[Debatte-Grundeinkommen] [Debatte] Re: [Gr-Linke] Fwd: Offener Brief SozialpolitikerInnen zur BDK in Nürnberg

j.behncke j.behncke at bln.de
Mo Nov 19 23:59:48 CET 2007


Liebe Pino, liebe Mitleser,

die intensive Debatte, die wir hier im Vorfeld von Nürnberg führen, hat doch nur einen Grund: Die vor einem Jahr in Köln beschlossene und seit Januar 2007 eingesetzte Kommission zum Thema "Zukunft Sozialer Sicherung" hat sich nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis durcharbeiten können. 

Was hätte eigentlich gegen folgenden Ansatz der Kommission gesprochen: Ja, wir erkennen, dass Hartz IV in vielen wichtigen Bereichen nachzubessern ist ( Antrag Z-01 ), aber ja wir sehen auch, dass langfristig unsere sozialen Sicherungssysteme in der jetzigen Form brüchig werden und wir daher einen Systemwechsel herbeiführen müssen, der auf einem Grundeinkommen aufsetzt ( Anträge Z-02, Z-07, Z-08 ) 

Die Notwendigkeit dieses Systemwechsels wurde heute ja schon in einem Handelblatttartikel beschrieben. Hier noch einmal die Referenz:

http://www.handelsblatt.com/News/Journal/Kommentar/_pv/_p/204051/_t/ft/_b/1353673/default.aspx/reale-utopie.html 

Dass Grundsicherung und Grundeinkommen Konzepte ganz unterschiedlicher Natur sind, habe ich ja nun schon oft genug auf dieser Liste zu beschreiben versucht ( Offener Brief ). 

Ist das so schwer zu verstehen für eine Vollblut SozialpolitikerIn?

Grüße
Joachim Behncke


  ----- Original Message ----- 
  From: Pino Olbrich 
  To: 'Robert Zion' ; 'Debatte Grundeinkommen' ; 'HorstSchiermeyer' ; verteiler at gruene-linke.de 
  Sent: Thursday, November 15, 2007 12:05 AM
  Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen][Debatte] Re: [Gr-Linke] Fwd: Offener Brief SozialpolitikerInnen zur BDK in Nürnberg


  Lieber Robert,

   

  im nun Ernst:

   

  Ich habe mich 2003 oder war es 2004 für Hartz IV hingestellt, weil es ein Reformansatz war der Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammenlegte und weil wir eine individuelle Arbeitvermittlung wollten. Eine Arbeitsvermittlung mit Eingliederungshilfen - abgestimmt auf ihre konkreten Unterstützungsbedarfe mit konkreten Schritten. Wir wollten mehr Individualisierung - ganz besonders für junge Leute. Sie sollten ein Recht auf eine eigene Bleibe haben und sich das Leben neu erobern können.

   

  Das war ein gutes Konzept mit einem wesentlichen Makel: Es war klar, dass wir zu wenig Geld zur Verfügung bekommen würden, um allen das Gefühl von Aufbruch geben zu können. Es war wenig geld da und die Regelsätze waren für viele vorherigen Arbeitslosenhilfeempfänger ein Abstieg. Dafür hatten wir viele "Bündnispartner" in der Hartz-Kommission - nicht nur die Arbeitgeber, auch die Gewerkschaften.

  Dann kamen die Verhandlungen der SPD mit der CDU und insbesondere Koch. Die Regelsätze waren noch kürzer, die Kontrollen um so schärfer. Die Perspektive drehte sich: weg von: Wir müssen etwas tun, um die Leute fit zu machen, zu befähigen und zu ermutigen - hin zum alten armenpolizeilichen Kontrollieren.

  Dann kam die Koalition und schaffte auch noch das Recht der Jugendlichen auf eine eigenständige, altersgemäße Ablösung vom Elternhaus ab.

  Wieso sollte es mit einem neuen Konzept besser laufen? Mit den gleichen Partnern, die schon Hartz IV immer weiter verschlechtert haben?

   

  Und was passiert, wenn wir jetzt wirklich mit einem neuen Konzept antreten, dass viel verspricht und am Ende vielleicht noch mehr Leistungseinschränkungen bedeutet? Dann verlieren die Betroffenen den letzten Mut, dann wird die Resignation noch stärker. Wie viele solcher Großreformen kann man überleben mit der Erfahrung: Alles wird am Ende immer krasser? Diese Gefahr sehe ich allerdings sehr deutlich beim Grundeinkommenskonzept.

