[Debatte-Grundeinkommen] Konzept Grundeinkommen

Enrico Weigelt weigelt at metux.de
So Aug 17 02:30:39 CEST 2008


* Viktor Panic <viktor.panic at gmx.de> schrieb:

Hi,

> Meiner Meinung nach muss die Krankenversicherung verpflichtend sein!

Ich könnte mich damit anfreunden, wenn es keine staatliche sein
muß und auch keine Monopole geben darf.

Mal ein Gesetzesvorschlag zum BGE:

Absatz 1: Bezugsberechtigung

    1. Berechtigt ist jeder dauerhaft im Inland lebende Deutsche 
       Staatsbürger sowie Ausländer mit dauerhafter Aufenthalts-
       und Arbeitsgenehmigung, der seine Steuern im Inland entrichtet.
       Zwischenstaatliche Abkommen zur Bewegungs-/Aufenthaltsfreiheit
       allein berechtigen nicht zum Bezug des BGE.

    2. Von der Berechtigung ausgenommen sind Bürger, die von einem
       anderen Staat ein BGE beziehen.
       
    3. BGE-Bezieher müßen spätestens ab der dritten Monatsrate
       eine Krankenversicherung vorweisen können, die den gesetzlichen
       Mindestanforderungen genügt. Eine Kombination aus verschiedenen
       Absicherungen ist statthaft.
       
Absatz 2: Bemesssung
    
    ... (noch zu definieren) ...
    
Absatz 3: Abwicklung und Auszahlung

    1. Für die Abwicklung gegenüber dem Bürger sind die Kommunen
       zuständig. Näheres regelt das Landesrecht.
       
    2. Solang der Landesgesetzgeber kein eigenes Gesetz erlassen hat, 
       gelten die Regelungen in Absatz 4. 
       
Absatz 4: Standardregelung zu Abwicklung und Auszahlung

    ... (noch zu definieren) ...

> Die Begründung liefere ich gleich, möchte vorher jedoch darauf hinweisen, 
> dass es aus Sicht des Bürgers völlig gleichgültig ist, ob der Staat den 
> dazu notwendigen Betrag zunächst auszahlt, mit der Verpflichtung, ihn 
> für eine Versicherung aufzuwenden, oder ihn direkt an die betreffende 
> Versicherung leistet.

Nur für den der keine Steuern zahlt ;-O

> Ob es dann verschiedene Versicherer gibt oder nur noch einen, stellt 
> kein Problem dar. 

Wichtig ist, daß es Wettbewerb gibt, sonst werden Preise diktiert und
der Bürokratiemoloch treibt die Kosten in die Höhe.

> Warum wird Bismarck für die Einführung der Sozialversicherungen geehrt?

Weil er damit das Kaiserreich vor der Revolution gerettet hat.

> Ich gebe ja zu, dass ich mich nicht besonders mit dieser Epoche auskenne, 
> aber es war doch wohl so, dass sich zuvor die meisten Arbeit(nehm)ern 
> keine Vorsorge leisten konnten, egal ob für Krankheit, Arbeitslosigkeit 
> oder Alter.

Man hätte auch genauso gut ein BGE einführen können. Aber das
hätte die Macht der herrschenden Eliten geschwächt, und das würde
es auch heute noch tun.

> Durch die verpflichtenden Beiträge wurden die Arbeitgeber gezwungen, 
> höhere Löhne zu zahlen, 

Aber nur einmalig. In den späteren Tarifentwicklungen hat sich das 
dann wieder ausgeglichen. An Stelle des Taschenspielertricks hätte 
man auch einfach die Löhne um diesen Betrag/Prozentsatz erhöhen
bzw. Mindestlöhne einführen können. Wäre aber in Zeiten des
Aufstrebenden Kapitalismus etwas zu gewagt gewesen.

Heute könnte man diesen Rechnugstrick auch wieder so rückgängig
machen, daß die Salden für alle drei Parteien gleich bleiben.
Das wird aber vom Beamtenstaat boykottiert, weil sonst auch dem 
dümmsten auffiele, wie teuer die GKV wirklich ist.

