[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Einkommensobergrenze und BGE-Modelle

BGE bge at maxi-dsl.de
Fr Jun 29 23:37:42 CEST 2007


Hallo Manfred, hallo Listenteilnehmer,

grundsätzlich gebe ich Manfred Bartl recht, daß kein Mensch mit "eigener Hände 
Arbeit" ein Gehalt in so großer Höhe erwirtschaften kann, wie Herr Ackermann 
es kassiert.

Daher sieht das Dilthey-Modell auch die Steuerfreiheit von "eigener Hände 
(Kopfes) Arbeit" und die Besteuerung der "Erträge aus Zuarbeit 
anderer" (verdeckte Gewinnausschüttung) vor.

Neben der Einkommensbesteuerung unterliegen bei dem Modell auch die Geldanlage 
(in Form eines Tobin-Tax-Derivats) der Besteuerung, so daß die "Ackermänner" 
unter dem Strich auf nahezu 70% Abgabenlast kommen.

Irgendwo muß eine Grenze liegen bei der Besteuerung; zumindest solange 
Fluchtmöglichkeiten existieren.


Ein BGE-Modell sollte m.E. zumindest drei Kriterien erfüllen:

1. Soziale Standarts exportieren, nicht Sozialdumping importieren

2. Der nationalen Wirtschaft eine Möglichkeit geben, nicht auswandern zu 
müssen

3. Auf globale Änderungen flexibel anpassbar sein


Den "Ackermännern" würde es (subjektiv) sehr weh tun, ihr Einkommen noch 
weiter zu besteuern, als es das Dilthey-Modell vorsieht.
Eine Steuerfrei-Stellung kleinerer Einkommen tangiert hingegen die 
Extremverdiener nicht; entlastet aber die Betroffenen objektiv sehr stark.

Manfred mag mit seiner Forderung nach Begrenzung der hohen Einkommen recht 
haben. Tatsache ist, daß beim Dilthey-Modell die "Stellschrauben" dazu 
vorhanden sind,

und

daß vornehmlich aus der Linkspartei/WASG das Modell als zu abgehoben, als 
"Wolkenkuckuksheim", kritisiert wird.
Kein anderes z.Z. diskutiertes BGE-Modell begrenzt die weitere Öffnung der 
Einkommens-Schere so stark, als das vorliegende Dilthey-Modell.

Durch die dynamische Ausgestaltung kompensiert die Finanzierungserhebung auch 
eventuelle Fehler in der Steuersystematik (z.B. inflationäre Tendenzen).

Ich stimme mit Manfred überein, daß verdienen auch verdient sein sollte!


