[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Für alle Marxisten...

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Di Okt 30 09:57:42 CET 2007


Lieber Axel (und sonstige Interessierte),

wie ich schon schrieb, rechne ich Götz Werner hoch an, daß er die Idee des
BGE "gepusht" hat und damit eine öffentliche Diskussion auslöste. Diese ist
insoweit dringend nötig, weil die Leute erstmal aus ihren heutigen
Denkstrukturen ausbrechen müssen, um über eine Alternative zum jetzigen
System nachzudenken.

Trotzdem meine ich, daß Götz Werner mit seinen radikalen Vorschlägen (z.B.
die anfängliche BGE-Höhe von 1500 Euro) die Diskussion zusätzlich anheizte.
Ein wirkliches Modell gab es nicht und so wie ich das verstanden hatte,
sollte es auch keins geben. Er wollte zuerst den "Paradigmawechsel"
(Trennung von Auskommen durch Arbeitsleistung). Dazu eignet sich gerade so
etwas "unglaubliches", wie eine BGE-Höhe von 1500 Euro. Was Götz Werner
nicht tat: er belegte nie die Möglichkeit, sondern stellte sie in den Raum.
Der Vorteil: Befürworter und/oder Gegner müssen "seine Idee" belegen oder
widerlegen. Beides ist bisher nicht passiert.

Matthias (Dilthey) hat weit weniger finanzielle Mittel als ein Götz Werner,
ist an keiner Uni eingeschrieben und hat kaum etwas "nachzuweisen", das sein
Wissen "bestätigt". Wenn man sein Modell allerdings verstehen will, wird die
Schönheit und Einfachheit offensichtlich. Der Ansatz basiert genauso auf
Konsumbesteuerung. Und diese Besteuerung ist eine Entsklavung, da nicht mehr
"produzierende Menschen", sondern "produzierte Werte" zur Finanzierung
herangezogen werden. Undurchsichtig ist Dir das Dilthey-Modell nur deshalb,
weil es so ziemlich alles berücksichtigt, was es zu bedenken gibt. Götz
Werner ist noch nicht so weit und geht bei der Wertschöpfung von anderen
Ansätzen aus; das bedingt, daß die Werner'sche Idee gewisse Nachteile hat
und nur Idee ist - oder wo ist das "Werner'sche Modell"???

Als wichtiges Beispiel sei die Obergrenze von Einkommen genannt. Bei Werner
kannst Du 1 Mio pro Monat verdienen und es interessiert nicht; bei Dilthey
interessiert es, weil er meint, daß die 1 Mio niemals von einer Person
alleine erwirtschaftet werden kann! Somit "konsumiert" der
1-Mio-Gehaltsempfänger die Zuarbeit von Menschen, die für ihn tätig sind.
Folgerichtig ist Konsum zu besteuern - also auch der Teil der 1 Mio, die
"konsumiert" werden. Deshalb eine Obergrenze (von Einkommen, die weiter
existieren - "eigene Hände Arbeit").

Das Dilthey-Modell ist ein dynamisches Modell, was es für den "einfachen
Mann" so schwer macht, es zu verstehen. Es reguliert sich selbst
(Stichworte: Kybernetik, Synergetik oder auch Chaostheorie). Statische
Modelle werden langfristig nicht funktionieren können. Dilthey koppelt die
BGE-Höhe an das Durchschnittseinkommen - Werner nennt einen festen Betrag.
Doch was bringen mir 1500 Euro, wenn der "Wert" dafür sinkt (denk' einfach
mal, daß es Lire wären, bevor der Euro eingeführt wurde...)? Woher soll das
Geld kommen, das da "verteilt" werden soll, wenn es nicht in der Staatskasse
ist?

Dilthey versucht unabhängig von der Situation in Deutschland zu denken; sein
Modell kann auf andere Länder übertragen werden. Er ist sich sogar bewußt,
daß sein Modell in der heute vorliegenden Form auch "Mängel" hat (in
Schwellen-/Entwicklungsländern). Doch selbst diese "Mängel" bekennt er offen
und schlägt Lösungen dafür vor (noch nicht veröffentlicht).