   

  Deshalb plädiere ich allen Ernstes für mehr fehlerfreundliche Politik. Das heißt für mich: Nicht nach jedem Fehlschlag eine neue Großreform mit neuen Grundsatzkonzepten, sonder bohren dicker Bretter an kleinen Schritten. Module, bei denen man was erreichen und deutlich verbessern kann, aber auch Verluste nicht gleich existenziell werden. Immer gehalten von einem Netz, dass in beiden Fällen noch hält. Das heißt ganz klar: Hartz IV, wie es geworden ist, ist strukturell ein Schritt in die richtige Richtung gewesen - aber es muss an vielen Baustellen gearbeitet, korrigiert und verbessert werden - um vielleicht dem Grundgedanken des grünen Ursprungskonzepts ähnlicher zu werden.

   

  Und ein weiterer Punkt ist für mich bei der Idee des Grundeinkommens verheerend: Es ist in meinen Augen eine Kapitulation vor dem Mantra des Endes der Arbeitsgesellschaft. - Du zeigst das unten selbst. Das ist die Kapitulation vor dem Neoliberalismus. Es war Milton Friedman, der das Grundeinkommen erfunden hat, weil es nicht mehr genug Arbeit geben würde. Natürlich ist das nicht allein persönliches Versagen. Es ist auch das Versagen einer Gesellschaft, die Arbeit nicht mehr bezahlen will und die hin nimmt, dass Einkommen immer weiter auseinander klaffen. Ohne Steuern keine gesellschaftlichen Dienstleistungen für alle. Ohne die Bereitschaft, auch Berufseinsteiger zu bezahlen statt sie als Dauerpraktikanten zu missbrauchen...

   

  Aus eigener Erfahrung wie aus verschiedenen Theoriebereichen (insbesondere der Psychologie) weiß ich aber: Arbeit ist nicht nur Entfremdung (manchmal schon), sondern noch mehr und vor allem die Bedingung der Selbstverwirklichung. Dazu gehört nicht nur, aber auch das Gefühl, das leben bestreiten und gestalten zu können. Ehrenamt ist ein wunderbare Sache - ich habe mindestens 10 Jahre ehrenamtlich für GRÜNE gearbeitet.  Aber Ehrenamt lässt ohne anderes eigenständiges gutes Einkommen abhängig werden. Und es macht sich ein sehr (selbst)zerstörerisches Gefühl breit, wenn die eigene unbezahlte Arbeit zunehmend vergleicht mit denen, die für die gleiche Arbeit bezahlt werden und frei entscheiden können, was sie mit diesem Gewinn anstellen. 

  Auf der anderen Seite erlebe ich zunehmend auch im Osten nach  nur 17 Jahren so etwas, wie "gelernte Hilflosigkeit". Ich finde das beängstigend und nicht hinnehmbar. Das Grundeinkommen hilft ihnen nicht wirklich. Es ist auch so etwas wie eine Herd-Prämie. Auch wenn unser Konzept differenzierter ist. Das der "Bündnispartner" ist es nicht, ganz dezidiert NICHT. Und das Ergebnis wäre fatal.

   

  Menschen sind nicht abstrakte Projektionsflächen unserer Vorstellungen von Menschenwürde. Sie sind Menschen mit Fleisch und Blut und sie lernen ihre Leben lang. Die Frage ist, was sie lernen!? Lernen sie, dass sie gebraucht und dafür geschätzt werden? Oder lernen sie, dass man ihnen schon zutraut, was vernünftiges zu machen, aber was - dafür sind sie selbst verantwortlich. Und wenn es daneben geht, dann machen wir eben einen Bogen drum? Oder lernen sie, wir hätten da schon eine Fürsorgepflicht wenn sie ganz am Booden liegen - aber dafür wollen wir sie auch spüren lassen, dass sie da ganz unten am Boden liegen? Alle das sind Möglichkeiten die sie real erleben. - Ich möchte, dass sie erleben: ich traue ihnen was zu und ich unterstütze sie dabei, Hindernisse zu überwinden. Man nennt das das Gefühl der "Selbstwirksamkeit". Ich glaube, damit kannst Du was anfangen. Dir ist es doch auch wichtig, ernst genommen zu werden. Ein ganz wichtiges Gefühl für den Selbstwert und die Hoffnung. 

   

  Ich möchte lieber unterwegs sein für Mindestlöhne, für Arbeit, für die Trennung von Arbeitsvermittlung und Leistungsgewährung und wirkliche soziale "Inklusion".