Liebe Grüße

Matthias Dilthey



Am Freitag, 29. Juni 2007 15:52 schrieb Manfred Bartl:
> Hallo, Jörg!
>
> Das Dilthey-Modell sieht die dynamische Grenze des Steuerfreibetrags
> bei "ca. 5 x BGE". Das ist zwar nett für Gutverdiener, denn sie
> konnten schon mal mit mehr als 50 Prozent Abzügen gut leben. Aber mit
> den Grundideen eines BGE, die Wirtschaft zu zähmen, ist es nicht zu
> vereinbaren. Warum sollte ein Herr Ackermann auch hinterher noch auf
> einem riesigen Geldberg hocken dürfen? Er soll nicht "einen Großteil
> zahlen" müssen, also abtreten - er soll einsehen, dass er wie alle
> anderen auch nur gemäß seiner Produktivität verdienen (also netto
> einnehmen) darf! Und wenn wir dies alles nur durchsetzen, damit das
> Wort "verdienen" wieder Sinn macht! :-)
>
> Einen Satzbaustein wie "die Auszahlung der Löhne Brutto für Netto" -
> obwohl gerade von der Streichung der Lohnnebenkosten die Rede und
> damit Netto für Brutto = neues Netto gemeint ist, werte ich - auch
> wenn Dilthey um seine Absichten ansonsten keinen Hehl macht - als
> Vortäuschung falscher Tatsachen.
>
> Das Dilthey-Modell ist mir viel zu wirtschaftsfreundlich. Es als Ziel
> dieses Modells anzugeben, dass "deutsche Arbeitskosten extrem
> wettbewerbsfähig" werden, halte ich für Augenwischerei, denn das würde
> unter ansonsten gleichen Wirtschaftsbedingungen doch einfach nur dazu
> führen, dass jede mit Deutschland Handel treibende Wirtschaftsnation
> eben auch schleunigst ein solches Grundeinkommen einführen wird, um
> wieder konkurrenzfähig zu werden. Das ist zwar gut, weil ein Wert an
> sich, neutralisiert aber den angeblichen Vorteil des Dilthey-Modells.
>
> Mit einem Grundeinkommen wollen wir uns aber nun einmal in erster
> Linie von dieser fürchterlichen Wirtschaft emanzipieren - wir wollen
> doch einfach nur leben! Und das wollten wir auch, wenn es gar keine
> "Wirtschaft" gäbe! Was wir brauchen, ist einfach ein System, das genau
> dies ermöglicht - und "die Wirtschaft" hat sich nun einmal als
> generalversagender Fetisch ("Wenn es der Wirtschaft gut geht...")
> herausgestellt und muss WEG!
>
> Gruß
> Manfred
>
> On 6/29/07, Joerg Drescher <iovialis at gmx.de> wrote:
> > Hallo Manfred,
> >
> > scheinbar hast Du das Dilthey-Modell noch nicht näher angeschaut.Darin
> > gibt's eine Einkommensobergrenze - und zwar nicht mit einem Fixbetrag,
> > sondern dynamisch an der BGE-Höhe (4x-fach). Danach wird "Übereinkommen"
> > auch nicht komplett gestrichen, sondern flat mit 50% versteuert. Dann
> > hätte ein Herr Ackermann zwar immernoch einen riesen Haufen Geld, aber er
> > zahlt auch einen Großteil.
> >
> > Ich hatte auch eine Auslegung und Begründung zum Dilthey-Modell
> > geschrieben, welche die einzelnen Steuerarten und Hintergründe näher
> > beschreibt. Nicht umsonst gefällt mir dieses Modell bisher am Besten.
> >
> > Es wäre trotzdem wünschenswert, daß attac oder das
> > Netzwerk-Grundeinkommen nicht nur Kriterien festlegt, was die
> > Empfängerseite betrifft
> > (Existenzsichernd, ohne Arbeitszwang, soz.Kult. Teilhabe, Rechtsanspruch,
> > Bedingungslosigkeit...). Mir fehlt einfach eine Definition der
> > Finanzierungsseite, denn damit werden Punkte berührt, die von Attac z.B.
> > gefordert werden (vgl. Tobin-Steuer).
> >
> > Bisher scheint die BGE-Idee sich auf die Verteilung zu konzentrieren,
> > ohne zu bedenken, woher das Geld kommen soll. Die Verteilung läßt sich
> > auch tausendfach rechtfertigen und begründen. Wie sieht's aber mit
> > Rechtfertigungen und Begründungen für die zu verteilenden Einnahmen aus?
> >
> > Oder habe ich bisher verschlafen und nicht mitbekommen, daß es Kriterien
> > für die Einnahmeseite gibt?
> >
> > Viele Grüße aus Kiew,
> >
> > Jörg (Drescher)
> >
> >
> >
> > ----- Original Message -----
> > From: "Manfred Bartl" <sozial at gmail.com>
> > To: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>;
> > <gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de>;
> > <genugfueralle at listen.attac.de>; "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
> > Sent: Friday, June 29, 2007 3:34 PM
> > Subject: Re: [Genugfueralle] Einkommensobergrenze und BGE-Modelle
> >
> >
> > Hallo, Jörg!
> >
> > Da stimme ich Dir sofort zu. Ich habe zwar schon öfter angemahnt, dass
> > die BRUTTO-Einkommen von Managern ja steigen mögen, wohin sie wollen -
> > NETTO sollte KEIN Mensch mehr als 10.000 Euro Einkommen über alle
> > Einkommensarten haben! Das wäre nämlich ein komplettes Auto - jeden
> > Monat! So produktiv kann aber kein Mensch sein, wenn Einkommen
> > tatsächlich nach Produktivität berechnet wird.
> >
> > Wenn man dies in ein Grundeinkommensmodell einarbeiten würde, hätte
> > man sagenhaft viel frei flottierendes Kapital, das der Staat dann zum
> > Anbieten biespielsweise eines gratis nutzbaren ÖPNV einsetzen könnte.
> >
> > Gruß
> > Manfred



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