[Debatte-Grundeinkommen] [Debatte.bag.wirtschaft] Denkfehler der BGE-Gegner

Matthias Dilthey info at psgd.info
Di Sep 4 17:32:47 CEST 2007


Lieber Axel, liebe Liste,

ein wenig der "Wahrheit in´s Auge sehen" darf man auch von Real-Politikern 
erwarten:

Eine Erweiterung des Definitionsbereichs kann nie ein Fehler sein, denn der 
vorherige Definitionsbereich bleibt stets Teilmenge des erweiterten.
Es sei denn, die Einschränkung des Definitionsbereichs war (aus absoluter 
Sicht) unzulässig.
Soviel hier zu Mathematik und Logik.

Du schreibst "aus empirischen Gründen": Empirisch kann ich belegen, daß wir 
seit mehr als 30 Jahren einen viel zu hohen Sockel der Arbeitslosigkeit 
haben, um eine gerechte Umverteilung der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung 
über Erwerbsarbeit zu gewährleisten.

Empirisch kann ich belegen, daß wir uns unsere, gemessen an den technischen 
Rationalisierungsmöglichkeiten, hohe Zahl von Erwerbsarbeitern durch real 
sinkende Löhne erkaufen.

Mathematisch kann ich beweisen, daß unsere derzeitige (Entschuldigung: seit 
über 30 Jahren, davon auch einige "Grüne Jahre") Politik nicht in der Lage 
ist, trotz (oder weil?) höchster Produktivität den Menschen im Land eine 
Teilhabe an unserem exorbitanten Wohlstand zu ermöglichen.

Ob die von Dir angeführten "ernst zu nehmenden" Ökonomenannahmen treffen, ist 
mir reichlich egal.
Auch die Behauptung, "die Sonne kreist um die Erde" wurde von damals "ernst 
zunehmenden Wissenschaftlern" gestützt.


Wenn ich durch die Straßen von Erlangen, Siemens- und Universitäts-Stadt, gehe 
und die Menschen beobachte, sehe ich selten ein freundliches, entspanntes 
Lächeln. 
Heruntergezogene Mundwinkel, in Falten gefestigt; mühsam unterdrückte 
Aggression und, besonders wenn Menschen im Supermarkt mit Kreditkarte zahlen, 
eine Körpersprache die zum Ausdruck bringt: Hoffentlich klappt es nochmal!

Besonders interessant finde ich Deine Äußerung:
> Auch theoretisch ist nicht zu erwarten, dass uns die Arbeit ausgeht,
> solange die Bedürfnisse der Menschen nicht begrenzt sind. Denn solange die
> Menschen nach zunehmendem Konsum streben, werden sich auf funktionierenden
> Märkten produktive Einsatzmöglichkeiten für die zur Verfügung stehende
> Arbeitsmenge ergeben, um die unendlichen Konsumbedürfnisse maximal zu
> erfüllen.

Wenn ich diese, Deine Aussage lese, frage ich mich, ob ich hier in einer 
"Grünen Liste" lese und schreibe, oder habe ich mich getäuscht und schreibe 
und lese bei der FDP?


Ich entschuldige mich schon jetzt meiner deutlichen Worte.

Wie formuliert die Bildzeitug in ihrer aktuellen Werbung? Die Wahrheit alleine 
genügt nicht. Es bedarf mutiger Menschen, diese auch auszusprechen. Und eines 
Mediums, das diese Wahrheit auch verbreitet!


Matthias Dilthey

Platenstraße 21
91054 Erlangen

Tel.: 09131/29889

Am Dienstag, 4. September 2007 08:52 schrieb Axel Flasbarth:
> Lieber Matthias, liebe Liste
>
> ich glaube, ganz so einfach kann man es sich nicht machen. Eine Begründung
> des BGE mit einer zunehmend geringer werdenden Nachfrage nach Arbeit ist
> m.E. keine Erweiterung des Definitionsbereiches sondern ein ökonomischer
> Irrtum.
>
> Die These der ausgehenden Arbeit hat zumindest unter ernst zu nehmenden
> Ökonomen aus theoretischen und empirischen Gründen praktisch keine Anhänger
> mehr.
>
> Würde diese These stimmen, würden wir im internationalen Vergleich
> erwarten, dass die Höhe der Arbeitslosigkeit tendenziell mit der
> Produktivität der Volkswirtschaft zunimmt. Reichere Länder hätten dann
> tendenziell eine höhere Arbeitslosigkeit als ärmere. Dies beobachten wir
> jedoch keineswegs.
>
> Auch theoretisch ist nicht zu erwarten, dass uns die Arbeit ausgeht,
> solange die Bedürfnisse der Menschen nicht begrenzt sind. Denn solange die
> Menschen nach zunehmendem Konsum streben, werden sich auf funktionierenden
> Märkten produktive Einsatzmöglichkeiten für die zur Verfügung stehende
> Arbeitsmenge ergeben, um die unendlichen Konsumbedürfnisse maximal zu
> erfüllen. Das "blosse Auge" legt zwar den Schluss nahe, dass es irgendwann
> nicht mehr genug zu produzieren gibt, um jeden ausreichend beschäftigen zu
> können. Ganz ähnlich wie bei Deinem Beispiel mit der kreisenden Sonne hat
> uns jedoch die Wissenschaft glücklicherweise auch über diesen Irrtum
> aufgeklärt.
>
> LG
> Axel



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