   

  Mit besten Grüßen,

  Pino Olbrich

   

  -----Original Message-----
  From: Robert Zion [mailto:zion at robert-zion.de] 
  Sent: Mittwoch, 14. November 2007 11:47
  To: Debatte Grundeinkommen; HorstSchiermeyer; verteiler at gruene-linke.de; pino.olbrich at gmx.de
  Subject: Re: [Debatte] Re: [Gr-Linke] Fwd: Offener Brief SozialpolitikerInnen zur BDK in Nürnberg

   

  Lieber Horst, liebe Pino und alle anderen,

   

  stellt sich dann nur noch die Frage, ob die jetzt Grünen als Programm- und Konzeptpartei nur noch die Konzepte entwickeln und die Programme schreiben sollten, die in die Programmatiken der anderen Parteien hineinpassen!

   

  Der "politikfreie Raum", der hier den GE-Befürwortern unterstellt wird, ist für mich in Wahrheit ein gesellschaftlicher Raum, in dem sich gerade eine RÜCKKEHR DES POLITISCHEN vollzieht. "Nur wer Menschen zutraut, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und ihnen die notwendige Freiheit dazu gibt, schafft Potenziale für Kreativität und Räume für zukunftsfähige Entwicklungen", heißt es in dem BaWü-Antrag. Eben diese "Räume für zukunftsfähige Entwicklungen" jenseits des Wachstumszwang und des Wolkenkuckucksheims angeblich möglicher "Vollbeschäftigung" - die es nie gegeben hat (!) - bieten bedarfsorientierte Grundsicherungssysteme nicht mehr, im Gegenteil: wer heute noch glaubt Erwerbsarbeitslosigkeit, Arbeitsarmut, verdeckte Armut, prekäre Lebens- und Arbeitsbiografien und der Ausschluss von Menschen seien nur "persönliche Unfälle" in einer Normerwerbsarbeitsgesellschaft, die der Staat nur reparieren muss, der erklärt tenendziell die halbe Gesellschaft für bedürftig. Ulrich Beck beschrieb diese Tendenz bereits 1985 (!) in seiner "Risikogesellschaft" als: "Verwandlung der Außenursachen in Eigenschuld, von Systemproblemen in persönliches Versagen."

   

  Wer kann allen Ernstes solch ein Staatswesen wollen - gerade als Grüne? Die Frage der Übersetzung der gegenwärtigen Diskussion um das Grundeinkommen (=neue Systemtatik des Sozialstaates) in den politischen Normalvollzug unseres gegenwärtigen Pareiensystems, ist nicht einfach, dies hat auch niemand behauptet. Die Alternative ist aber doch eben dieser politische Normalvollzug als dauerhafte, tendenziell immer autoritäre Elendsverwaltung.

   

  Und dass wir eine kleine Partei sind, die ihre Programme nie in der Form durchsetzen wird, wie die beiden "Volksparteien" (die in Wirklickeit Mittelstandsparteien sind!), ist eine Banalität. Aber eine wesentliche Fuktion der Grünen war schon immer und sollte wieder sein: Hegemonie für neue gesellschaftspolitische Zielvorstellungen zu erreichen. Uns ist es in der Umweltfrage gelungen. Warum sollte es uns in der Frage eines emanzipatorischen Sozialstaates nicht gelingen? Gleichwohl, wer es nicht einmal mehr versucht, gibt die Partei in ihrer Identität bereits auf.

   

  Außerdem: Hartz IV ist nicht das Desaster geworden, das es nun einmal geworden ist, weil wir uns nicht durchsetzen konnten, sondern weil new labour an einem Grundwiderspruch gescheitert ist: Die Beschäftigungskosten sind einerseits zu hoch und induzieren tendenziell immer einen weiteren Beschäftigungsabbau, sie sind aber zugleich zu niedrig, um die Bedarfe der Arbeitnehmerhaushalte und die Kosten der sozialen Sicherung decken zu können. Diese Lösung des jeweils einen Problems führt zu eine Verschlechterung bei der Lösung jeweils anderen Problems.