Schau' Dir einmal den Beitrag in dem BGE-Buch von Herrn Füllsack aus Wien
an. Wer das BGE verantwortlich denkt, muß in einer globalen Welt auch diesen
Aspekt berücksichtigen. Was meinst Du, was passiert, wenn Deutschland ein
BGE einführt? Wie schnell spricht sich das auf der Welt herum, daß es dort
"Geld für's Nichtstun" gibt? Wie schnell und wie viele Menschen wollen dann
nach Deutschland? Wer soll denn das BGE bekommen? Nur die Deutschen? Wer ist
dann aber Deutscher? Und wie war das noch gleich mit der
"Bedingungslosigkeit"?

So gut Du auch das BGE als Idee begriffen hast, so ist es bisher nur eine
Idee. Man schreckt davor aus verschiedenen Gründen zurück. Einerseits sind
es machtpolitische Dinge (das BGE entmachtet, weil Macht etwas mit
Abhängigkeit zu tun hat), anderseits aber auch pragmatische Sachen, die mit
der Globalisierung zusammenhängen (Migrationsproblem, aber auch der
international generierte Druck auf andere Staaten und die Abhängigkeit von
diesen - z.B. USA).

Aber solange es innerhalb der BGE-Diskussion Grabenkämpfe um "das beste
Modell" gibt und sich gewisse Herrschaften wie "weise Gurus" aufführen, ohne
aus ihrem Elfenbeinturm herauszukommen, wird es noch sehr lange dauern, bis
Menschen in den Genuß der BGE-Freiheit kommen. Dieses Netzwerk
(Grundeinkommen) könnte tatsächlich seiner Aufgabe nachkommen, wenn sich die
Mitglieder einig würden und keine Eigeninteressen verfolgen würden. Die
BGE-Idee ist derzeit deshalb nicht wirklich gefährlich (für die
Realpolitik), weil die BGE-Befürworter (wie in "linken Kreisen" üblich) mit
sich selbst beschäftigt sind und aus den Splittergruppen keine Gemeinschaft
entsteht, die EIN Ziel verfolgt. Statt sich einmal gemeinsam an einen Tisch
zu setzen und eine Strategie zu erarbeiten, verkündet man "die frohe
Botschaft", ohne Konzept... soll der Samen in den Köpfen aufgehen und den
Unmut in Deutschland steigern, damit es irgendwann zum Bürgerkrieg kommt -
diese Form von "Revolution" lehne ich strikt ab! Es geht auch anders - doch
dazu braucht man die genannte Strategie...

Herzliche Grüße aus Kiew,

Jörg



----- Original Message ----- 
From: "lächelnjetzt" <axel.tigges at gmx.de>
To: "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
Cc: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Monday, October 29, 2007 6:35 AM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Für alle Marxisten...


