[Debatte-Grundeinkommen] Fw:

Peter Voss, Odense vossp at tdcadsl.dk
Fr Mär 14 14:15:18 CET 2008




> Lieber Manfred, liebe Liste.

zu Manfred Bartels untenstehenden Einwand möchte ich Folgendes ausführen:

 danke dafür, dass du mir die Gelegenheit gibst zu sehen, wie man
 missverstanden werden kann, wenn man sich nicht klar genug ausdrückt.

 Ich bin seit nunmehr 42 Jahren im Ausland und spreche deutsch nur sehr 
selten.

Also: ich bin mit Dir auf einer Linie, abgesehen von einem Punkte, nämlich 
da, wo du davon ausgehst, dass ein jeder BGE-Befürworter nur vernünftigen 
Arbeien nachgehen wird. Viele BGE-Befürworter werden auch nach einer 
Einführung noch Träume haben wie: ein Cabrio fahren, Urlaub in Dänemark 
machen, die Salzburger Festspiele oder Bayreuth, ja sogar ein noch viel 
teureres Vergnügen wie ein Konzert mit den Rolling Stones  erleben.

 Der andere Punkt ist, dass ein gegebenes BGE sich in eine schlimme Richtung 
entwickeln könnte im Spiele/Rahmen der flexiblen Anpassungen der Geldwerte 
zwischen Geldangebot und Abschöpfung, dass man gar nicht umhin kann, 
irgendeine sich bietende Arbeit anzunehmen. Und genau hier stelle ich fest, 
dass jedwelche Arbeit, also auch die nützliche wie etwa die gemeinnütze 
Arbeit mit mindestens einem Mindestlohn bezhalt werden soll, dass BGE und 
Mindestlohn zusammen etwas mehr möglich machen können sollen als nur das 
blosse Dasein zu fristen mit wurmstichigen Karotten aus eigenem Anbau.

Deshalb meine Ablehnung der Reziprozität, also der gratis Gegenleistung für
 ein BGE.

Leider wird die Arbeitswelt nicht so ohne weiteres sich selbst abschaffen.
 Wenn die Industrie Arbeitskräfte anfordert, dann wird dem Politiker das 
Knie  weich - und dann wird gedreht an den Regeln bis die 
Zwangsbewirtschaftung der Arbeitskraft in unfreien (Nicht-)Arbeits-märkten 
sich wieder einfindet wie ein Naturgesetz. Und deshalb ja auch immer wieder 
die Diskussion  darüber, wie man ein BGE einführt, langsam und sutsje, das 
es ja nicht weh tut und dann  langsam  die Sichtweisen so verändert, dass 
die Rückkehr zu unerwünschten Zuständen nicht mehr umkehrbar ist, weil sich 
das Wirtschaftsleben dann auch langsam verändern und anpassen dürfte - das 
hofft man jedenfalls. Aber der Feind des BGE ruht niemals.

Und was hat das alles mit dem Kindergeld zu tun? - Weil Kindergeld als eine 
Art BGE angesehen wird.