   

  Grüße

  Robert

  _________________________
  Robert Zion, KV Gelsenkirchen
  tel. 0209/3187462
  Skype: zionger
  zion at robert-zion.de
  www.robert-zion.de    

   

   

  ----- Original Message ----- 

  From: "HorstSchiermeyer" <HorstSchiermeyer at aol.com>

  To: <debatte at gruene-linke.de>

  Sent: Tuesday, November 13, 2007 11:03 PM

  Subject: [Debatte] Re: [Gr-Linke] Fwd: Offener Brief SozialpolitikerInnen zur BDK in Nürnberg

   

  > Das Forum der Grünen Linken:
  > http://www.gruene-linke.de/phpBB
  > ___________ ____________________________________
  > Lieber Wolfgang,
  > was an Pino Olbrichs Reaktion auf Joachim bemerkenswert sein soll? Nun, 
  > nicht ihre Verärgerung (obwohl ich diese nachvollziehen kann), sondern ihre 
  > Fragen, die meinen ähneln und von bGE-Befürwortern leider in der Regel nicht 
  > beantwortet werden. Schade, dass eine Diskussion auf der Ebene z.Z. nicht 
  > möglich ist ...
  > Gruß Horst
  > 
  > ----- Original Message ----- 
  > From: "Wolfgang Strengmann-Kuhn" <strengmann at wiwi.uni-frankfurt.de>
  > To: <debatte at gruene-linke.de>
  > Sent: Tuesday, November 13, 2007 9:21 PM
  > Subject: [Debatte] Re: [Gr-Linke] Fwd: Offener Brief SozialpolitikerInnen 
  > zur BDK in Nürnberg
  > 
  > 
  > Das Forum der Grünen Linken:
  > http://www.gruene-linke.de/phpBB
  > _______________________________________________
  > was soll daran bedenkenswert sein?
  > 
  > 
  > ----- Original Message ----- 
  > From: <horstschiermeyer at aol.com>
  > To: <verteiler at gruene-linke.de>
  > Sent: Tuesday, November 13, 2007 7:47 PM
  > Subject: [Gr-Linke] Fwd: Offener Brief SozialpolitikerInnen zur BDK in 
  > Nürnberg
  > 
  > 
  > Antworten auf Emails gehen an den Debattenverteiler - bei Interesse einer 
  > Eintragung dort bitte wenden an info at gruene-linke.de
  > ------------------------------------------
  > Forum der Grünen Linken: http://www.gruene-linke.de/phpBB/
  > __________________________________________
  > 
  > 
  > 
  > --------------------------------------------------------------------------------
  > 
  > 
  > Zur Information eine m.E. bedenkenswerte Äußerung von Pino Olbrich,
  > sozialpolitische Mitarbeiterín der grünen LT-Fraktion in Sachsen:
  > 
  > 
  > -----Ursprüngliche Mitteilung-----
  > Von: Pino Olbrich <pino.olbrich at gmx.de>
  > An: 'j.behncke' <j.behncke at bln.de>; 'Schmiedhofer'
  > <schmiedhofer at ba-cw.verwalt-berlin.de>; 'Dirk Jacobi'
  > <Dirk_Jacobi at web.de>
  > Cc: 'Debatte BAG Sozialpolitik' <debatte.bag.sozialpolitik at gruene.de>
  > Verschickt: Di., 13. Nov. 2007, 19:40
  > Thema: RE: [Debatte.bag.sozialpolitik] Offener Brief
  > SozialpolitikerInnen zur BDK in Nürnberg
  > 
  > 
  > 
  > Liebe Leute,
  > 
  > jetzt frag ich mich langsam, was das soll. Ich finde diese Mail zynisch
  > und kann schwer verstehen, wie jemand der offenbar das Grundeinkommen
  > verteidigen will, die "gute Sache" mit so viel Unverstand begleiten
  > muss.
  > Könnte es ein, dass die Glaubwürdigkeit da ein wenig leidet?
  > 
  > Was mich aber viel mehr ärgert ist der völlig politikfreie Raum, in dem
  > bei den Befürwortern des Grundeinkommens um das bessere Konzept
  > gestritten wird.
  > 
  > Hartz IV ist nicht geworden, was sich die Bundestagsfraktion mal
  > ausgedacht hat. Wie sollte es dem Grundeinkommen besser gehen? Mit
  > Althaus vielleicht? Ich wundere mich - nach der Erfahrung mit Hartz IV -
  > wie man dann einfach die nächste und möglicherweise vielleicht
  > konsequentere Idee entwickeln kann, ohne sich das Umfeld mal unter die
