[Debatte-Grundeinkommen] BGE-Konzept von Götz Werner

Manfred Bartl sozial at gmail.com
Mo Apr 14 21:55:36 CEST 2008


Lieber Eckhard,

bei Eurer Diskussion geht es in erster Linie um die Frage: Was ist
eigentlich Volkswirtschaft? Denn mit Deiner provozierenden Frage, wo
denn das Geld herkommen soll, das für die durch die höhere
Mehrwertsteuer verteuerten Preise aufzubringen ist, hast Du den
notwendigen volkswirtschaftlichen Zirkelschluss doch schon geschafft.
Du merkst es aufgrund Deiner betriebswirtschaftlichen Scheuklappen nur
noch nicht ;-)

Erinnerst Du Dich noch daran, dass wir hier auf der Mailingliste des
Netzwerks Grundeinkommen sind? Na? Heureka! Die Mehrwertsteuer wird
erhöht, um das Grundeinkommen zu finanzieren, also bezahlt -
betragsmäßig! - das im Konsum umgesetzte Grundeinkommen die höhere
Mehrwertsteuer!

So einfach kann Volkswirtschaft sein!

Übrigens wird vom BIP nichts verteilt. Das BIP ist kein
Nationaleinkommen - und schon gar kein Wohlstandsindikator!

Von attac Saarbrücken gibt es einen guten Vortrag von Patrick Brehm
zum Download:
Grenzenloses Wachstum?
http://www.attac.de/saarbruecken/awwo/wachstum/wachstumsvortrag_oo.pdf

Und auch unter diesen beiden Adressen findest Du gute Dokumente zur
Klärung der volkswirtschaftlichen Grundlagen:
http://www.arbeitslehre.uni-wuerzburg.de/uploads/media/Bruttoinlandsprodukt_Volkseinkommen-Tutorium.ppt
http://www.sternfeld.de/bwl/download/evwl/VWL230404.ppt


