[Debatte-Grundeinkommen] Strafrecht für Maschinen
Joerg Drescher
iovialis at gmx.de
Fr Aug 1 18:03:47 CEST 2008
Hallo zusammen,
auf Spiegel-Online gibt es ein Interview mit Andreas Matthias (Philosoph,
Biologe und Dozent für Programmierung) über die Haftbarkeit von Maschinen.
Darin heißt es, dass Maschinen immer mehr selbstverantwortlich handeln und
aus diesem Grund auch Strafen entgegennehmen müssen.
Herr Matthias meint in dem Interview über die Arbeit: "Menschen werden heute
in ihrer Arbeit immer mehr reduziert auf ihre Funktion. Ob als Busfahrer
oder Pilot, es geht nicht mehr darum, als Mensch präsent zu sein, sondern
ums Funktionieren. Wir wollen zum Beispiel nicht, dass ein Pilot uns zuwinkt
oder sagt, ob er glücklich ist - er soll uns von A nach B fliegen.
Eigentlich ist er nur eine Erweiterung der Maschine Flugzeug. Im Bus rufen
wir dem Fahrer nicht zu, dass wir aussteigen wollen, sondern drücken einen
Knopf. Da ist es nur ein kleiner Schritt zum Autopiloten."
Er spricht weiter folgende Idee als Schadensersatzforderung an: "Sie [die
Maschine] könnte für angerichtetes Unheil selbst aufkommen. Sie produziert
ja als Arbeitnehmer einen Wert - ein Teil davon könnte an eine Versicherung
fließen, die Schäden begleicht."
Dies entspricht etwa der Produktionsbesteuerung (Sozialumsatzsteuer), wie
sie von Matthias Dilthey in seinem Modell vorgeschlagen wird und von mir in
meinem ersten Buch angedacht war (siehe auch mein Vortragstext über die
Finanzierungsmöglichkeiten für Dublin auf deutsch). Der angerichtete Schaden
von Maschinen führt unter anderem zu Arbeitslosigkeit und damit verbunden zu
Einkommensverlusten - entsprechend sollte aus der genannten Wertschöpfung
(wie Herr Matthias meint) eine Entschädigung bezahlt werden. Aus meiner
Sicht: ein Grundeinkommen.
Schon Aristoteles meinte (so jedenfalls in dem Text von R.A.Wilson aus den
1980er Jahren zum Grundeinkommen), dass der Mensch dann aus der Sklaverei
entlassen werden könnte, wenn Maschinen gebaut würden, die sich selbst
bedienen. Der Spiegel-Online-Artikel beschreibt eigentlich, daß wir diesen
Punkt erreicht haben (Herr Matthias spricht von
"sich-selbst-programmierenden Maschinen"). Vielleicht überinterpretiere ich
die Aussagen aus dem Artikel, doch scheint mir eine gewisse Ähnlichkeit
gegeben.
Auch was Manfred (Bartl) als letzte Antwort zu Boris (Behnke) schreibt paßt
da: Das BGE ist kein Sozialhilfe-Ersatz, sondern (nach o.g. dargestellter
Auffassung) eine Entschädigung dafür, nicht mehr (für seinen
Lebensunterhalt) "arbeiten" zu können (oder besser: müssen).
Viele Grüße aus Kiew,
Jörg (Drescher)
Relevante Links:
Spiegel-Online-Artikel:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,569004,00.html
Dilthey-Modell:
http://www.bge-portal.de/Download-document/4-Dilthey-Modell.html
Deutsche Version meines Vortrags in Dublin:
http://www.iovialis.org/counting.php?file=Wirtschaftliche_Betrachtung.pdf
Text von R.A.Wilson (auf englisch):
http://www.deepleafproductions.com/wilsonlibrary/texts/raw-RICH.html
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