[Debatte-Grundeinkommen] Konzept Grundeinkommen

Viktor Panic viktor.panic at gmx.de
Fr Aug 15 15:34:14 CEST 2008


Hallo!
Zu Anke's Modell:

>Existenzsicherung
>Gestaffeltes Grundeinkommen für jede/n
>Alter 0 – 15	400 €	steuerfreies Kindergeld
>Alter 16 – 21 	500 €	steuerfreies Ausbildungsgeld (Ausbildung/Abitur)
>Alter ab 22	690 €	brutto 1150 €, 690 € Steuer (40 %)
>ggf. Rente ab 65	900 €	steuerfreie Altersrente
Gegen eine Staffelung nach Alter ist ja prinzipiell nichts zu sagen. Wenn der Bedarf vom Alter abhängt, warum nicht?
Dennoch wundere ich mich darüber, wieso bei der Diskussion um das Grundeinkommen ständig davon die Rede ist, das Grundeinkommen für Kinder solle niedriger sein als das für Erwachsene!?
Denn tatsächlich würde dies eine Umkehrung der heutigen Situation bedeuten, da heute für Kinder und Jugendliche Kindergeld gezahlt wird - unter 18 sogar bedingungslos, also eigentlich schon heute ein Kinder-Grundeinkommen, wenngleich nicht in existenzsichernder Höhe! - für Erwachsene dagegen nichts. Ist es tatsächlich nötig, dies völlig umzukehren? Für Erwachsene mehr zu zahlen als für Kinder?
Außerdem benötigen Kinder Betreuung und Erziehung. Man sollte dies ebenfalls als Teil ihres Existenzminimums sehen. Die Politik ist derzeit dabei, für eine angemessene Entschädigung von Betreuungs- und Erziehungs-Leistung zu sorgen. Ich glaube daher nicht, dass der Bedarf von Kindern und Jugendlichen geringer als der von Erwachsenen ist.
Zur Altersrente:
Angenommen, jemand hat sein ganzes Leben nicht gearbeitet, warum auch immer.
Warum sollte er ab einem bestimmten Alter plötzlich mehr Geld erhalten?
Lediglich die Gesundheitskosten steigen mit dem Alter, aber die werden ja solidarisch finanziert.
Für Menschen, die im Laufe ihres Lebens zwangsweise oder freiwillig Renten-Beiträge gezahlt haben, kämen selbstverständlich dementsprechende Erträge hinzu. Steuerlich gesehen, müssen entweder die Beiträge aus versteuertem Einkommen stammen oder die Auszahlungen versteuert werden, da gibt es überhaupt keine Frage.
(Bei der Rentenbesteuerungs-Diskussion der vergangenen Jahre liegt das Problem darin, dass jedem Erwerbstätigen ein Vorsorge-Steuerfreibetrag gewährt wurde, unabhängig davon, ob und wieviel Altersvorsorge stattfand, so dass nicht eindeutig definiert ist, ob Rentenversicherungs-Beiträge denn nun aus versteuertem oder unversteuertem Einkommen stammten.)

>Jährliche Berechnung der Grundbedarfsinflation (Preissteigerung der Produkte des täglichen Bedarfs). 
>Das Grundeinkommen wird jährlich um diese Inflationsrate erhöht
Ich habe bereits geschrieben, dass ich die Erhöhung des Grundeinkommens um die Inflationsrate für riskant halte, weil die korrekte Berechnung der Inflation umstritten ist.
Das Grundeinkommen sollte prozentual an das Durchschnittseinkommen (bzw. BIP-pro-Kopf) gekoppelt werden (wobei ich mit Einkommen Erwerbseinkommen meine).
Der Prozentsatz selbst könnte demokratisch reguliert werden, das traue ich den Bürgern zu. Denn wie ich bereits einmal dargelegt habe, wäre die Mehrheit der Bevölkerung Netto-Empfänger, da mein Modell als Finanzausgleich-System funktioniert, und in einem solchen ist jeder, der unterdurchschnittliches Erwerbseinkommen erzielt, Netto-Empfänger ist und umgekehrt. Daher hätte die Mehrheit ein Interesse an einem möglichst hohen Grundeinkommen. Andererseits wäre allen klar, dass ein zu hohes Grundeinkommen der Wirtschaft schaden würde, was zu einem Rückgang des Grundeinkommens führen würde. Daher würde sich der Prozentsatz auf ein gesundes Niveau einpendeln.

