[Debatte-Grundeinkommen] [Gr.NetzGE] Nichtindustrieländer und BGE - Bodenrente, Bodensteuer, Erbbaurechte und Ökoabgaben

j.behncke j.behncke at bln.de
Fr Mai 11 09:06:41 CEST 2007


Lieber Jörg, liebe Liste!

Man muß wohl das machen, was man auch in Deutschland machen muß: Die GE Höhe 
ist zu regionalisieren.

Das ist ganz selbstverständlich, wenn man das GE global denkt.

Aber ich finde die Modellanwendung Ukraine ganz interessant, auch durch den 
Stadt-Land Effekt und durch die aus Deinen Darstellungen hervorgehende 
Tatsache, dass dort die Leute auf dem Land noch in einer vorindustriellen 
Situation leben: Geld ist untergeordnet. Man versorgt sich durch die 
Erzeugung von Gütern für das tägliche Leben.

Grüße
Joachim Behncke
AK Grundsicherung/Grundeinkommen, Berlin


----- Original Message ----- 
From: "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
To: "Manfred Bartl" <sozial at gmail.com>; 
<debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>; 
<gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de>
Sent: Thursday, May 10, 2007 10:09 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] [Gr.NetzGE] Nichtindustrieländer und 
BGE - Bodenrente, Bodensteuer, Erbbaurechte und Ökoabgaben


> Hallo Manfred, Hallo Ludwig und die restlichen Listenleser!
>
> ich glaube, daß das Problem nicht ganz verstanden wurde. Ich spreche hier
> von der Ukraine und nicht von Deutschland. Das ist ein Volk mit 48Mio.
> Einwohnern (tendenz sinkend) und wenn man hier ein ausreichend hohes BGE
> finanzieren will, dann muß man sich an solchen Ballungszentren wie Kiew
> orientieren. Auf dem Land gibt's nichts (weder wirkliche Arbeit, noch
> Konsumgüter oder eine gute Infrastruktur), weshalb 500-600 USD kein Anreiz
> sind, "für's Nichtstun" dort zu bleiben und viel Geld zu bekommen.
>
> Anders herum, muß das Gesamtvolk diese 500-600 USD für jeden auch
> erwirtschaften. Mit ca. 6Mio. Leuten in Kiew (und ein paar anderen 
> Städten,
> die Waren/Dienstleistungen zum Konsum produzieren), könnte es durchaus 
> sein,
> daß diese 500USD gar nicht ausreichen, sondern nur 300USD oder weniger für
> jeden wird - auf dem Land reicht das, im Ballungszentrum nicht. Damit wäre
> aber der BGE-Grundgedanke (existenzsichernd im Sinne einer basalen
> Grundversorgung) für Städte ausgehoben.
>
> Nun kommt das Argument: sollen die Leute doch auf's Land ziehen - wäre
> sowieso gesünder und klüger. Aber auf dem Land muß großteils erst eine
> Infrastruktur geschaffen werden.
>
> Nun speziell zu Ludwig:
> Die Bodenbesteuerung gibt's schon bei Condorcet (vgl. Text von van Parijs)
> und im UDZ-Forum war ein glühender Verfechter des "Terrismus". Außerdem 
> wird
> der Vorschlag von der Initiative "Equilibrismus"
> (http://www.equilibrismus.de/) vertreten. Eine Bodensteuer würde in der
> Ukraine noch extremere Auswirkungen haben, da das Land hauptsächlich ein
> Agrarland ist. Der Grundbesitzer soll für den Boden Steuern zahlen und muß
> gleichzeitig noch Leute finden, die trotz enorm hohem BGE für die
> Bewirtschaftung hart (!) arbeiten. Wenn er sie durch finanzielle Anreize
> locken will, wird's richtig teuer. Das wirkt sich auf die
> (Lebensmittel)Preise aus und so weiter und so fort...
>
> Ihr verkennt glaube ich die Situation in anderen Ländern. Kommt doch mal
> vorbei - ich bin gerne bereit, jemandem Kiew und die Ukraine zu zeigen; 
> vor
> allem, mit welchen Problemen die Leute hier zu "kämpfen" haben. Es gibt 
> viel
> zu sehen.
>
> Was ich hier schreibe ist kein Gegenargument zum BGE, sondern die Frage, 
> ob
> Eure BGE-Vorstellungen nur auf Deutschland passen. Ich denke (leider) 
> global
> und suche universale Möglichkeiten. Bisher scheint das Dilthey-Modell die
> besten Ansätze zu haben, diese Probleme zu lösen - nicht umsonst war ich 
> von
> Anfang an für dieses Modell, seit ich es kenne.
>
> Viele Grüße aus Kiew,
>
> Jörg (Drescher)
>
>
>
> ----- Original Message ----- 
> From: "Manfred Bartl" <sozial at gmail.com>
> To: <ludwigpaul.haeussner at iep.uni-karlsruhe.de>; "Joerg Drescher"
> <iovialis at gmx.de>; <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Cc: <gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de>;
> <genugfueralle at listen.attac.de>; "Büro Reinhard Loske"
> <reinhard.loske at bundestag.de>
> Sent: Thursday, May 10, 2007 6:41 PM
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] [Gr.NetzGE] Nichtindustrieländer und
> BGE - Bodenrente, Bodensteuer, Erbbaurechte und Ökoabgaben
>
>
> Hallo, Jörg und Ludwig und alle auf der Liste!
>
> Jörg, Du denkst doch sonst nicht so durch die Geld-Brille. Städte sind
> heutzutage eigentlich kein Lebensraum mehr, sondern nur noch
> Ballungsraum. Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte dazu führen,
> dass Ideen für die Gestaltung eines menschenwürdigens Lebensraumes
> Stadt wieder gedacht und vielleicht auch umgesetzt werden können.
> Damit würden Städte dem Land sicher wieder etwas ähnlicher werden.
>
> Die Lebenshaltungskosten in der Stadt sind u.a. deswegen höher, weil
> Wohneigentum weniger verbreitet ist. Weil viele Menschen in der Stadt
> Miete zahlen, verschaffen sie den Hausbesitzern leistungsloses
> Einkommen. Zudem vergrößern sie dadurch und durch den mit den
> Mietzahlungen finanzierten Zinseffekt das Eigentum der Hausbesitzer.
> Dadurch wird die Situation in der Stadt auch immer schlimmer. Dabei
> gibt es gar keinen sinnvollen Grund, dass meine Wohnung jemand anderem
> gehören muss. Eigentlich düfte es diese Form des Menschen abhängig
> machenden Eigentums überhaupt nicht geben. Neben dem bedingungslosen
> Grundeinkommen brauchen wir daher auch ein Wohnrecht/Wohneigentum ODER
> umgekehrt die völlige Abschaffung von Bodeneigentum. So weise waren
> schon die alten Indianer...
>
> Ludiwg, Dein Modell klingt gut und gerecht, ist aber unter
> kapitalistischen Bedingungen auf lange Sicht undenkbar, da Boden damit
> zum Spekulationsobjekt werden würde, das nur dann gemeineigen gehalten
> werden kann, wenn er auch etwas abwirft. Eigentlich ist der
> Kapitalismus insgesamt auf lange Sicht undenkbar ;-)
>
> Gruß
> Manfred
>
>
> _______________________________________________
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> Gruenes_Netzwerk_Grundeinkommen at gruene-berlin.de
> http://gruene-berlin.de/cgi-bin/mailman/listinfo/gruenes_netzwerk_grundeinkommen
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