  > Lupe zu nehmen.
  > Mein Vater sagte immer: Die Dummen unterscheiden sich von den Klugen,
  > dass die Klugen immer neue Fehler machen. Dieses scheint mir ein sehr
  > alter zu sein.
  > 
  > Ich frage mich, wie man sich so unreflektiert an den möglichen
  > Mehrheiten für Grundeinkommenskonzepte erfreuen kann, ohne deren Ziele
  > zu betrachten. Die meisten neoliberalen und neokonservativen Befürworter
  > von Grundeinkommen verbinden mit ihm das entgegengesetzte Ziel von
  > unseren Befürwortern des GE. Sie wollen den Sozialstaat einfacher,
  > transparenter und vor allem billiger haben. Althaus wirbt für das
  > Grundeinkommen mit der These, der Sozialstaat sei nicht mehr bezahlbar.
  > Wie stellt ihr Euch denn dann einen Kompromiss mit denen vor? Wie kommt
  > ihr zu der Überzeugung, dieser Kompromiss wäre gerechter und besser
  > ausgestattet als Hartz IV? Wie sollte es? Mit welchen Bündnispartnern?
  > 
  > Oder ist unser Grundeinkommens-Konzept dann nur gut für den Wahlkampf
  > und dann gehen wir auf jeden Fall in die Opposition, damit wir nicht
  > Kompromisse eingehen müssen? Und wenn dann eine Art Althaussches Konzept
  > Realität wird und die Armut noch mehr steigt, dann erklären wir immer:
  > Wir wollten zwar aber auch eins - aber natürlich ein ganz Anderes?
  > 
  > Das würde ich schon gern wissen.
  > 
  > Mit besten Grüßen,
  > Pino Olbrich
  > 
  > 
  > -----Original Message-----
  > From: debatte.bag.sozialpolitik-bounces at gruene.de
  > [mailto:debatte.bag.sozialpolitik-bounces at gruene.de] On Behalf Of
  > j.behncke
  > Sent: Montag, 12. November 2007 16:27
  > To: Schmiedhofer; Dirk Jacobi
  > Cc: Debatte BAG Sozialpolitik
  > Subject: Re: [Debatte.bag.sozialpolitik] Offener Brief
  > SozialpolitikerInnen zur BDK in Nürnberg
  > 
  > Liebe Martina,
  > 
  > es ist immer wieder interessant und informativ, aus dem schweren
  > Berufsalltag einer Sozialstadträtin zu hören.
  > 
  > Ebenso wie von Markus Geschichten über Schwerhörige, denen die Kasse
  > etwas
  > nicht genehmigt, was derjenige aber unbedingt zu einer Umschulung
  > braucht.
  > 
  > So schwer ist das Leben!!!
  > 
  > Alles andere steht in meinem Offenen Brief von gestern, den ich der
  > Einfachheit halber hier noch einmal anhänge.
  > 
  > Grüße
  > 
  > Joachim Behncke
  > AK Grundsicherung/Gruneinkommen Berlin
  > AG Wirtschaft, Arbeit und Soziales im Bezirk Steglitz-Zehlendorf
  > 
  > 
  > ----- Original Message -----
  > From: "Schmiedhofer" <schmiedhofer at ba-cw.verwalt-berlin.de>
  > To: "Dirk Jacobi" <Dirk_Jacobi at web.de>
  > Cc: "Debatte BAG Sozialpolitik" <debatte.bag.sozialpolitik at gruene.de>
  > Sent: Monday, November 12, 2007 1:38 PM
  > Subject: Re: [Debatte.bag.sozialpolitik] Offener Brief
  > SozialpolitikerInnen
  > zur BDK in Nürnberg
  > 
  > 
  >> Lieber Dirk Jacobi, liebe Andere,
  >>
  >> ich gehöre zu den Unterzeichnerinnen des offenen Briefes, bei der Du
  > es
  >> Dir zum Schluß nicht verkneifen kannst, die direkte Linie zu Oswald
  >> Metzger zu ziehen. Schade, denn aus unserem Schreiben geht unser
  >> Anspruch auf Verantwortlichkeit für einkommensarme,
  >> erwerbsarbeitssuchende und Menschen mit Behinderung sehr deutlich
  >> hervor. Es ist genau das Gegenteil von "jeder ist für sich selbst
  >> verantwortlich".
  >>
  >> Du fragst, was wir denn eigentlich wollen. Nun, wir wollen nicht mehr
  >> und nicht weniger als deutlich mehr Qualität in die bestehende Systeme
  >> einbringen, wir wollen sie weiterentwickeln zu Dienstleistern, dazu
