[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-Grundeinkommen] Eine Idee der Einführung von BGE ohne ein spezielles Modell

rblaschke at aol.com rblaschke at aol.com
Fr Mär 7 13:09:16 CET 2008



 Lieber Dirk, mit den Begriffen gibt es in der Tat viel Verwirrung. 



Das Netzwerk hat sich bewusst für einen Transfer entschieden, welcher ein Kriterium mehr hat als das basic income von BIEN - nämlich die Existenz- und Teilhabesicherung. Das ist der Gründungskonsens des Netzwerkes zum Grundeinkommen und auf dieser Grundlage erfolgen auch die Mitgliedserklärungen im Netzwerk Grundeinkommen.  



Zu den Transfers in Alaska und Brasilien sage ich nicht Grundeinkommen.In meinen öffemtlichen Vorträgen spreche ich in der Regel von Schrittten dahin. Namibia müsste ich mir noch mal genauer anschauen. 



Für geringe/niedrige grundeinkommensähnliche Transfers gibt es ja in der Wissenschaft übrigens den Begriff des partiellen Grundeinkommens, das kann zwar ohne sozialadministrative Bedürftigkeitsprüfung und sozialadministrativ durchgesetzten Arbeits-/Tätigkeitszwang sein, ist aber eben nicht Ex- und Teilhabesichernd (wie z. B. das Negativsteuermodell von Milton Friedmann), hat sozusagen eine Armutslücke (poverty gap), die 

1. entweder bewusst zwecks "Arbeitsanreiz" (das freundlichere Wort für Arbeitszwang per Existenznot und Teilhabausgrenzung - somit faktische Aushebelung der Bedingungslosigkeit und der Möglichkeit nein sagen zu können) bleiben soll, oder 

2. mit auf das partielle GE gesetzte bedürftigkeitsgeprüfte soziale Transfers wieder geschlossen werden soll.  



Meine Hoffnung auf ein BGE gemäß der Netzwerkkriterien  nährt sich aus der immer breiter werdenden Debatte in Europ, Deutschland und global. Auch sind selbstverständlich die Debatten über Übergangs-/Einführungsschritte sehr wichtig. Auch das Bismarcksche Sozialversicherungssystem ist nicht über Nacht eingeführt worden. 

Nur soll eben nicht alles mit Grundeinkommen etikettiert sein, was keins ist. Das wäre Schwindel und Irreführung. Haben ja schon genug versucht. Und es muss jeder/jedem klar sein, dass mit Übergangsschritten noch lange nicht die Wirkungen eines BGE erreicht werden, die überall so gut beschrieben werden. Sichert man die Übergangsschritte, z. B. bei einem partiellen Grundeinkommen mit geringer Höhe nicht mit einem Mindestlohn und weiteren sozialen Leistungen ab, wie es richtigerweise die GE-BefürworterInnen der Bündnis90/Die Grünen gemacht haben, landet man bei was ganz anderem als dem, was sich manche vom Grundeinkommen erhoffen.

Eine politische Frage ist, ob , sollte man einen Übergangsschritt mit einem niedrigen Transfer hinbekommen, der Folgeschritt  zu einem Grundeinkommen machtpolitisch durchsetzbar ist. Ich erinnere nur daran, welche schönen  Existenz und Teilhabe sichernden Grundsicherungsmodelle Bündnis 90/Die Grünen und die damalige PDS hatten, dann kam Hartz IV mit all seinen brutalen Folgen für die Betroffenen - und weit und breit ist nix zu sehen, dass politisch eine Erhöhung der Grundsicherungsleistungen dursetzbar ist.      



Herzliche Grüße, Ronald Blaschke       

PS.: Wie vertrackt die Bezeichnung bedingungslos übrigens ist, sieht man auch daran, dass, wenn man den Begriff bedingungslos ernst nimmt, ein solches eigentlich nur als ein Grundeinkommen für alle Menschen denkbar ist - eben nicxht an Bedingungen der Staatszugehörigkeit, so und so lange Wohnpflicht usw. usf gekoppelt ist. Ein solches konsequentes BGE lässt sich übrigens mit Hardt / Negri (siehe ihr Buch Empire) ableiten - BGE als ein Globales Soziales Recht neben anderen Golbalen Sozialen Rechten. Dazu gibt es im Umfeld der Gewerkschaften, attac, IG Metall Greenpeace usw. übrigens eine Diskussions-/AktionsPlattform.        





