[Debatte-Grundeinkommen] Für alle Marxisten...

lothar walczak lwalczak at gmx.de
Do Nov 1 19:29:52 CET 2007


Danke dafür!

Lothar Walczak


Am 29. Okt 2007 um 09:50 schrieb Juli:

> Hallöle!
>
> Auch eine Möglichkeit, Debatten in eine an sich brachliegende Liste zu
> kriegen: einfach mal so richtig unsinniges Zeug schreiben. Von mir  
> dazu
> nur ein paar kleinere Anmerkungen:
>
>
> Joerg Drescher schrieb:
>> danke für Deine ausführliche Antwort, was zum besseren Verständnis
>> beiträgt. Trotzdem bin ich der Meinung, daß der Kommunismus, bzw.
>> Marxismus nicht funktioniert. Der Mensch ist eben nicht auf der Ebene
>> gleich, wie ihn diese Theorien gleich machen wollen.
> Wo tut sie das denn?
>
> Die marxsche Theorie ist in erster Linie eine "Kritik". Das heißt:  
> Marx
> kritisiert die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft. Daraus lässt
> sich vielleicht negativ etwas über eine befreite Gesellschaft sagen,
> besonders viel dazu geschrieben hat Marx allerdings nicht. Ich  
> halte die
> Aussage, Marx wollen alle Menschen "gleich" machen, für eine unbelegte
> Unterstellung und biete für jedes Zitat, das diese Einschätzung  
> belegt,
> zwei Gegenbeispiele. Mal ganz pauschal ,-)
>
>> Deshalb ist jeder realer Umsetzungsversuch zum Scheitern verurteilt
>> (was uns die Geschichte gezeigt hat).
> Hier beißt sich die Katze in den virtuellen Schwanz: Da Marx kein  
> System
> erdacht hat, sondern lediglich eins kritisiert hat, kann da auch keine
> Umsetzung scheitern. Was scheitern kann, ist die Kritik. Etwa, indem
> sich zeigt, das endgegen seinen Ausführungen doch alles ganz  
> reibungslos
> funktioniert. Den Eindruck habe ich allerdings nicht.
>
> Marx hat sich sogar immer wieder davon abgegrenzt, das er  
> Systembildung
> betreiben würde. Beim durchsehen eines volkswirtschaftlichen
> Einführungsbuches von einem gewissen Adolf Wagner etwa hat er an den
> Rand geschrieben:
>
> „Nach Herrn Wagner ist die Werttheorie von Marx "der Eckstein seines
> sozialistischen Systems" Da ich niemals ein "sozialistisches System"
> aufgestellt habe, so dies eine Phantasie (der anderen)“
>
> Insofern: die Phantasie des Jörg Drescher, sozusagen.
>> Der Konflikt besteht nicht in den Ideologien, sondern im Menschsein:
>> dem Problem der Gleichheit und gleichzeitigen Unterschiedlichkeit. Wo
>> finde ich das aber bei Marx? Welchen Weg schlägt er vor? Entspricht
>> dieser Weg noch der heutigen Zeit? Wo wird bei Marx der Mensch
>> betrachtet? Wie sieht er ihn?
> Wie gesagt: er schlägt zunächst mal gar nichts vor, er kritisiert.
> Letztlich zieht sich die Kritik durch das ganze Werk, zum Begriff der
> Gleichheit wird sie vor allem an zwei Stellen deutlich: Im Kapital  
> (MEW
> 23, 189ff) und vor allem in einer sehr empfehlenswerten und oft
> ignorierten Stelle in den Grundrissen (MEW 42, 166ff)
>
> Marx analysiert hier die Gleichheit kritisch ls ein
> bürgerlich-kapitalistisches Prinzip, das tatsächlich auf genau das
> hinausläuft, was du ihm als Wunsch unterstellen willst: das die  
> Menschen
> sich durch den Tausch gleichsetzen. Das wird nur möglich durch ihre
> reale Ungleichheit - wenn sie nicht unterschiedliche Bedürfnisse  
> hätten
> oder unterschiedliche Dinge tun würden, gäbe es schließlich nix zu
> tauschen. Gleichzeitig wird diese Ungleichheit aber, obwohl
> Voraussetzung, untergraben. Eben durch den Bezug der je einzelnen auf
> eine bewußtlose Ökonomie, die sich die Vielen als Gleiche unter ihre
> Ansprüche unterordnet. Das ist nicht schön, aber eben Kapitalismus.
>
> Die marx'sche Vision wird hier nur negativ deutlich: es würde gelten
> einen Zustand zu schaffen, in dem der Einzelne nicht isoliert von
> anderen über anonyme Zwänge mit ihnen vergesellschaftet wird.  
> Sondern in
> dem die Möglichkeiten wirklicher Freiheit und wirklicher Gleichheit  
> zum
> tragen kämen. Es würde also - hier hast du dann wieder ein wenig  
> recht -
> nicht darum gehen, einfach nur das Gegenteil zu machen. Vielmehr  
> müssten
> die beiden scheinbar widersprüchlichen Ansprüche (Freiheit und
> Gleichheit) auf eine höhere Ebene (Synthese, quasi) zu sich selber
> kommen. Zumindest solange wir dem Marx der Grundrisse folgen wollen...
>> Wir stehen vor einer "neuen sozialen Frage", die auf "soziale
>> Gerechtigkeit" hinausläuft. Und "soziale Gerechtigkeit" hat sehr viel
>> mit Gleichheit zu tun.
> Auch hier würde Marx dir wohl widersprechen. Sicherlich hat
> Gerechtigkeit auch für ihn etwas mit Gleichheit zu tun. Nur eben
> negativ: Im Kapitalismus ist laut Marx für Gerechtigkeit gesorgt,
> alleine dadurch, das die Menschen Waren als Äquivalente (als Gleiche)
> tauschen. Das gilt auch für den Verkauf der Ware Arbeitskraft, so das
> auch der marxsche Mehrwert nicht durch Betrug, sondern gerade durch  
> die
> Einhaltung zivilisierter, gerechter Standarts entsteht. (MEW 23,  
> 207ff)
>
> Soviel von mir.
>
> bunte grüße,
>
> juli
> _______________________________________________
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