>Altersrente: ab 65 kann Rente beantragt werden. Diese beträgt steuerfrei 900 €, dafür darf nichts 
>mehr dazu verdient werden. Kann jederzeit wieder rückgängig gemacht (Grundeinkommen plus 
>Verdienst) und später neu beantragt werden
Hast Du eigentlich etwas gegen Altersteilzeit? Naja, Dein Vorschlag ermöglicht ja immerhin eine Art Job-Rotation.
Im Gegensatz zur Krankenversicherung befürworte ich bei der Rente die Freiwilligkeit von Beiträgen.
Das Existenzminimum wäre ja in Höhe des allgemeinen Grundeinkommens sowieso gewährleistet.
Jeder, der zusätzlich zum GE erwerbstätig ist, wird ein Interesse daran haben, im Alter nicht abzusinken, viele werden dies jedoch nicht in Form einer Rente tun wollen, sondern in einer Form, die sie an ihre Nachkommen vererben können.
Freiwillige Altersvorsorge könnte beispielsweise in Form eines Renten-Kontos geschehen, das verzinst wird, und das man jederzeit vollständig oder teilweise in eine monatliche Rente umwandeln könnte, deren Höhe vom aktuellen Alter (Lebenserwartung) abhängig wäre. Jemand, der dann in Altersteilzeit gehen wollte, könnte also zum Beispiel die Hälfte seines Rentenkontos in eine Rente umwandeln, während die andere Hälfte durch sein steigendes Alter noch veredelt würde.
Übrigens hätte der Staat auch keinen Grund, die direkte Auszahlung des Rentenkontos zu verbieten.

>Gesetzliche Krankenversicherung besteht für jede/n Bundesbürger ohne Ausnahme
ok

>Arbeit
>Arbeitgeber zahlen Lohn und Krankenkassenbeiträge inkl. Pflegeversicherung (17 % des Bruttolohns). 
Arbeitgeberbeiträge sind eine Illusion, es handelt sich dabei in Wahrheit um verkappten Arbeitslohn.
>Keine weiteren Lohnnebenkosten. 
>Mindeststundenlohn für alle Tätigkeiten 10 €, ggf. Subventionszahlungen an Firmen, für die 10 € nicht 
>tragbar ist.
Da macht dann die Sache mit den Arbeitgeberbeiträgen wieder Sinn, wenn der Lohn nach unten begrenzt wird. Aber ein Mindestlohn wird von den meisten Grundeinkommens-Befürwortern abgelehnt, er widerspricht dem Prinzip der freien Entscheidung. Ich befürworte einen Mindestlohn nur angesichts des heutigen Arbeitszwangs ("Jeder Job ist zumutbar"), d.h. ich meine, dass man Alg-II-Beziehern nicht jede beliebig schlecht bezahlte Arbeit zumuten darf. Selbstverständlich halte ich Arbeitszwang ohnehin für unmenschlich.

>Höchststundenlohn 100 €. Höhere Stundenlöhne sind möglich, heißen dann aber Prämienlohn. 
>Prämienlöhne werden mit 60 % besteuert.
Wie willst Du den Stundenlohn von Politikern, Sportlern oder Künstlern berechnen?
Wie sollen Kapitalerträge besteuert werden?
Das System sollte schon auf alle Erwerbstätigen anwendbar sein, nicht nur auf Arbeitnehmer!

>Jobs für jede/n: (gilt für Betriebe mit 10 oder mehr Mitarbeitern)
>alle Stellen für ungelernte Tätigkeiten müssen zu 10 % in flexibler Teilzeit besetzt werden, entweder 1, 
>2, 3 oder 4 Tage pro Woche oder 3, 4, 5, 6 oder 7 Std. pro Tag. Dadurch wird eine von 10 Stellen mit 
>mind. zwei Personen belegt.
>alle anderen Stellen müssen zu 10 % als halbe Stellen oder in flexibler Teilzeit angeboten werden
Zu viele willkürliche Festlegungen.
Im Übrigen gibt es schon jetzt deutlich mehr Teilzeit-Jobs, es gäbe wohl keine nennenswerten Auswirkungen.

>Schwarzarbeit: 
>illegal beschäftigte Arbeitnehmer müssen Wiedergutmachung leisten. Sie können wählen zwischen 
>Geldstrafe und/oder gemeinnütziger Arbeit
>Arbeitgeber zahlen ein Jahr lang 50% mehr Krankenkassenbeiträge für alle Beschäftigten. Zusätzlich 
>zahlen sie rückwirkend für jeden illegal beschäftigten Arbeitnehmer für ein Jahr 
>Krankenkassenbeiträge, ebenfalls um 50% erhöht.
Ich bin ja der festen Überzeugung, dass die Schwarzarbeit nach Einführung des Grundeinkommens verschwinden würde, da sie Ausdruck eines ungerechten Systems ist. Strafen müssten natürlich trotzdem festgelegt sein, Regeln funktionieren nur, wenn Strafen ihre Durchsetzung garantieren, jedoch solltest Du daran nicht so viele Gedanken verschwenden.