  >> gehört eine höhere Transferrate für Erwachsene genauso wie eine
  >> Kindergrundsicherung, die den finanziellen Anreiz für Menschen mit
  >> geringem Einkommen deutlich erhöht.
  >>
  >> Ich selbst bin seit vielen Jahren Stadträtin in
  >> Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin und kenne noch sehr gut die
  >> Lebensrealität der alten Sozialhilfe: alles, aber auch wirklich alles
  >> offenlegen an finanziellen Verhältnissen, praktisch kein Selbstbehalt
  > an
  >> Ersparnissen, also auch kein Pkw, sehr viel geringere Toleranz bei den
  >> Mietkosten, eine Unterhaltspflicht von Angehörigen untereinander, z.B.
  >> die alten Eltern für ihren 40jährigen Sohn, aber auch kein
  > finanzieller
  >> Anreiz zum Ausbruch aus Familien, in denen mehrere Generationen
  >> Sozialhilfe bezogen, Sozialhilfestreitigkeiten landeten bei
  > Verwaltungs-
  >> und nicht bei Sozialgerichten,  und vor allem: keinerlei Recht auf
  >> Maßnahmen zur beruflichen Vermittlung, Qualifikation oder Integration.
  >> Stattdessen häufig reine 3 DM-Jobs, ohne jede Qualifizierung, als
  >> "Arbeitserprobung". Wir hatten in unserem Sozialamt soviel wie möglich
  >> Unterstützung zur beruflichen Integration versucht, es blieb immer
  >> Stückwerk, ständig stießen wir an finanzielle und strukturelle
  > Grenzen:
  >> spätestens nach einem Jahr Förderung, wenn wir denn ein Programm
  > auftun
  >> konnten, war wieder Schluß. Es war mir deshalb im Rahmen der
  >> öffentlichen Debatte um Hartz IV eine Genugtuung, als der Begriff
  >> "Bedarfsgemeinschaft" in das Bewußtsein einer größeren Öffentlichkeit
  >> geriet und viele Menschen dachten, dies sei eine neue Erfindung - das
  >> Bundessozialhilfegesetz kannte ihn von Beginn an für
  >> Sozialhilfeempfangende.
  >>
  >> Die Zusammenlegung der Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe war für mich
  >> deshalb ein Muss, genauso wie der Rechtsanspruch auf Vermittlung und
  >> Beratung. Dass wir vieles in den Verhandlungen nicht durchsetzen
  >> konnten, liegt in der Natur von Koalitionen - zumal, wenn der
  > Bundesrat
  >> mitstimmen muss. Mich hat von Anfang an aber gestört, dass für eine
  >> breite Öffentlichkeit das Thema Soziale Sicherung für Arbeitssuchende
  >> erst mit Hartz IV anfing - als eine finanzielle Verschlechterung der
  >> "Besserverdienenden" unter den Einkommensarmen anstand. Für die ganz
  >> unten stehenden hatten sich vorher nur Fachkreise interessiert. Dass
  > mit
  >> Hartz IV statt Minderausgaben erst einmal 12 Mrd. Mehrausgaben
  > ausgelöst
  >> wurden, weil 1/3 der Leistungsempfangenden vorher weder
  >> Arbeitslosenhilfe noch Sozialhilfe bezogen hat - sich dieser
  >> Personenkreis also deutlich besser stellte, ging im überwältigenden
  >> Chaos des Beginns vom SGB II unter.
  >>
  >> Auch der ARbeitsbeginn im JobCenter Charlottenburg-Wilmersdorf war zu
  >> Beginn des Jahres 2005 ein völliges Desaster. Die im Brief erwähnten
  >> Unglaublichkeiten häuften sich auch hier - völlig unvorbereitetes
  >> Personal, ständig zusammenbrechende Computerprogramme, eine Vielzahl
  >> nicht erwarteter Menschen - auch das stürzte mich in ziemliche
  >> Verzweiflung. Aber es wurde besser, nach zwei Jahren, mit ausreichend
  >> Personal, einem neuen, hoch qualifizierten und empathischen
  >> Geschäftsführer sehe ich viele positive Prozesse, mit denen Menschen
  >> eine zum Teil mehrjährige Qualifikation erhalten, die sie von alleine
  >> nicht nachgefragt hätten. Ich störe mich in der Debatte an dem