 Viele Grüsse / Peter Voss
>
> ----- Original Message ----- 
> From: "Manfred Bartl" <sozial at gmail.com>
> To: "Debatte Grundeinkommen" 
> <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>; "Peter Voss, Odense" 
> <vossp at tdcadsl.dk>
> Sent: Friday, March 14, 2008 12:39 PM
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] [Fwd: Re: Kindergeld fuer Alle!]
>
>
> Hallo, Peter!
>
> Du hast einige gute Gedanken, allerdings gehorcht Dein Denken offenbar
> den entfremdeten Prinzipien der real existierenden Arbeitswelt. Zwei
> Belegzitate aus Deinen Mails:
>
> "Es ist nicht so, dass ich etwas gegen ein höheres BGE als Lohn hätte,
> aber beim erstgenannten Fall habe ich meine Zweifel, ob ich für nur
> 100 oder 200 € mehr noch Lust hätte, mich von für mich wichtigeren
> Dingen abzuwenden, um meine Zeit auf Lohnarbeit anstelle von
> Eigenbeschäftigung zu verwenden. Meiner Ansicht nach muss da schon ein
> bedeutender Abstand zwischen BGE und BGE und draufgesetzem Arbeitslohn
> sein, damit es Spaß bringt zu jobben."
>
> "Da muss immer noch etwas möglich sein, wenn man arbeiten und Geld
> verdienen möchte, um mehr vom Leben zu haben als das bloße Dasein. Und
> dass diese wohl mögliche Arbeit nicht von einem Sklavenheer verrichtet
> werden soll, ohne Bezahlung und vielleicht sogar ohne Anerkennung,
> muss doch jedem BGE-Anhänger am Herzen liegen."
>
> Diese Ansprüche an eine Welt mit BGE sind unwirklich, weil in einer
> Welt mit BGE noch mehr als heute zu gelten hätte, dass gefälligst
> NIEMAND eine Tätigkeit anzunehmen hat, die ihr/ihm keinen Spaß macht,
> geschweige denn eine, die gesamtgesellschaftlich keinen Sinn ergibt
> (z.B. Tamagotchis herzustellen/ zu vermarkten/ zu verkaufen oder an
> Supermarkt- oder Discounter-Kasse rumzusitzen und am Fließband Dinge
> fremder Leute über einen Piepser zu ziehen), und das nur um "Geld zu
> verdienen". "Geld verdienen" ist so ziemlich die sinnloseste
> Tätigkeit, die man sich überhaupt vorstellen kann! Ich habe noch den
> SWR3-Moderator von heute Morgen im Ohr, als er zur Höflichkeit
> gegenüber Telefonvertretern aufrief - viele von denen hätten sich den
> Job nicht ausgesucht! Sowas zu sagen, ist nichts weiter als eine
> eindeutige Diagnose gesellschaftlichen Irrsinns - ohne es freilich als
> solche wahrzunehmen.
>
> Das BGE stellt in erster Linie ein Mittel zur Befreiung vom Unsinn des
> "Geldverdienens" dar. Mittels BGE befreite Menschen suchen nicht nach
> Gelegenheiten des (konsumorientierten) Geldverdienens, sondern nach
> sinnvollen gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten.
>
> Gruß
> Manfred
>
>
> 2008/3/13 Peter Voss, Odense <vossp at tdcadsl.dk>:
>> Liebe BGE-Freunde,
>>
>>  wenn ich mich in einem Beitrag vor einigen Tagen um die Folgen eines BGE 
>> in
>>  irgend einer Höhe und gleichzeitig auch um die Preisgestaltung im 
>> Supermarkt
>>  bekümmerte, dann hängt es damit zusammen, das jedwelche Bezuschussung, 
>> die
>>  allgemein wirkt, sogleich ein Objekt der Spekulation wird. Wie können 
>> wir
>>  das Geld abschöpfen, fragen sich sogleich alle, die eine Möglichkeit 
>> hierfür
>>  haben. Gibt der Staat Zuschüsse zum Eigenheimbau, steigen die Baupreise,
>>  nicht anders wird es mit den Preisen für Nahrungsmittel gehen.
>>
