein für ein demokratisches
und soziales Europa, das sich an den Bedürfnissen der Menschen und der
Solidarität mit den anderen Teilen der Welt orientiert, ein Niveau
sozialer Sicherung, das allen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, ein
System der solidarischen Alterssicherung. Und die Umverteilung und
Umbewertung von Erwerbs- und unbezahlter Arbeit im Rahmen der
internationalen und geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung.
Diese Punkte aus dem Attac-Programm machen deutlich: Wir können
zumindest schon einmal sehr gut Bündnispartner sein. Denn für die
Durchsetzung des Grundeinkommens spielt die internationale
Zusammenarbeit eine besondere Rolle. Im europäischen oder besser noch
weltweiten Rahmen ist die Grundeinkommensidee wesentlich besser
durchzusetzen als im nationalen Alleingang. Das wird an einigen Fragen
besonders deutlich, z. B. bei der Befürchtung, starke Zuwanderungsströme
könnten durch das Grundeinkommen ausgelöst werden, oder bei der Frage
der internationalen Steuerharmonisierung. Der von Anfang an
internationale Fokus von Attac verbindet sich sehr gut mit unseren
Interessen und Absichten.
Ähnlich strukturierte Partner können auch bei internen organisatorischen
Fragen voneinander lernen. Wir haben uns von Attac das Konsens-Prinzip
abgeschaut - gute Erfahrungen wurden damit auch in unserem Netzwerkrat
gemacht. Entscheidungen dauern manchmal etwas länger, können dann aber
besser von allen Beteiligten getragen werden - ein klarer Beitrag zur
Nachhaltigkeit. Trotz aller inhaltlichen Gemeinsamkeiten stellt sich
aber die Frage:
Warum soll ein Netzwerk Mitglied in einem Netzwerk sein?
Als ein wichtiger Bestandteil der neuen, globalisierungskritischen
Bewegung hat Attac immer mehr an Bedeutung gewonnen. Für die
internationale Zusammenarbeit mag es auch andere Partner geben, Attac
ist aber besonders breit und vielfältig. Es bot sich also an, mit Attac
den Anfang der Zusammenarbeit zu machen. Andere Kooperationen sind
willkommen, wenn die Grundlagen ebenso stimmen.
Unsere formale Struktur (Netzwerk) steht weder einer engen
Zusammenarbeit noch einer Mitgliedschaft im Attac-Netzwerk entgegen.
Attac sieht sich gerade nicht als Dachorganisation, sondern als offene
Struktur. Im Attac-Selbstverständnis
http://www.attac.de/fileadmin/user_upload/bundesebene/attac-strukturen/Attac_Selbstverstaendnis.pdf
wird zur aktiven Mitgestaltung aufgerufen. Hier einige Punkte:
*
In diesem Korridor emanzipatorischen Politikverständnisses haben
unterschiedliche Vorstellungen über Wege und Instrumente wie
dieser Konsens in praktische Politik umgesetzt werden kann, Platz.
*
Es können durchaus auch weitere Themen dazu kommen, sei es
dadurch, dass bestehende Organisationen oder Netzwerke Mitglied
bei Attac werden und dabei ihr Potential einbringen, sei es dass
aus der Mitgliedschaft heraus neue Themen aufgegriffen werden.
*
Eine gewisse Konzentration auf die ökonomischen, international
wirksamen Dimensionen der Globalisierung ist unerlässlich. (...)
Auch innerhalb des Rahmens ökonomischer Globalisierungsfragen muss
Attac Schwerpunkte bilden. (...) Diese Schwerpunkte können sich je
nach politischer Lage verändern.
*
Bei allen Themen steht für Attac die Entwicklung von Alternativen
im Vordergrund.
*
Attac trägt selbst stark Züge einer Bewegung. Durch seine
Zusammensetzung enthält es aber auch Strukturen - Gewerkschaften,
Verbände. NGOs -- die festere und auf dauerhafte Stabilität
ausgelegte Organisati-onsstrukturen aufweisen.
*
Gegenüber politischen Parteien wahrt Attac seine Eigenständigkeit
und weist Versuche parteipolitischer Instrumentalisierung oder der
Kooption durch staatliche und zwischenstaatliche Institutionen
zurück.
Unsere Vorteile als Mitglied
Attac als Plattform für kritische und alternative Konzepte kann der
Verbreitung der BGE-Idee nur nützen (einfachere Beteiligung an
Veranstaltungen, Arbeitsgruppen, Infotischen, Veröffentlichungen etc.).
Das hat sich z. B. bei der Vorstellung der Grundeinkommensidee bei
Veranstaltungen bewährt, die von Attac getragen wurden. Auch die
Erstellung der Wanderausstellung
http://www.grundeinkommen.de/die-idee/wanderausstellung zum
Grundeinkommen von Hardy Krampertz und Werner Rätz hat den Vorteil der
Zusammenarbeit gezeigt. Das Know-how von Attac wurde genutzt. Diese
Ausstellung wird nicht nur von Grundeinkommensinitiativen gezeigt,
sondern auch bei Veranstaltungen von Attac.
Mein Plädoyer für die Abstimmung auf unserer Mitgliederversammlung am
12. Dezember lautet: stimmt gegen den Austritt aus dem
globalisierungskritischen Netzwerk Attac und für die Beibehaltung einer
solidarische-kritischen Zusammenarbeit -- und Mitgliedschaft!
Theophil Wonneberger
9.12.2009
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