[Debatte-Grundeinkommen] Voraussetzungen für ein BGE- Antwort an Jörg Drescher
Michael Musil
musil at onlinehome.de
So Nov 23 14:33:03 CET 2008
Hallo Jörg,
soweit sind wir ja garnicht auseinander mit unseren Ansätzen. Ich habe
mich gefreut zu lesen, dass wir unabhängig voneinander den
energetischen Ansatz einer "Geldbewertung" entdeckt haben. Ich
definiere "Geld" als den "Anspruch des Individuums auf Gegenleistung
gegenüber der Gemeinschaft". Ich verstehe das als einen naturgegebenen
Anspruch, den ich auch nicht in Form von Scheinen oder Münzen
manifestiere. Um diesen Anspruch zu erwerben, muss in der heutigen
Gesellschaft immer erst eine Leistung vorausgeschickt werden. (Ohne
Fleiß kein Preis , Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen, Erst die
Arbeit dann der Lohn und was es da sonst noch für unchristliche Sprüche
gibt). Das mag in der Urwirtschaft noch richtig gewesen sein, aber da
gab es ja auch noch kein "Geld".
In der Arbeitsteilung lag der Grund für die Erfindung eines bequemen
Tauschmittel. Die "Bewertungsprobleme" begannen aber schon zu diesem
Zeitpunkt. Wieviele Goldstücke ist eine Kuh wert? Jetzt folgt die
lange Geschichte vom "inneren Wert des Geldes" und das Gesülze von
Angebot und Nachfrage und Marktmechanismen und was alles sonst nicht
funktioniert hat in der Geschichte. Fakt ist, dass "Geld" sehr schnell
verknüpft wurde mit Gewalt. Ob die Spanier Südamerikas Gold plünderten,
Kirchen Ablassbriefe verkauften oder Feudalisten Steuern erhoben, das
Prinzip ist immer das gleiche. Folgst du nicht, so folgt Gewalt. Das
setzt sich bis heute fort, wobei die Mittel geändert wurden.
Solange wir gesenkten Hauptes dem überlieferten und kranken "Geldbild"
der Frühzeit des Menschen folgen und damit Rückstand demonstrieren wie
er schlimmer nicht sein könnte, haben wir keine Chance aus der Falle
rauszukommen. Den Menschen mit seinen Veranlagungen können wir nicht
ändern, das System das er (oder waren es einige wenige?) sich
geschaffen hat sehr wohl.
Das "Geld" wie wir es heute kennen ist maßlos. Ein Krügerrand hat
zumindest noch einen Materialwert, ein Dollar nur noch einen
symbolischen Wert. Mit dieser Symbolik wird aber heute die Welt
geknechtet, von einer handvoll Menschen, die in meinen Augen nicht zu
denen zählen, die von Mitmenschlichkeit geprägt sind. Zum Teil wissen
sie ja nicht einmal was sie tun! Aber das System fordert ihr
Fehlverhalten.
Mein Ansatz ist an die Gedankengänge der TAXOS-Gruppe der Uni-Erlangen
angelehnt. ( newmoney at rzmail.uni-erlangen.de)
Dort geht man davon aus, das Geld als Negativsteuer in den Umlauf zu
bringen. Ich benutze für diese Form der Emission das BGE in unserem
Modell, da ich Steuern für einen Anachronismus halte. Ein Staat der
aufgabenbezogen sein Geld emittiert (Geld muss gestreut werden wie Mist
- Konfuzius-) bedarf keiner Steuererhebung. Als Regulativ sehe ich die
kumulierte Umlaufsicherung auf das Lebensende bezogen. Persönlich
gebundene zinslose Guthaben verfallen mit dem Tod. Darauf kann sich
jeder einstellen und sein Verhalten entsprechend ausrichten. Daraus
resultiert eine ökologische Wende, da der Wachstumszwang des heutigen
Geldsystems wegfällt. Einzig knapper werdende natürliche Ressourcen
sollten beregelt werden, um einen missbräuchlichen Umgang damit zu
verhindern. Das betrifft in erster Linie die fossilen Energieträger.
Desweiteren sollten schon zum heutigen Zeitpunkt Überlegungen
angestellt werden, wie auf eine auf Zukunftstechnologieen
(www.michaelsverlag.de -> Gruber-Buch) basierende ausufernde Mobilität
reagiert wird. Die Ignoranz solcher Entwicklungen wird nicht auf Dauer
bestehen bleiben. Das Schwinden der heutigen Primärenergien ist
innerhalb unser aller Erlebnishorizont sehr wahrscheinlich und verlangt
nach Lösungen. Den Rückschritt ins 19. Jh. könnten wir uns ersparen.
Was die "alten Autoren" wie Marx, Proudhon, Keynes, Smith,Gesell usw.
anbelangt, sollten wir uns das zunutze machen was diese RICHTIG erkannt
haben und den Rest einfach vergessen oder als Prosa betrachten. Sie
alle kannten die Technik des heutigen "Geldverkehrs" nicht und sind
daher nicht weiter gültig und übertragbar.