>>  Anders ausgedrückt, wenn keiner mehr auch nur Kartoffeln bezahlen kann,
>>  werden die Kartoffeln auch zu niedrigen, nicht kostendeckenden Preisen
>>  abgesetzt, um wenigstens etwas für sie zu erhalten. Umgekehrt wird es 
>> bei
>>  der Einführung eines BGE sein, wenn plötzlich viele, die vorher weniger
>>  hatten, Geld zwischen die Hände behkommen. - Wenn aber dann 
>> erwartungsgemäss
>>  die Preise steigen, dann wird das BGE also entsprechend weniger wert 
>> sein.
>>  Dass diese Abschöpfung versucht werden wird, daran besteht überhaupt 
>> kein
>>  Zweifel.
>>
>>  Ich nehme an, dass dies der Gedankengang bei Götz Werner ist, wenn er 
>> den
>>  Lohn gegenrechnen will, dass er damit den Wertverfall des BGE hindern
>>  möchte.
>>
>>  Wenn das BGE steuerfrei sein sollte, dann muss das BGE als Erstattung 
>> für
>>  die Gutverdiener und darüberhinaus die Reichen als der gesammter 
>> Steuerabzug
>>  auf die Privateinnahmen ausreichen. Was die Einkommenssteuer danach
>>  anbertrifft, wird sie wohl vom ersten Euro an erhoben werden müssen, 
>> wobei
>>  man sich sehr gut einen gleich hohen Steuersatz für alle  oder schwach, 
>> aber
>>  kontinuierlich steigend vorstellen kann. Entsprechende 
>> Berechnungssysteme
>>  sind schon häufig vorgestellt worden. Das Konzept der Ulmer Gruppe ist 
>> zu
>>  bemängeln, weil es beinhaltet, soviel ich sehen kann, dass das BGE 
>> sozusagen
>>  im unteren Einkommensbereich zurückzuerstatten sei, was besonders die
>>  unteren Einkommensgruppen beträfe, während die höheren Einkommensgruppen
>>  dies kaum fühlen dürften.
>>
>>  Ich nannte auch "die Anerkennung" als sehr modern in der Diskussion
>>  stehenden Bezahlung für gemeinnützige Arbeit "billigen Schiet". Sie
>>  entspricht einem Stück Blech, dass man Leuten im Krieg überreichte, wenn 
>> sie
>>  ein Glied verloren hatten: man kann sich nur ärgern darüber, dass man 
>> für so
>>  gering erachtet wird(!), weil man glaubt einen Einsatz so gering 
>> bezahlen zu
>>  können. Das ist dann die Form der wirklichen Erniedrigung.
>>
>>  Meiner Ansicht nach sollte jede Form der Zeitbenutzung menschlicher
>>  Arbeitskraft durch irgendwelche Gemeinützlichkeitsform der öffentliche 
>> Hand
>>  oder Hutdamenorganisationen mit mindestens einem Minimallohn, 
>> entsprechen
>>  dem zwischen Post und ihren Arbeitnehmern ausgehandelten, bezahlt werden
>>  müsste. An diesen Formen der Arbeit herrscht kein Mangel, nur will 
>> niemand
>>  dafür aufkommen. Wie ich es benannte, weil die Steuern, besonders für 
>> die,
>>  die sie bezahlen könnten, gesenkt werden sollen. Sollen sie das 
>> wirklich?
>>
>>  Auf jeden Fall darf man keine Reziprozität zwischen notwendiger,
>>  gemeinnützlicher Arbeit und einem BGE herstellen. Damit würde man auch
>>  gleich die Forderung aufgeben, das BGE als Anteil des Einzelnen am
>>  Nationaleinkommen anzusehen.
>>
>>  Das Geld für eine tarifliche Entlöhnung gemeinütziger Arbeit muss man 
>> ganz
>>  natürlich über die Steuern aufbringen. Auch wenn das etwas kosten 
>> sollte:
>>  wer nicht in einem geordneten Gemeinwesen leben will, kann ja dorthin
>>  ziehen, wo er sich eine Wachmannschaft rund um die Uhr halten muss.
>>
>>  Ein geordnetes Gemeinwesen kann man aber nur dort haben, wo Menschen 
>> sich
>>  beschäftigen oder in einer Weise beschäftigt sind , dass sie nicht Not