  >> eingeworfenen Argument des Menschenbildes: die "bedingungslosen" haben
  >> ein gutes, humanitär hochstehendes, die "mit Bedingungen" ein
  >> schlechtes, gängelndes ohne Vertrauen in den Menschen. Ich glaube, wir
  >> haben einfach ein realistisches und das halte ich sehr wohl für gut.
  > Ich
  >> glaube, und das ist der Kern der Auseinandersetzung, dass ein Anreiz,
  >> das Wissen, nicht in Ruhe gelassen zu werden einen erheblichen Anteil
  > zu
  >> einer positiven Entwicklung haben kann. Abwesenheit von formalem Zwang
  >> ist führt nicht zwangsläufig zu Kreativität, Gemeinsinn und
  >> Bildungshunger. Es braucht auch eine Freiheit für etwas. Eine
  >> qualifizierte berufliche Beratung beinhaltet auch, gemeinsam zu
  >> erkennen, was fehlt, um den Wunschberuf ausüben zu können - und das
  > ist
  >> bei einer Quote von 50 % Fehlen eines Hauptschulabschlusses bei den
  >> unter 25jährigen bei weitem nicht nur der fehlende Ausbildungs- oder
  >> Arbeitsplatz. Dieser Prozeß  funktioniert aber nur auf Augenhöhe bei
  >> gemeinsamen Vertrauen und er benötigt Zeit. Er kann aber
  > funktionieren.
  >> Im JobCenter Charlottenburg-Wilmersdorf wurde eine repräsentative (und
  >> natürlich anonyme) Umfrage bei unter 25jährigen durchgeführt, bei der
  >> ca. 65 % angaben, dass die Gespräche bei der Vermittlung entscheidend
  > zu
  >> ihrem beruflichen Fortschritt beitragen und sie Vertrauen gefaßt
  > haben.
  >> (Die anderen waren neutral oder ablehnend). Dieses Ergebnis basiert
  > aber
  >> auf einem intensiven Prozesses der Arbeitsvermittler/innen, die einen
  >> nachhaltig erfolgreichen Weg einschlagen wollen und dabei auch
  >> diejenigen mitnehmen, die wenig Vertrauen in die Kundschaft. Die
  >> Sanktionsquote ist ganz niedrig, die niedrigste Berlins, die
  >> Arbeitslosigkeit der unter 25jährigen wurde um 5 %-Punkte im letzten
  >> Jahr gesenkt.
  >>
  >> Ich will das nicht über den Grünen Klee loben, denn es gibt natürlich
  >> nach wie vor schlechte Beratungen, weggemobbte Kunden, eine wenig
  >> hilfreiche zentralistische Struktur, viel zu wenig Spielräume für
  >> Ermessen vor Ort, usw., usw., Aber die positiven Beispiele bestärken
  >> mich darin, den Weg der Qualifizierung der Angebotsprozesse zu
  > fordern:
  >> z.B. über Vorgaben, die den Erfolg an der nachhaltigen Integration
  >> messen und nicht etwa an der Reduzierung der passiven
  >> Transferleistungen. Konkrete Hinweise zu einen besseren Struktur sind
  >> z.B. dem Berliner Antrag, mit dem wir einen "ermutigenden Sozialstaat"
  >> fordern, zu entnehmen. Wir gehen darin sehr konkret auf die von uns
  >> geforderten Rechte der Arbeitssuchenden ein, zu denen eine sehr viel
  >> größere Selbständigkeit genauso gehört wie ein Mindestlohn und der
  >> Ausbau öffentlicher Infrastruktur im Bereich Kinderbetreuung und
  >> Bildung.
  >>
  >> Ich bin gerne bereit, über jede einzelne konkrete Maßnahme zu
  >> diskutieren, die für mich zu einer entscheidenden
  > Qualitätsverbesserung
  >> gehört. Dies ist für mich ein  verantwortungsvoller Weg zu einer
  >> Sozialpolitik, die auf den erschreckenden Mangel an beruflicher
  >> Qualifikation und die Zunahme von patch-work-Berufsbiografien
  > reagiert.
  >>
  >> Martina Schmiedhofer
  >>
  >> Freitag, den 09.11.2007, 16:54 +0100 schrieb Dirk Jacobi:
  >>> Lieber Markus, liebe andere,
  >>>
  >>> interessant finde ich, dass Ihr in dem Brief zwar
  >>> sagt, was Ihr nicht wollt, aber mit keinem
  >>> einzigen Wort führt Ihr aus, warum Ihr für welche
  >>> der in dem BuVo-Antrag erwähnten Maßnahmen seid.