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> Lieber Jörg,
> Du hast völlig Recht, Götz Werner ist die einige Figur, die soviel
Öffentlichkeit herstellen konnte, dass das bedingungslose Grundeinkommen
überhaupt ein relevantes Thema wurde.
> Welche Modelle da mit ihm auch in Konkurrenz treten, es sind alles
Menschen, die meinen, sie hätten jetzt wieder etwas Besseres. Doch er ist
mit seiner Forderung, bGE und Konsumsteuer jenseits all dieser Modelle, die
ja alle viel Ausgefuchster sind und auch Machtinteressen beinhalten, also
ein Elitedenken fördern.
> Ich setze mich für Götz Werner ein, weil ich das weiß. Prof. Vobruba
bringt es auf den Punkt, denn auch er fürchtet sich vor soviel Freiheit bGE
und nur noch Konsumsteuer, weil ja auch er zur wissenschaftlichen Elite
gehört. Für mich ist jedoch der Handwerker, der Straßenkehrer, selbst der
Bettler ein Teil der Elite, dann eben mit einem ausreichenden
Grundeinkommen. Und Du brauchst Dir nur anschauen wie hoch das
Grundeinkommen pro Person sein soll, daran ist abzuschätzen, wer wieder
darüber hinaus mehr haben will. Natürlich macht Werner dadurch Werbung für
seinen Konzern, doch Du machst ja auch Werbung für das Diltheymodell, das
mir viel zu undurchsichtig ist, und deshalb habe ich mit ihm ja schon früher
im Götz Werner Forum gefetzt, wo ich entweder veräppelt wurde, diffamiert
ignoriert oder bekämpft wurde, glaubst du das würde ich vergessen? Doch
schauen wir zu seinem Lehrstuhl, einer seiner Mitarbeiter, der bei den
GRÜNEN engagiert ist profiliert sich hier, die GRÜNEN setzen sich dort schon
zu 60% für das bedingungslose Grundeinkommen ein mit jämmerlichen 400 Euro,
doch liberale Parteistrategen drohen mit Rücktritt. Das wäre vor fünf Jahren
noch nickt denkbar gewesen. Oder Glaubst Du Dilthey hätte mit seinem Modell
den Stuttgarter Oberbürgermeister erreichen können?
> Glaubst Du Götz Werner hätte mir ohne Grund  den Satz persönlich
geschrieben: Getrennt marschieren, vereint schlagen. Politiker drehen immer
nur ihre Fähnchen in den Wind. Bist Du ein Politiker, der noch am
Elitegedanken klebt?
> Götz Werner sieht deutlich die Entwicklung. Das bGE ist doch nur eine
Übergangslösung, wenn GOTT=DOLLAR erst einmal verschwunden ist, entwickelt
sich aus der Sicherheit des Einzelnen sowieso eine schenkende Gesellschaft.
was macht z.B. ein Götz Werner, wenn die Leute nicht mehr das Gefühl haben,
für die Zukunft durch Sparen vorzusorgen? Bei wem besorgt er sich das
Kapital, um sich zu vergrößern? Siehst  Du die ökonomischen Zusammenhänge
nicht, und warum ihn fast alle seine "Kapitalisten-Kollegen meiden und als
Rattenfänger  beschimpfen?
>  Das Modell was ich favorisiere kommt von Frauen, warum wohl? Vielleicht
gibt es noch einige Frauen, die dieses Platzhirschverhalten nicht brauchen,
und  nicht jammern, wenn Götz Werner mit ihnen keinen Kontakt aufnimmt, um
ihre Modelle zu würdigen. in diesen Sinne.
> DAS SCHENKEN HÄLT DIE WELT ZUSAMMEN. Und das sind auch Dein Lachen und
Deine Lebensfreude. Kannst Du das in der Ukraine erfahren?
> Was verbinden wir mit 'Schenken'? Eigentlich nur Angenehmes! Wettbewerb,
Konkurrenz und Neid sehen wir da nicht. Wir verbinden damit Freude,
Zuneigung, Liebe und Zusammenhalt. Beim Schenken spüren wir das Strömen, das
wir auch bei dem Gefühl von Liebe spüren. Es gibt, es strömt, und es
erwartet nichts zurück. (Etwas erwarten wir vielleicht doch: dem Anderen
soll es gut tun). Schenken ist Geben und Annehmen und bewegt damit unendlich
viel. Und wenn wir es genau betrachten, so hält Geben und Nehmen Menschen
zusammen, hier bei uns und auch in anderen Teilen der Welt. Wir müssen nicht
besonders kühn werden, wenn wir behaupten:
> Das Schenken hält unsere Welt zusammen!
> http://www.ab40.de/seiten/archiv_skizzen/06_1/06_1_4a.html
> auf geht’s der Steiger kommt... doch was ist das Licht? SIE! wer sonst:
DEINE KÖNIGIN DER NACHT, Deine Erlöserin  in Deiner Grube
>
> Viele Grüße
> Axel Tigges
> http://www.die-tonkunst.de/dtk-archiv/pdf/0507-LeonoreFidelio.pdf




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