>>  leiden müssen.
>>  Da das BGE genau darauf abzielt, dass Menschen, die durch die 
>> Globaliserung
>>  wurzellos und unbeschäftigt werden, ein teilnehmendes Leben ohne Not 
>> führen
>>  können, muss man die Stellungen, die verloren gehen durch Stellungen
>>  ersetzen, die zumindest minimal bezahlt werden, so dass wir nicht in der
>>  Mehrzahl in einen Pauperismus auf BGE-niveua abgleiten. Da muss immer 
>> noch
>>  etwas möglich sein, wenn man arbeiten und Geld verdienen möchte, um mehr 
>> vom
>>  Leben zu haben als das blosse Dasein. Und das diese wohlmögliche Arbeit
>>  nicht von einem Sklavenheer verrichtet werden soll, ohne Bezahlung und
>>  vielleicht sogar ohne Anerkennung, muss doch jedem BGE-Anhänger am 
>> Herzen
>>  liegen.
>>
>>
>>  Mit freundlichem Gruss
>>  Peter Voss
>>
>>
>>  ----- Original Message -----
>>  From: "Claus Eisgruber"
>>
>>
>> To: Sent: Tuesday, March 11, 2008 9:54 PM
>>  Subject: [Debatte-Grundeinkommen] [Fwd: Re: Kindergeld fuer Alle!]
>>
>>
>>  > Meines Wissen das Modell von Götz Werner und auch viele andere (z.B.
>>  > auch die negative tax von Milton Friedman und von Juliet Rhys-Williams
>>  > <http://en.wikipedia.org/wiki/Juliet_Rhys-Williams> ) sehen wie beim
>>  > Kindergeld ausdrücklich nicht vor, dass andere Einkommen also insbes.
>>  > Löhne auf das BGE angerechnet werden. Das ist auch ganz wichtig so, 
>> dass
>>  > Löhne nicht angerechnet werden. Andernfalls würde wie unten Hr Voss
>>  > richtig ausgeführt hat, für jemanden der weniger als das BGE am
>>  > Arbeitsmarkt erzielen kann, jeder monetäre Anreiz einer Beschäftigung
>>  > nachzugehen, fehlen. Wir wären dann wieder bei der typischen 
>> Armutsfalle
>>  > der klassischen Sozialhilfe. Wenn Löhne nicht angerechnet werden, dann
>>  > ist jeder verdiente Euro unabhängig von der Höhe des BGE auch ein Euro
>>  > wert.
>>  >
>>  > Die unten und auch in einem anderen Beitrag angeschnittene
>>  > Inflations-Problematik führt meines Erachtens in die Irre. Wenn das 
>> BGE
>>  > aus Steuererhöhungen oder aus der Kürzung von anderen Staatsausgaben
>>  > oder Sozialleistungen finanziert werden, dann handelt es sich um eine
>>  > Einkommens-Umverteilung ohne Auswirkungen auf die Inflation. Auch eine
>>  > höhere Staatsverschuldung führt nicht zu Mehr Inflation, wenn die
>>  > Verschuldung nicht mittels der Banknotenpresse sondern durch den 
>> Verkauf
>>  > von Staatsanleihen finanziert wird. Japan hat seit Jahren ein
>>  > exorbiantes Haushaltsdefizit und einen gewaltigen Schuldenberg von 120 
>> %
>>  > des Bruttosozialprodukts (bei uns etwas halb so hoch). Trotzdem gibt 
>> es
>>  > in Japan seit vielen Jahren absolut keine Inflation, im Gegenteil, in
>>  > den meisten Jahren sind die Preise gefallen.
>>  >
>>  > Gruß
>>  > Claus Eisgruber
>>  >
>
>
>
> -- 
> Manfred Bartl
> Rheinallee 19
> 55118 Mainz
> Tel. 06131 / 371 472
> Tel. 06131 / 83 84 394
> Handy 0179 / 11 70 216
> E-Mail: sozial at gmail.com
> so-zi-al: http://myblog.de/so-zi-al/
> Das Unterschichtenblog - Armut und Arbeitslosigkeit: 
> http://hartz.blogg.de/
> http://www.linkswärts.de/
> (oder http://www.xn--linkswrts-02a.de/ für Nutzer des IE6-Browsers)
> NachDenkSeiten: http://www.nachdenkseiten.de/
> 




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