Gruß
Manfred



2008/4/14 "Eckhard Rülke" <ERuelke at gmx.de>:
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> Hallo Norbert,
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>    1. Definition BIP: Altes Leiden auf dieser Liste: Es geht nicht darum,
> was jemand sich denkt, sondern darum wie der Wert offiziell definiert ist.
> Veröffentlicht z.B. im Brockhauslexikon 2002: Das BIP wird im Rahmen der
> Entstehungsrechnung ermittelt als Summe der im Inland geschaffenen
> Produktionswerte zuzüglich der nicht abzugsfähigen Umsatzsteuer und der
> Einfuhrabgaben, vermindert um den Verbrauch von Vorleistungen sowie
> unterstellte Entgelte für Bankleistungen. So oder ähnlich steht es auch in
> allen anderen von mir gefundenen Quellen. Ich bin selbst nur Laie in
> Volkswirtschaft, aber die Definition scheint eindeutig.
>
>
>
>    2. Höhe der Mwst-Einnahmen:  Nicht ganz klar ist mir allerdings, ob der
> von Dir am 05.04.08 geäußerte Annahme richtig ist, dass sich nämlich die
> staatliche Einnahme aus der Mwst. aus der Mehrwertsteuerquote und der vollen
> Höhe des BIP berechnet. Denn es gibt ja eben auch abzugsfähige Umsatzsteuer:
> Unternehmen bekommen die auf zugekauftes Produktionsmaterial gezahlte Mwst.
> vom Staat zurück.
>
>
>
>    3. zurück zum eigentlichen Thema: Für unsere eigentliche Diskussion ist
> es aber überhaupt nicht entscheidend, wie das BIP definiert ist. Fakt ist,
> dass 2006 insgesamt 2.870Mrd $ ausgegeben wurden (oder etwas mehr, wenn die
> 16% Mwst noch dazu kommen sollten). Mit Einführung Deiner Zusatzsteuer
> müssten plötzlich 1.435Mrd $ zusätzlich auf die verschiedenen Ladentische
> gelegt werden. Meine Frage zum Dritten mal: Wo kommt dieses Geld her? Um
> diese Frage hast Du Dich bisher mit verschiedenen Ausfluchtversuchen
> konsquent gedrückt.
>
>
>
> Wenn Du darauf nicht antworten kannst oder willst, können wir hiermit
> abbrechen. Ich wäre allerdings sehr gespannt, ob Dir doch noch eine
> sinnvolle Entgegnung einfällt.
>
>
>
> Gruß
>
> Eckhard
>
>
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>
> ----- Ursprüngliche Nachricht -----
> Von: Norbert Maack
> Gesendet: 10:14 Uhr
>
>
> An: Eckhard Rülke
> Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] BGE-Konzept von Götz Werner
>
>  Hallo Eckhardt,
>
>  was die Berechnung des BIP betrifft, sind wir offenbar unterschiedlicher
> Ansicht.
>  Ich denke, dass die Steuern nicht auf das BIP aufgeschlagen werden. Von der
> Höhe der Steuer bleiben die Leistungen als solche unberührt; d.h. der
> Gesamtumsatz ändert sich nicht durch die Steuer, sondern die Steuer regelt,
> wie viel Prozent des Gesamtumsatzes an das Finanzamt abgeführt wird. Da die
> Steuer keine zusätzliche erbrachte Leistung ist, ändert sie auch nicht das
> BIP.
>
>  Schönen Gruß
>      Norbert
>
>
>
>
>  Eckhard Rülke schrieb:
>
>
>
>
> Hallo Norbert,
>
>
>
> schönen Spüchen, von Ideen, die uns aus der Sklaverei befreien werden oder
> so ähnlich bin ich schon mal aufgesessen und schwer entäuscht worden.
> Deshalb werde ich mich auf diesen Teil der Diskussion nicht einlassen. Ich
> möchte über Machbarkeit und Plausibilität diskutieren, soweit das meine
> Kenntnisse und kognitiven Fähigkeiten zulassen bzw. ich diskutiere darüber,
> um mich genau auf diesem Gebiet zu verbessern. Und da reden wir nach wie vor
> aneinander vorbei:
>
>
>
> Du hast das BIP(Brutto-Inlands-Produkt) ins Spiel gebracht. Wenn ich es
> richtig verstanden habe, besteht das BIP im Wesentlichen aus der Summe aller
> Bruttoverkaufspreise aller in Deutschland erzeugten Waren und
> Diestleistungen - d.h der Gesamtumsatz. Laut Deiner Quelle betrug dieser
> 2006 ca. 2.870 Mrd $ - das könnte wohl auch nach anderen Quellen ungefähr
> hinkommen. Du willst diesen Umsatz mit 50% zusätzlich besteuern. Dann müßte
> das BIP auf 4.300 Mrd steigen. das sind eben 1.435 Mrd zusätzliches Geld.
>
>
>
> Völlig unabhängig davon, ob Machtverhältnisse es zulassen, dieses Geld
> verfügbar zu machen, ist die Frage zu klären, wo es herkommen soll. Deine
> Gegenfrage ist dagegen leicht zu beantworten: Wo geht es denn jetzt hin?
> Antwort: Nirgendwohin, weil es eben noch nicht existent ist.