>Abschaffung von Zeitarbeitsfirmen. Diese Aufgabe übernimmt das Arbeitsamt
Firmen abzuschaffen ist so eine Sache, das geht nicht so einfach. Die Frage ist, ob sie noch einen Zweck erfüllen würden. Wenn nicht, werden sie von selbst verschwinden.

>Steuern
>Einkommensteuer
>Ab 22 Jahren zahlt jede/r 40 % Steuern auf sein bzw. ihr Einkommen inkl. Grundeinkommen. Ohne 
>weitere Abzüge, ohne Freibeträge. 
Nette Idee. Steuern zahlt man also erst ab 22.
Fändest Du es richtig, wenn Reiche den überflüssigen Teil ihres Vermögens gleich nach der Geburt auf ihre Kinder übertragen, damit er sich steuerfrei verdreifachen kann?
Aber ich denke, diese Debatten-Liste ist auch dafür da, solche Ideen mal zur Diskussion zu stellen.

>Rentner zahlen keine Steuer.
Meinst Du grundsätzlich oder nur steuerfreie Renten?
Falls letzteres, siehe meinen obigen Kommentar.
Ersteres wäre jedoch Blödsinn. Du verbietest ja Rentnern die Arbeit, das ist dann gewissermaßen logisch, aber was ist zum Beispiel, wenn jemand Kapitalerträge hat (Sparzinsen). Was ist mit Kursgewinnen an der Börse? Da diese erst beim Verkauf eines Wertpapiers bestimmt werden, handelt es sich um kumulierte Gewinne über einen langen Zeitraum.
Ich habe kein Problem damit, dass Renten besteuert werden, wenn die Beiträge aus unversteuertem Einkommen stammen. Problematisch ist heute [siehe oben] sowie die Tatsache, dass viele Rentner nur ein niedriges Einkommen beziehen, weil sie außer den Zwangsbeiträgen nicht fürs Alter vorgesorgt haben (weil sie es nicht konnten) und daher, wie jeder Bürger mit niedrigem Einkommen, unter der Konkavität der Brutto-Netto-Kurve leiden.
[Ich habe letztens eine Grafik dazu verschickt, kann jeder bei Interesse anfordern.]

> Mehrwertsteuer (nur als Beispiel, muss noch genau berechnet werden)
> 0 % auf 100 % ökologisch angebaute Lebensmittel
> 5 % auf Lebensmittel, Schreibwaren und Bücher
> 10 % auf Kleidung, Strom und Gas
> 20 % auf Lebensmittel, die Zucker, Farb- oder Konservierungsstoffe enthalten
> 25 % auf alles andere
> +20 % auf alle Produkte, die nicht zu mindestens 90 % in Deutschland produziert wurden (Rohstoffe, 
> die nach Deutschland importiert werden müssen, sind ausgenommen), auch auf Lebensmittel, Bücher, 
> Kleidung etc.
Differenzierte Verbrauch-Steuern sind legitim, aber ich finde, das gehört nicht in ein Grundeinkommens-Konzept.
Zurzeit bin ich der Meinung, die EU sollte auf Gas und Öl eine hohe Ökosteuer einführen, um die Abhängigkeit von Russland zu brechen. Das würde zum Sparen anregen und den Weltmarktpreis einbrechen lassen. Und dabei habe ich auch russische Vorfahren!
Was zum Beispiel Deine ökologischen Lebensmittel angeht: Es ist Sache der Politik/Demokratie zu entscheiden, welche Produkte/Dienstleistungen steuerlich gefördert werden sollten.
Ausländische Produkte zu benachteiligen widerspricht EU-Recht! Allerdings ist es legal, den Import von Produkten, die in Deutschland einer hohen Verbrauchsteuer unterliegen, entsprechend zu verzollen. (Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das jetzt korrekt formuliert habe.)

>Krankenkassen und Krankengeld
>Die Krankenkasse wird durch die von den Arbeitgebern gezahlten Beiträge finanziert.
>Alle gesetzlichen Krankenkassen werden zu einer zusammengefasst, die eine umfassende 
>medizinische Grundversorgung sicherstellt und angemessene Präventionsmaßnahmen anbietet.
>Lohnempfänger, die krank sind, bekommen Krankengeld (Arbeitsstunden/Tag * 5 €)
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall kommt von der Krankenkasse, nicht vom Arbeitgeber! Da stimme ich Dir zu. Die Höhe sollte jedoch vom Einkommen abhängen, schließlich werden dementsprechende Beiträge (nach Deinem Modell) bzw. Steuern (nach meinem Modell) gezahlt. Und sie sollten sich schlicht nach Krankheitstagen richten. Das erfordert aber eine strenge Kontrolle der Ärzte, damit die Krankenkasse nicht geschröpft wird, die Arbeitgeber würde es ja nicht mehr kümmern.

Zdravstvujtje!

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