[Debatte-Grundeinkommen] Antwort an Jörg Drescher wg. Finanzierung, Band 27, Eintrag 28

Florian J. Hoffmann florian at green-capitalism.org
Sa Jun 30 12:16:13 CEST 2007


Lieber Jörg Drescher,

ich darf den Teil Deiner Mail rezitieren, auf welchen ich Antworten möchte.
Immerhin stellst Du eine konkrete Frage, die - wie wahr - von größter
Bedeutung ist:

"Es wäre trotzdem wünschenswert, daß attac oder das Netzwerk-Grundeinkommen
nicht nur Kriterien festlegt, was die Empfängerseite betrifft
(Existenzsichernd, ohne Arbeitszwang, soz.Kult. Teilhabe, Rechtsanspruch,
Bedingungslosigkeit...). Mir fehlt einfach eine Definition der
Finanzierungsseite, denn damit werden Punkte berührt, die von Attac z.B.
gefordert werden (vgl. Tobin-Steuer). Bisher scheint die BGE-Idee sich auf
die Verteilung zu konzentrieren, ohne zu bedenken, woher das Geld kommen
soll. Die Verteilung läßt sich auch tausendfach rechtfertigen und begründen.
Wie sieht's aber mit Rechtfertigungen und Begründungen für die zu
verteilenden Einnahmen aus? Oder habe ich bisher verschlafen und nicht
mitbekommen, daß es Kriterien für die Einnahmeseite gibt?"

In der Tat wird die Finanzierung und Finanzierbarkeit des bGE von vielen
wichtigen Verfechtern ausgeklammert, so nach dem Motto: "Erst wird die
Forderung durchgesetzt, dann kümmern wir uns um die Finanzierung." Vogel
Strauss läßt grüßen! In der Tat besteiten die stärksten Gegener des bGE
immer die Finanzbarkeit. Und in der Tat sind Rechenmodelle, in denen 80
Prozent des Bruttosozialprodukts im bGE verschwinden nicht besonders
"verkaufsfördernd".

Es gibt ein Dilthey-Modell, das einigermaßen plausibel ist, aber auch noch
nicht der Weisheit letzter Schluß, da es mit Durchschnittseinkommen, also
mit statistischen Werten arbeitet, während es bei der Finanzierung um Geld,
also konkrete Geldeinnahmen geht, deren Verwendung für das bGE gegeben sein
soll.

Ich habe vor zwei Jahren schon ein Modell vorgestellt, das ich hier in aller
Kürze wiederholen möchte. Meine Grundaussage lautet: Dem Staat gehört die
Mehrwertsteuer, dem Bürger die Einkommensteuer. Der Mehrwertsteuersatz
(flat) repräsentiert den Anteil des Staates am Bruttosozialprodukt. Der
Einkommensteuersatz (flat), z.B. 30 Prozent, repräsentiert den Anteil am
Individualeinkommen, den jeder Bürger in die solidarische Umverteilung, also
das bGE, einbringen muß. Die Einkommensteuer wird damit zur reinen
Solidarabgabe, mit dem der Staat nichts zu tun hat. Der Staat ist nur für
das Funktionieren der Verteilung (über die Bundesbank) zuständig. Die
Auszahlung (einzige Bedingung: über 16 Jahre alt) als bGE ist ein
solidarisches Einkommen oder Sozialeinkommen, und stellt sich als dritte
Einkommenssäule neben das Arbeits- und das Kapitaleinkommen.

Als bGE verteilt wird ausschließlich das, was in den Topf einbezahlt wird.
Kein fester Satz, sondern allmonatlich nach Aufkommen, bzw. Summe der
Einzahlungen variabel. Welche Höhe das bGE bekommen kann, bestimmen die
Bürger über die Steuerquote (flat) selbst. Insgesamt also ein reines
Solidarsystem, bei dem Aufkommen und Verteilung klar definiert sind.

Vielleicht ist das eine Antwort, die Dich befreidigt?

Schöne Grüße

Florian Hoffmann
www.global-oekonomie.de





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