[Debatte-Grundeinkommen] Staatlicher und wirtschaftlicher Ansatz

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mo Okt 15 10:30:29 CEST 2007


Hallo zusammen,

Fragen wir einmal, ob der Staat die Arbeitssuchenden (NICHT Arbeitslose!) in
Arbeitsverhältnissen brauchen kann, so lautet die Antwort: "ja". Dieses "ja"
kommt vom (volkswirtschaftlichen) Kostenfaktor, der durch die Hilfe bei der
Arbeitssuche entsteht, sowie die Unterstützung zum Lebensunterhalt des
Suchenden. Außerdem beschert ein "Mensch in Lohn und Brot" Einkommen für den
Staat. Aus diesem Grund versucht der Staat den Arbeitssuchenden zu
"motivieren", selbst Arbeit zu finden. Mittel sind Unterstützungshöhe, sowie
die Abhängigkeit der Unterstützung vom Arbeitswillen (der nicht immer
eindeutig "messbar" ist).

Welche Argumente hat die Wirtschaft, jemandem "bezahlte Arbeit" zu geben?
Der (betriebswirtschaftliche) Kostenfaktor, der durch bezahlte Arbeit
entsteht, soll für das Unternehmen einen Nutzen bringen (sich rechnen).
Dabei versucht das Unternehmen durch den globalen Konkurrenzkampf die Kosten
so gering wie möglich zu halten. Ein wesentlicher Kostenfaktor sind die
Sozialabgaben an den Staat, weshalb gerne Arbeit ins Ausland verlagert oder
gleich automatisiert wird (z.B. ist durch den Bahnstreik im Gespräch, S- und
U-Bahnen, sowie Züge nicht mehr durch Lokführer "fahren" zu lassen, sondern
"computergesteuert" - der Mensch wird ersetzbar und die Sicherheit steigt
dabei sogar).

Die derzeitige Diskussion der SPD, ältere Arbeitssuchende "besser" zu
unterstützen, scheint widersinnig, wenn man die Wirtschaft betrachtet:
Jüngere Arbeitssuchende sind älteren vorzuziehen, denn jüngere scheinen
formbarer, williger, motivierter, flexibler und belastbarer. Da hilft auch
nicht die Erfahrung der Älteren, die nicht mehr "zeitgemäß" ist.

Wie diese Betrachtung der "bezahlten Arbeit" zeigt, ist die Arbeitssuche
(Abhandensein von Arbeit) ein Kostenfaktor (für den Staat). Auf der anderen
Seite ist Erwerbsarbeit aber auch ein Kostenfaktor (für das Unternehmen).
Und jeder wirtschaftlich denkende Mensch ("Homo Oeconomicus") versucht, die
Kostenfaktoren zu senken. Wundert es dann, daß wir solche Probleme mit den
Arbeitssuchenden haben, wenn keiner für den Lebensunterhalt aufkommen will?
Ist es nicht anmaßend zu behaupten, daß ein Arbeitssuchender nur "zu faul"
sei? Oder ist dieses "Faulheits-Argument" eine Ausrede, weil man die Kosten
nicht tragen will, die durch den "bezahlten Arbeitswahn" entstehen?

Ist das Sozialstaatsmodell heute überhaupt noch der Zeit entsprechend?
Diskutiert die Regierung über ein marodes System, das dem Untergang geweiht
ist? Versucht sie dieses System mit allen ihr zur Verfügung stehenden
Mitteln aufrecht zu halten? Warum, wenn es auch anders geht? Fehlt es an
Lösungsvorschlägen? An Einsicht? An Denkvermögen? An Aufklärung?

Fragen über Fragen, die sich eigentlich Politiker stellen sollten...

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)




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