[Debatte-Grundeinkommen] Horst Köhler und die Freiheit

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Sa Jan 5 17:40:55 CET 2008


Hallo zusammen,

in der FAZ gibt's ein Interview mit Horst Köhler, Bundespräsident, in dem er meint: "Ungleichheit gehört zur Freiheit" (so die Überschrift). Der ganze Text:
http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E053F20601F534085B2A5C1546BACE7B6~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed

Er äußerte sich auch zum Grundeinkommen, das er folgendermaßen als bedingungslose Zahlung ablehnt:

"Fördern und Fordern müssen zusammenbleiben. Ich halte es deshalb nicht für richtig, ein Grundeinkommen ohne Bedingungen zu garantieren. Der Staat hat ja auch nicht die Verfügungsgewalt über die Arbeitsplätze. Nach meiner Vorstellung geht es um einen Staat, der seinen Bürgern so viel Freiheit gibt wie möglich, aber auch so viel Sicherheit wie nötig. Das ist ein Staat, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert - sozialen Ausgleich, Bildung und Kultur, innere und äußere Sicherheit."

Schaue ich mir alle Aussagen von Köhler an, bekomme ich den leichten Eindruck, daß er sich irgendwie widerspricht und nichts konkretes sagt. Es wird (mir zumindest) nicht klar, was er mit "Ungleichheit gehört zur Freiheit" meint. Heißt das, daß Ungleichheit eine Bedingung für Freiheit ist oder ein Teil derselben? Außerdem komme ich nicht dahinter, was er unter "Freiheit" versteht. Meint er die Unabhängigkeit und die Zwanglosigkeit? Dann paßt es nicht zur Ablehnung der Bedingungslosigkeit beim Grundeinkommen. Oder meint er die Schaffung von Möglichkeiten? Wie ist diese Freiheit dann mit der Sicherheit vereinbar, wenn kein Grundeinkommen vorhanden ist?

Köhler offenbart seine Staatsvorstellung. Soweit ich mal gelesen habe, sprach Kant von positiver und negativer Freiheit... Vielleicht kann jemand weiter helfen und mir schlüssig erklären, was Köhler da von sich gegeben hat. Ich würde gerne die Staatsvorstellung des obersten Repräsentanten dieses Staates verstehen. War er nicht mit Götz Werner in Brasilien?

Schade eigentlich, daß man sich über solche Begrifflichkeiten Gedanken machen muß, denn schließlich bilden "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" seit mind. der franz. Revolution die Grundwerte einer "modernen" Gesellschaft und dafür floß sehr, sehr viel Blut. Halten wir dies heute wirklich für so selbstverständlich, ohne zu wissen, was dahinter steckt? Wenn Freiheit ohne Inhalt ist und nur zum leeren Schlagwort verkommt, was bringt dieses Wort dann?

Danke für Antworten und viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)
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