  >>> Ihr baut mal wieder den Pappkameraden
  >>> Grundeinkommen auf, um ihn abzuschießen. Okay, das kennen wir nun
  > schon.
  >>> Ich dachte allerdings, dass wir in der
  >>> parteiinternen Diskussion weiter sind und es vor
  >>> der BDK darum geht, konstruktiv Vorschläge für
  >>> bündnis-grüne Reformen der Grundsicherung zu diskutieren.
  >>> Das wollt Ihr offenbar nicht. Klar mit der
  >>> Verteidigung konkreter Vorschläge macht man sich
  >>> angreifbar. Das wissen die BefürworterInnen eines Grundeinkommens nur
  > zu
  >>> gut.
  >>> Wenn Ihr doch so in den tagtäglichen
  >>> sozialpolitischen Konflikten verstrickt seid,
  >>> müßtet Ihr doch gute Argumente für verschiedene
  >>> Vorschläge zur Reform der Grundsicherung haben.
  >>> Das scheint aber nicht der Fall zu sein.
  >>> Zumindest nennt Ihr keine Argumente für konkrete Reformschritte.
  >>> Merkwürdig!
  >>> So entsteht der Eindruck, dass Eure Einigkeit bei
  >>> der Ablehnung des Pappkameraden Grundeinkommen
  >>> aufhört. Euer Papier hätte jedenfalls problemlos
  >>> auch Oswald Metzger unterschreiben können. Da
  >>> stellt sich dann die Frage, wer welche Allianzen eingeht.
  >>>
  >>> Herzliche Grüße,
  >>> Dirk Jacobi
  >>>
  >>>
  >>>
  >>>
  >>>
  >>>
  >>> At 15:49 09.11.2007, Markus Kurth MA01 wrote:
  >>> >Liebe Freundinnen und Freunde,
  >>> >
  >>> >
  >>> >zur Vorbereitung des Bundesparteitages in Nürnberg möchten wir Euch
  >>> >unsere fachpolitischen Erwägungen zur Kenntnis bringen und
  > übersenden
  >>> >Euch in der Anlage den offenen Brief der SozialpolitikerInnen.
  >>> >
  >>> >Mit grünen Grüßen
  >>> >
  >>> >Markus Kurth MdB
  >>> >
  >>> >
  >>> >--
  >>> >Büro
  >>> >Markus Kurth, MdB
  >>> >Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  >>> >Dorotheenstr. 101
  >>> >10117 Berlin
  >>> >Tel. 030-227-71970
  >>> >Fax 030-227-76966
  >>> >www.markus-kurth.de
  >>> >
  >>> >
  >>> >
  >>> >
  >>> >
  >>> >
  >>> >Content-Type: application/pdf; name="Offener Brief"
  >>> >         Grüner SozialpolitikerInnen zur BDK Nürnberg.pdf"
  >>> >Content-Disposition: inline; filename="Offener Brief"
  >>> >         Grüner SozialpolitikerInnen zur BDK Nürnberg.pdf"
  >>> >
  >>> >_______________________________________________
  >>> >Debatte.bag.sozialpolitik at gruene.de Mailingliste BUENDNIS 90/DIE
  > GRUENEN
  >>> >Abbestellen der Liste:
  >>> >Schicken Sie eine leere Mail an:
  >>> >Debatte.bag.sozialpolitik-unsubscribe at gruene.de
  >>> >Sie erhalten eine Antwort-Mail mit dem Betreff "confirm ...",
  >>> >über die Sie Ihre Abbestellung nochmals bestaetigen müssen.
  >>>
  >>> _________________________________
  >>>
  >>> Dirk Jacobi (Dipl. Soz.-Wiss.)
  >>> Fehrbelliner Straße 3
  >>> 10119 Berlin
  >>>
  >>> Tel.: 030/44041546
  >>> Email: Dirk_Jacobi at web.de
  >>>
  >>>
  >>> _______________________________________________
  >>> Debatte.bag.sozialpolitik at gruene.de Mailingliste BUENDNIS 90/DIE
  > GRUENEN
  >>> Abbestellen der Liste:
  >>> Schicken Sie eine leere Mail an:
  >>> Debatte.bag.sozialpolitik-unsubscribe at gruene.de
  >>> Sie erhalten eine Antwort-Mail mit dem Betreff "confirm ...",
  >>> über die Sie Ihre Abbestellung nochmals bestaetigen müssen.
  >> --
  >> Martina Schmiedhofer
  >> Bezirksstadträtin für Soziales, Gesundheit,
  >> Umwelt und Verkehr
  >> Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
  >> Fehrbelliner Platz 4
  >> 10707 Berlin
  >> Tel.:030 9029-15746
  >> Fax :030 9029-15860
  >>
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