 





 



-----Ursprüngliche Mitteilung----- 

Von: Dirk Jacobi <Dirk_Jacobi at web.de>

An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de

Verschickt: Fr., 7. Mrz. 2008, 9:47

Thema:  Re: [Debatte-Grundeinkommen] Debatte-Grundeinkommen] Eine Idee der Einführung von BGE ohne ein spezielles Modell













Lieber Ronald,



ich denke nicht, dass uns Begriffshygiene hier weiterhilft.

Es ist selbstverständlich richtig, dass sich das 

Netzwerk Grundeinkommen den vier Kriterien 

verschrieben hat. Aber es ist in der Wissenschaft 

und auch in der internationalen Debatte üblich, 

unter einem bedingungslosen Grundeinkommen eine 

einheitliche Leistung für alle BürgerInnen eines 

Landes zu verstehen. Das Kriterium, dass das 

Grundeinkommen existenzsichernd sein soll, ist nicht dabei.

Du weißt ja, dass das weltweite 

Grundeinkommensnetzwerk BIEN 

http://www.etes.ucl.ac.be/bien/Index.html den 

Grundeinkommensbegriff in dieser Weise verwendet 

und das Gleiche gilt für die einschlägige 

wissenschaftliche Zeitschrift zu dem Thema "Basic 

Income Studies" http://www.bepress.com/bis/.



Deswegen sollten auch wir die Begriffe 

Grundeinkommen und bedingungsloses Grundeinkommen 

(was ja das Gleiche ist) im Netzwerk so verwenden.



Ich kann mich auch des Eindrucks nicht verwehren, 

dass es eine gespaltene Begriffsverwendung des 

Begriffs Grundeinkommen im Netzwerk selbst gibt:



Für Deutschland werden alle Konzepte, die nicht 

mit allen vier Kriterien des Neztwerks 

übereinstimmen, damit kritisiert, dass es keine 

richtigen Grundeinkommenskonzepte seien. 

Gleichzeitig werden umgesetzte Konzepte in 

anderen Länderen, die genausowenig allen vier 

Kriterien entsprechen, als Grundeinkommen 

bezeichnet. Beispiele dafür sind z.B. die 

Programme in Alaska, Sambia und Brasilien.

Entweder sagen wir nun, dass zumindest das 

Programm in Alaska ein Grundeinkommen ist oder 

wir beharren darauf, dass alle vier Kriterien des 

Netzwerks erfüllt sein müssen, um ein Programm 

als Grundeinkommen zu bezeichnen. Wenn wir 

letzteres machen, dann sind wir weit davon 

entfernt auch nur ein einziges Beispiel in der 

heutigen Welt oder der Geschichte zu haben, dass 

unsere Hoffnung auf Realisierung eines Grundeinkommens nähren könnte.



Herzliche Grüße,

Dirk









>   ----- Original Message -----

>   From: rblaschke at aol.com

>   To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de

>   Sent: Wednesday, March 05, 2008 8:53 PM

>   Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Eine Idee 

> der Einführung von BGE ohne ein spezielles Modell

>

>

>   1. Ein BGE auf Null-Niveau ist nicht mal ein Einkommen.

>

>   2. Das Netzwerk Grundeinkommen hat vier Kriterien für das Grundeinkommen.

>   a) Existenz sichernd und Teilhabe ermöglichend,

>   b) ohne Bedürftigkeitsprüfung,

>   c) individuell garantiert,

>   d) es soll kein Arbeitszwang bedeuten .

>   Siehe Gründungskonsens des Netzwerkes.

>

>   Niedrige grundeinkommensähnliche Transfers 

> erfüllen zwei Kriterien des Grundeinkommens nicht, a und d.

>   zu d) Sie zwingen aufgrund der Existenznot / 

> Teilhabeausgrenzung zur Erwerbsarbeit.

>

>   Man kann nun über alle möglichen 

> Einstiegskonzepte zum BGE diskutieren - im 

> nationalen, europäischen und globalen Kontext, 

> sollte dann aber nicht - wenn sie die Kriterien 

> nicht erfüllen - von einem BGE sprechen, 

> sondern von partiellen GE, von einer 

> Grundsicherung usw. usf., wie in der 

> Wissenschaft üblich. Allerdings sind dann bei 

> diesen Einstiegskonzepten ganz andere Wirkungen 

> zu erwarten als die mit dem BGE verbunden 

> werden. Und diese Wirkungen sind von weiteren 

> Rahmenbedingungen abhängig, daher die vielen 

> Diskussionen um "weitere" Konzepte, denen man natürlich nicht zustimmen muss.

>

>   Beste Grüße, Ronald Blaschke

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