Ich lese die Beiträge in diesem Forum z.Zt. mit erheblicher Verzögerung
und werde auf nachfolgende Beiträge ggf. später eingehen.
Gruß
Michael Musil
www.tauschring-ww.de (Bürgergeldmodell mit Regiocharakter)
Am 05.11.2008 um 19:43 schrieb Joerg Drescher:
> Hallo Michael und alle interessierten!
>
> Deinen in der Anlage mitgeschickten Text habe ich überflogen. Bei der
> Frage, was Geld ist, schreibst Du, es sei ein legalisiertes
> Tauschmittel, welches auch zur Wertaufbewahrung dienen soll. Das
> scheint nur die "halbe Wahrheit" zu sein. Es dient nämlich auch der
> Wertbemessung: ähnlich, wie man Temperatur in Grad Celsius bemessen
> kann oder in Grad Fahrenheit, bemißt Geld Werte - in unterschiedlichen
> Währungen (Dollar, Euro, Pfund...). Dem wirst Du im "Kapitel: Geld ist
> maßlos" gerecht, wobei ich da anführen muß, daß seit Einstein selbst
> Maße wie Zeit und Raum von der Geschwindigkeit abhängen (wobei die
> Frage ist, was Zeit eigentlich ist, die zur Geschwindigkeitbemessung
> notwendig ist). Tatsächlich gingen Matthias Dilthey und ich von einem
> ähnlichen Ansatz aus (vgl.
> http://www.iovialis.org/counting.php?file=Dilthey-
> Modell_Auslegung.pdf) und forderten zur Bemessung von Wert eine
> Einheit, die zeitunabhängig ist - dabei bot sich Energie an.
>
> Nun aber zu Deiner Meinung, ein BGE sei nur durch Staatsemission zu
> bewerkstelligen: Was tun denn Staaten, wenn Sie Geld drucken? Problem
> an der Sache ist, daß man Geld "kaufen" kann (mit Abschlägen bei
> anderen Währungen oder mit Zinsen bei Krediten). Geld hat dann also
> doch einen Eigenwert - nämlich den des Tauschmittels (mit anderem
> Namen). Und im Prinzip hat die Welt (vor allem aufgrund der
> "Rohstoff-Währung" Dollar) eine Leitwährung, nach der sich alle
> anderen Währungen bemessen lassen (indem man sie umrechnet/umtauscht)
> - der tatsächliche, objektive Wert (in Energie) z.B. eines Rohstoffs
> ändert sich dabei nicht (ob man nun Temperatur in Grad Celsius oder
> Grad Fahrenheit angibt, die tatsächliche Temperatur bleibt die
> gleiche).
>
> Entsprechend verhält es sich bei Regionalwährungen, die eigentlich
> durch staatliche Geldemissionen realisiert sind (die Ukraine hat den
> Hryvna, Russland den Rubel, Europa teilweise den Euro...). Die
> europäische Währungsunion hatte vor allem eins zum Ziel: die
> Umrechnungs-/Umtauschkosten zu reduzieren und den innereuropäischen
> Handel zu vereinfachen. Wer heute in Spanien, Italien oder Frankreich
> Urlaub macht, ist bestimmt froh, nicht dauernd umtauschen (und
> umrechnen/umdenken) zu müssen. Das würde sich bei der Einführung von
> Regionalgeld wieder ändern - und in einer solchen Welt wollte ich
> nicht leben.
>
> Aus Deinem Aufsatz geht nur der Vorschlag hervor, das Geldwesen zu
> verstaatlichen (z.B. nach freiwirtschaftlichen Modellen). An der
> Wertentstehung und Wertbemessung (in Geld) ändert es aber nichts. Auch
> dann nicht, wenn das deutsche Volk sich eine eigene Verfassung gibt
> und diese demokratisch (nach Mehrheitsabstimmungen) legitimiert.
>
> In diesem Zusammenhang verweise ich auf folgende Texte:
> BGE-Modelle im Vergleich anhand der Wertentstehung (Vortragstext bei
> dem 12. internationalen Kongress von BIEN in Dublin):
> http://www.iovialis.org/counting.php?
> file=Wirtschaftliche_Betrachtung.pdf
> Vorschlag einer demokratisch politischen Philosophie, die im zweiten
> Teil auf Werte eingeht und auch das Problem des Mehrheitsverfahrens
> heutiger Demokratien aufzeigt:
> http://www.iovialis.org/counting.php?file=Jovialismus_Staatstheorie.pdf
>
> Im Gegensatz zu Marx muß ich nicht hunderte ätzend langweilige Seiten
> schreiben, um mir über die Wirtschaftsgrundlagen klar zu werden - aber
> vielleicht habe auch ich irgendwo einen Denkfehler ;-)
-------------- nächster Teil --------------
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