> Daraus lässt sich schließen, dass auch heute, wenn man den Menschen 
> die freie Entscheidung ließe, ob sie sich versichern wollen, einige 
> sich dagegen entscheiden würden, 

Völlig falsche Vorraussetzung: diese "freie Entscheidung" gab es 
für die meisten Bürger niemals. Mit dem BGE würd das erstmalig
grundlegend anders.

> und die Arbeitgeber würden dies ausnutzen, um die Löhne zu senken, 

Warum meinst Du, daß die Arbeitskräfte deshalb auf einmal 
billiger werden ?

> was wiederum diejenigen Arbeitnehmer, welche versichert wären, 
> finanziell in Probleme bringen würde, und manche von denen würden 
> darauf ebenfalls verzichten, Teufelskreis.

BGE vergessen ?

> Andererseits haben nicht alle Arbeitnehmer dasselbe Risiko, krank, 
> arbeitslos oder alt zu werden, sie würden also jeweils aus derjenigen 
> Versicherung austreten, die sich für sie persönlich nicht lohnt, 
> und die Verbleibenden hätten ein höheres Risiko, welches sich in 
> steigenden Beiträgen niederschlagen würde, wodurch die Versicherungen 
> für weitere Personen unattraktiv würden, die dann darauf verzichten 
> würden, Teufelskreis.

Moment mal! 
Eine (echte!) Versicherung ist keine soziale Einrichtung, sondern ein
Finanzprodukt zum Abfedern von Einzelrisiken über einen großen Fond.
Damit die Versicherungen nicht mehr funktionieren, müßten sie schon
den größten Teil ihrer Mitglieder verlieren. Gesamtwirtschaftlich
laufen dem aber Konsolidierungsprozesse entgegen.

> Zur Kostenfrage: Meiner Meinung nach hat die bisherige gesetzliche 
> Krankenversicherung das Problem, dass nur Arbeitnehmer dazu verpflichtet

Nein, das Problem ist, daß zwei völlig diametrale Interessen, nämlich
Versicherng vs. soziale Umlage in einer Einrichtung vermengt werden. 
Ganz klar, daß das nicht sauber läuft. Deshalb propagiere ich ja auch
die Auftrennung:

a) Versicherung: 	privatwirtschaftlich (kommerziell, nonprofit, ...)
b) Soziales:		BGE

> sind, jedoch wird die Entscheidung über deren Leistungen demokratisch gefällt,

Demokratisch ?!
Hui, Deine Drogen will ich auch haben ;-o

> (Der Arbeitgeber-Anteil bezieht sich ja auch bloß auf den Arbeitslohn 
> des Arbeitnehmers, kommt diesem zugute, und ist daher als Teil des 
> Arbeitslohns anzusehen.) 

Glückwunsch zu dieser Erkenntnis. Damit bist Du schon um Lichtjahre weiter
als die Masse von Anhängern der Regierungspartei.

> Ind Uferlose gestiegen sind die Beiträge dennoch nicht.

Keine Sorge, das wird gerade nachgeholt.

> Ich bin aber der Auffassung: Wenn die gesamte Bevölkerung zur Krankenversicherung 
> verpflichtet ist, werden die Politiker stärker motiviert sein, die Kosten zu 
> begrenzen, als dies heute der Fall ist!

Na dann bin ich ja sehr beruhig, daß es diese Zwangsversicherung nie 
geben wird ;-P (merkste was ?)

> Übrigens möchte ich noch darauf hinweisen, dass das Krankheitsrisiko besonders 
> stark vom Alter abhängt. Ich habe den Eindruck, das mancher das übersieht!

Nein, das ist völlig logisch. Deshalb gibts ja in der PKV auch die 
Altersrückstellungen. Wenn sich das BGE aber auch an der PKV-Tarifgruppe
bemißt, dann wird die noch nichtmal benötigt. Bei den Leuten mit 
Altverträgen ohne ausreichende Rückstellung müßte man das ja
ohnehin tun.

> PS:
> Ich befürworte ein Althaus-ähnliches Modell, in dem ebenfalls eine 
> Krankenversicherungs-Prämie Teil des Bürgergelds/Grundeinkommens ist.

Auf alle Fälle, denn die Krankenversicherung (genauer gesagt: eine
ordentliche medizinische Versorgung) ist ein essentieller Bestandteil
des Lebensunterhalts. Genau den soll ja das BGE sicherstellen.


cu
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