[Debatte-Grundeinkommen] [Fwd: Re: Kindergeld fuer Alle!]

Manfred Bartl sozial at gmail.com
Fr Mär 14 12:39:54 CET 2008


Hallo, Peter!

Du hast einige gute Gedanken, allerdings gehorcht Dein Denken offenbar
den entfremdeten Prinzipien der real existierenden Arbeitswelt. Zwei
Belegzitate aus Deinen Mails:

"Es ist nicht so, dass ich etwas gegen ein höheres BGE als Lohn hätte,
aber beim erstgenannten Fall habe ich meine Zweifel, ob ich für nur
100 oder 200 € mehr noch Lust hätte, mich von für mich wichtigeren
Dingen abzuwenden, um meine Zeit auf Lohnarbeit anstelle von
Eigenbeschäftigung zu verwenden. Meiner Ansicht nach muss da schon ein
bedeutender Abstand zwischen BGE und BGE und draufgesetzem Arbeitslohn
sein, damit es Spaß bringt zu jobben."

"Da muss immer noch etwas möglich sein, wenn man arbeiten und Geld
verdienen möchte, um mehr vom Leben zu haben als das bloße Dasein. Und
dass diese wohl mögliche Arbeit nicht von einem Sklavenheer verrichtet
werden soll, ohne Bezahlung und vielleicht sogar ohne Anerkennung,
muss doch jedem BGE-Anhänger am Herzen liegen."

Diese Ansprüche an eine Welt mit BGE sind unwirklich, weil in einer
Welt mit BGE noch mehr als heute zu gelten hätte, dass gefälligst
NIEMAND eine Tätigkeit anzunehmen hat, die ihr/ihm keinen Spaß macht,
geschweige denn eine, die gesamtgesellschaftlich keinen Sinn ergibt
(z.B. Tamagotchis herzustellen/ zu vermarkten/ zu verkaufen oder an
Supermarkt- oder Discounter-Kasse rumzusitzen und am Fließband Dinge
fremder Leute über einen Piepser zu ziehen), und das nur um "Geld zu
verdienen". "Geld verdienen" ist so ziemlich die sinnloseste
Tätigkeit, die man sich überhaupt vorstellen kann! Ich habe noch den
SWR3-Moderator von heute Morgen im Ohr, als er zur Höflichkeit
gegenüber Telefonvertretern aufrief - viele von denen hätten sich den
Job nicht ausgesucht! Sowas zu sagen, ist nichts weiter als eine
eindeutige Diagnose gesellschaftlichen Irrsinns - ohne es freilich als
solche wahrzunehmen.

Das BGE stellt in erster Linie ein Mittel zur Befreiung vom Unsinn des
"Geldverdienens" dar. Mittels BGE befreite Menschen suchen nicht nach
Gelegenheiten des (konsumorientierten) Geldverdienens, sondern nach
sinnvollen gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten.