>
>
>
> Schon gar nicht in den Taschen derjenigen, die den großen Teil dieser
> Mehrwertsteuererhöhung zahlen - der einfachen Leute. Und wenn der Steuerwert
> auf 100% gesetzt würde, hätten wir eben keine egalitäre Gesellschaft, weil
> sich bei den gegebenen Einkommen die kleinen Leute einfach nur viel weniger
> kaufen können für das gleiche Geld, wie jetzt.
>
>
>
> Wenn Du dagegen die Idee des BGE so verstehst, "das der 'Kuchen', das BIP,
> (nur) anders verteilt werden soll", dann müßtest Du auch ein Rechenbeispiel
> bringen, wo die Summe aus Umsatz und Zusatzsteuer zusammen nicht mehr als
> das bisherige BIP ergibt.
>
>
>
>
> Und sowas ist der einfache aber entscheidende Unterschied zwischen einer
> schönen Idee und der Praxis. Und bevor der diesmal nicht aufgeklärt ist,
> wird mich nichts dazu bringen, auf den Ideenzug aufzuspringen. Das neue Haus
> wird gefälligst vorher geplant und berechnet.
>
>
>
> Gruß
>
> Eckhard
>
>
>
> ----- Ursprüngliche Nachricht -----
>  Von: Norbert Maack
>  Gesendet: 03:00 Uhr
>  An: Eckhard Rülke
>  Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] BGE-Konzept von Götz Werner
>
>  Hallo Eckhard,
>  ich halte es für günstig, zwei Diskussionsstränge auseinander zu halten.
>  1. theoretische Überlegungen zu der Frage, wie grundsätzlich dieses Modell
> funktionieren kann und
>  2. die praktischen Konsequenzen bei der Durchführung eines Modells, wie
> Preisentwicklung, Kaufkraft etc. sich dynamisch entwickeln werden.
>
>  Ich bin mit meiner Argumentation noch bei 1.
>  Ich verstehe die Idee des BGE so, dass der "Kuchen", das BIP, anders
> verteilt werden soll als es gegenwärtig geschieht. Diese Verteilung kann
> über Steuern geregelt werden. Diese Steuerung sollte ein Ziel haben, auf das
> hingesteuert wird. Das BIP besteht im weitesten Sinne aus Leistungen, die
> Menschen für einander erbringen. Um die etwas überspitzte aber anschauliche
> Formulierung von Ernst Ulrich Schultz (letzte Nachricht) aufzugreifen "soll
> es uns aus der Sklaverei befreien" , kann die Verteilung im einen Extrem so
> aussehen wie in einer Sklavenhaltergesellschaft: Die Herren teilen den
> Kuchen unter sich auf und die Sklaven bekommen auch einige Krümel. Die
> Sklaven rudern und die Herren holen sich den Genuss. Im anderen Extrem wird
> der Kuchen unter allen gleichmäßig aufgeteilt: alle rudern und teilen
> miteinander den Genuss (Störtebeker?). Zwischen diesen beiden Extremen gibt
> es reichlich Möglichkeiten, die man ansteuern könnte, wenn man die Wahl bzw.
> das Steuer in der Hand und damit umzugehen gelernt hat.
>  Ein wesentliches Steuerelement ist die durchschnittliche Besteuerung der
> Leistungen. Ein anderes die differenzielle Besteuerung (Progression). Ein
> drittes die Aufteilung in Produktions- und Verbrauchssteuern, wobei wohl
> letzteres nur dann einen Unterschied macht, wenn nicht alles was produziert
> auch verbraucht wird (Import/Export).
>
>  Ich habe in meinem Beispiel die durchschnittliche Besteuerung der
> Einfachheit halber mit 50% angesetzt, weil es nach meinen Überlegungen auf
> den goldenen Mittelwert zwischen den beiden oben beschriebenen Extremen
> hinsteuern würde. Um zum Extrem der Slavenhaltergesellschaft zu steuern,
> würde man diese auf 0%, um zur egalitären Gesellschaft zu steuern auf 100%
> setzen. Letzteres entspricht dem Modell von echt solidarischen
> (Wohn-)Gemeinschaften, in denen alles Geld in eine Kasse kommt und dann
> geteilt wird.
>
>  Soweit meine knapp formulierten Gedanken zur Theorie. Keine Ahnung, ob Du
> oder überhaupt jemand mir dabei folgen kann(st), da ich mich mit der Materie
> noch nicht allzu lange befasse. (Feedback erwünscht.)
>
>  Deine Frage: "Du gehst allen Ernstes davon aus, ..." zielt auf den Strang
> der Praktikabilität (2.). Und dazu kann ich nur sagen: Nein, davon gehe ich
> nicht aus; denn die (Macht-)Verhältnisse, die sind (noch) nicht so.
>
>  Deine zweite Frage: "wo dieses viele Geld herkommen soll.." beantworte ich
> mit der Gegenfrage: Wo geht es denn jetzt hin?
>
> Mit sonnigen Grüßen
> Norbert
>





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