Gruß
Manfred


2008/3/13 Peter Voss, Odense <vossp at tdcadsl.dk>:
> Liebe BGE-Freunde,
>
>  wenn ich mich in einem Beitrag vor einigen Tagen um die Folgen eines BGE in
>  irgend einer Höhe und gleichzeitig auch um die Preisgestaltung im Supermarkt
>  bekümmerte, dann hängt es damit zusammen, das jedwelche Bezuschussung, die
>  allgemein wirkt, sogleich ein Objekt der Spekulation wird. Wie können wir
>  das Geld abschöpfen, fragen sich sogleich alle, die eine Möglichkeit hierfür
>  haben. Gibt der Staat Zuschüsse zum Eigenheimbau, steigen die Baupreise,
>  nicht anders wird es mit den Preisen für Nahrungsmittel gehen.
>
>  Anders ausgedrückt, wenn keiner mehr auch nur Kartoffeln bezahlen kann,
>  werden die Kartoffeln auch zu niedrigen, nicht kostendeckenden Preisen
>  abgesetzt, um wenigstens etwas für sie zu erhalten. Umgekehrt wird es bei
>  der Einführung eines BGE sein, wenn plötzlich viele, die vorher weniger
>  hatten, Geld zwischen die Hände behkommen. - Wenn aber dann erwartungsgemäss
>  die Preise steigen, dann wird das BGE also entsprechend weniger wert sein.
>  Dass diese Abschöpfung versucht werden wird, daran besteht überhaupt kein
>  Zweifel.
>
>  Ich nehme an, dass dies der Gedankengang bei Götz Werner ist, wenn er den
>  Lohn gegenrechnen will, dass er damit den Wertverfall des BGE hindern
>  möchte.
>
>  Wenn das BGE steuerfrei sein sollte, dann muss das BGE als Erstattung für
>  die Gutverdiener und darüberhinaus die Reichen als der gesammter Steuerabzug
>  auf die Privateinnahmen ausreichen. Was die Einkommenssteuer danach
>  anbertrifft, wird sie wohl vom ersten Euro an erhoben werden müssen, wobei
>  man sich sehr gut einen gleich hohen Steuersatz für alle  oder schwach, aber
>  kontinuierlich steigend vorstellen kann. Entsprechende Berechnungssysteme
>  sind schon häufig vorgestellt worden. Das Konzept der Ulmer Gruppe ist zu
>  bemängeln, weil es beinhaltet, soviel ich sehen kann, dass das BGE sozusagen
>  im unteren Einkommensbereich zurückzuerstatten sei, was besonders die
>  unteren Einkommensgruppen beträfe, während die höheren Einkommensgruppen
>  dies kaum fühlen dürften.
>
>  Ich nannte auch "die Anerkennung" als sehr modern in der Diskussion
>  stehenden Bezahlung für gemeinnützige Arbeit "billigen Schiet". Sie
>  entspricht einem Stück Blech, dass man Leuten im Krieg überreichte, wenn sie
>  ein Glied verloren hatten: man kann sich nur ärgern darüber, dass man für so
>  gering erachtet wird(!), weil man glaubt einen Einsatz so gering bezahlen zu
>  können. Das ist dann die Form der wirklichen Erniedrigung.
>
>  Meiner Ansicht nach sollte jede Form der Zeitbenutzung menschlicher
>  Arbeitskraft durch irgendwelche Gemeinützlichkeitsform der öffentliche Hand
>  oder Hutdamenorganisationen mit mindestens einem Minimallohn,  entsprechen
>  dem zwischen Post und ihren Arbeitnehmern ausgehandelten, bezahlt werden
>  müsste. An diesen Formen der Arbeit herrscht kein Mangel, nur will niemand
>  dafür aufkommen. Wie ich es benannte, weil die Steuern, besonders für die,
>  die sie bezahlen könnten, gesenkt werden sollen. Sollen sie das wirklich?
>
>  Auf jeden Fall darf man keine Reziprozität zwischen notwendiger,
>  gemeinnützlicher Arbeit und einem BGE herstellen. Damit würde man auch
>  gleich die Forderung aufgeben, das BGE als Anteil des Einzelnen am
>  Nationaleinkommen anzusehen.
>
>  Das Geld für eine tarifliche Entlöhnung gemeinütziger Arbeit muss man ganz
>  natürlich über die Steuern aufbringen. Auch wenn das etwas kosten sollte:
>  wer nicht in einem geordneten Gemeinwesen leben will, kann ja dorthin
>  ziehen, wo er sich eine Wachmannschaft rund um die Uhr halten muss.
>
>  Ein geordnetes Gemeinwesen kann man aber nur dort haben, wo Menschen sich
>  beschäftigen oder in einer Weise beschäftigt sind , dass sie nicht Not
>  leiden müssen.
>  Da das BGE genau darauf abzielt, dass Menschen, die durch die Globaliserung
>  wurzellos und unbeschäftigt werden, ein teilnehmendes Leben ohne Not führen
>  können, muss man die Stellungen, die verloren gehen durch Stellungen
>  ersetzen, die zumindest minimal bezahlt werden, so dass wir nicht in der
>  Mehrzahl in einen Pauperismus auf BGE-niveua abgleiten. Da muss immer noch
>  etwas möglich sein, wenn man arbeiten und Geld verdienen möchte, um mehr vom
>  Leben zu haben als das blosse Dasein. Und das diese wohlmögliche Arbeit
>  nicht von einem Sklavenheer verrichtet werden soll, ohne Bezahlung und
>  vielleicht sogar ohne Anerkennung, muss doch jedem BGE-Anhänger am Herzen
>  liegen.
>
>
>  Mit freundlichem Gruss
>  Peter Voss
>
>
>  ----- Original Message -----
>  From: "Claus Eisgruber"
>
>
> To: Sent: Tuesday, March 11, 2008 9:54 PM
>  Subject: [Debatte-Grundeinkommen] [Fwd: Re: Kindergeld fuer Alle!]
>
>
>  > Meines Wissen das Modell von Götz Werner und auch viele andere (z.B.
>  > auch die negative tax von Milton Friedman und von Juliet Rhys-Williams
>  > <http://en.wikipedia.org/wiki/Juliet_Rhys-Williams> ) sehen wie beim
>  > Kindergeld ausdrücklich nicht vor, dass andere Einkommen also insbes.
>  > Löhne auf das BGE angerechnet werden. Das ist auch ganz wichtig so, dass
>  > Löhne nicht angerechnet werden. Andernfalls würde wie unten Hr Voss
>  > richtig ausgeführt hat, für jemanden der weniger als das BGE am
>  > Arbeitsmarkt erzielen kann, jeder monetäre Anreiz einer Beschäftigung
>  > nachzugehen, fehlen. Wir wären dann wieder bei der typischen Armutsfalle
>  > der klassischen Sozialhilfe. Wenn Löhne nicht angerechnet werden, dann
>  > ist jeder verdiente Euro unabhängig von der Höhe des BGE auch ein Euro
>  > wert.
>  >
>  > Die unten und auch in einem anderen Beitrag angeschnittene
>  > Inflations-Problematik führt meines Erachtens in die Irre. Wenn das BGE
>  > aus Steuererhöhungen oder aus der Kürzung von anderen Staatsausgaben
>  > oder Sozialleistungen finanziert werden, dann handelt es sich um eine
>  > Einkommens-Umverteilung ohne Auswirkungen auf die Inflation. Auch eine
>  > höhere Staatsverschuldung führt nicht zu Mehr Inflation, wenn die
>  > Verschuldung nicht mittels der Banknotenpresse sondern durch den Verkauf
>  > von Staatsanleihen finanziert wird. Japan hat seit Jahren ein
>  > exorbiantes Haushaltsdefizit und einen gewaltigen Schuldenberg von 120 %
>  > des Bruttosozialprodukts (bei uns etwas halb so hoch). Trotzdem gibt es
>  > in Japan seit vielen Jahren absolut keine Inflation, im Gegenteil, in
>  > den meisten Jahren sind die Preise gefallen.
>  >
>  > Gruß
>  > Claus Eisgruber
>  >



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