[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Einkommensobergrenze und BGE-Modelle

Manfred Bartl sozial at gmail.com
Fr Jun 29 15:52:10 CEST 2007


Hallo, Jörg!

Das Dilthey-Modell sieht die dynamische Grenze des Steuerfreibetrags
bei "ca. 5 x BGE". Das ist zwar nett für Gutverdiener, denn sie
konnten schon mal mit mehr als 50 Prozent Abzügen gut leben. Aber mit
den Grundideen eines BGE, die Wirtschaft zu zähmen, ist es nicht zu
vereinbaren. Warum sollte ein Herr Ackermann auch hinterher noch auf
einem riesigen Geldberg hocken dürfen? Er soll nicht "einen Großteil
zahlen" müssen, also abtreten - er soll einsehen, dass er wie alle
anderen auch nur gemäß seiner Produktivität verdienen (also netto
einnehmen) darf! Und wenn wir dies alles nur durchsetzen, damit das
Wort "verdienen" wieder Sinn macht! :-)

Einen Satzbaustein wie "die Auszahlung der Löhne Brutto für Netto" -
obwohl gerade von der Streichung der Lohnnebenkosten die Rede und
damit Netto für Brutto = neues Netto gemeint ist, werte ich - auch
wenn Dilthey um seine Absichten ansonsten keinen Hehl macht - als
Vortäuschung falscher Tatsachen.

Das Dilthey-Modell ist mir viel zu wirtschaftsfreundlich. Es als Ziel
dieses Modells anzugeben, dass "deutsche Arbeitskosten extrem
wettbewerbsfähig" werden, halte ich für Augenwischerei, denn das würde
unter ansonsten gleichen Wirtschaftsbedingungen doch einfach nur dazu
führen, dass jede mit Deutschland Handel treibende Wirtschaftsnation
eben auch schleunigst ein solches Grundeinkommen einführen wird, um
wieder konkurrenzfähig zu werden. Das ist zwar gut, weil ein Wert an
sich, neutralisiert aber den angeblichen Vorteil des Dilthey-Modells.

Mit einem Grundeinkommen wollen wir uns aber nun einmal in erster
Linie von dieser fürchterlichen Wirtschaft emanzipieren - wir wollen
doch einfach nur leben! Und das wollten wir auch, wenn es gar keine
"Wirtschaft" gäbe! Was wir brauchen, ist einfach ein System, das genau
dies ermöglicht - und "die Wirtschaft" hat sich nun einmal als
generalversagender Fetisch ("Wenn es der Wirtschaft gut geht...")
herausgestellt und muss WEG!

Gruß
Manfred




On 6/29/07, Joerg Drescher <iovialis at gmx.de> wrote:
> Hallo Manfred,
>
> scheinbar hast Du das Dilthey-Modell noch nicht näher angeschaut.Darin
> gibt's eine Einkommensobergrenze - und zwar nicht mit einem Fixbetrag,
> sondern dynamisch an der BGE-Höhe (4x-fach). Danach wird "Übereinkommen"
> auch nicht komplett gestrichen, sondern flat mit 50% versteuert. Dann hätte
> ein Herr Ackermann zwar immernoch einen riesen Haufen Geld, aber er zahlt
> auch einen Großteil.
>
> Ich hatte auch eine Auslegung und Begründung zum Dilthey-Modell geschrieben,
> welche die einzelnen Steuerarten und Hintergründe näher beschreibt. Nicht
> umsonst gefällt mir dieses Modell bisher am Besten.
>
> Es wäre trotzdem wünschenswert, daß attac oder das Netzwerk-Grundeinkommen
> nicht nur Kriterien festlegt, was die Empfängerseite betrifft
> (Existenzsichernd, ohne Arbeitszwang, soz.Kult. Teilhabe, Rechtsanspruch,
> Bedingungslosigkeit...). Mir fehlt einfach eine Definition der
> Finanzierungsseite, denn damit werden Punkte berührt, die von Attac z.B.
> gefordert werden (vgl. Tobin-Steuer).
>
> Bisher scheint die BGE-Idee sich auf die Verteilung zu konzentrieren, ohne
> zu bedenken, woher das Geld kommen soll. Die Verteilung läßt sich auch
> tausendfach rechtfertigen und begründen. Wie sieht's aber mit
> Rechtfertigungen und Begründungen für die zu verteilenden Einnahmen aus?
>
> Oder habe ich bisher verschlafen und nicht mitbekommen, daß es Kriterien für
> die Einnahmeseite gibt?
>
> Viele Grüße aus Kiew,
>
> Jörg (Drescher)
>
>
>
> ----- Original Message -----
> From: "Manfred Bartl" <sozial at gmail.com>
> To: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>;
> <gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de>;
> <genugfueralle at listen.attac.de>; "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
> Sent: Friday, June 29, 2007 3:34 PM
> Subject: Re: [Genugfueralle] Einkommensobergrenze und BGE-Modelle
>
>
> Hallo, Jörg!
>
> Da stimme ich Dir sofort zu. Ich habe zwar schon öfter angemahnt, dass
> die BRUTTO-Einkommen von Managern ja steigen mögen, wohin sie wollen -
> NETTO sollte KEIN Mensch mehr als 10.000 Euro Einkommen über alle
> Einkommensarten haben! Das wäre nämlich ein komplettes Auto - jeden
> Monat! So produktiv kann aber kein Mensch sein, wenn Einkommen
> tatsächlich nach Produktivität berechnet wird.
>
> Wenn man dies in ein Grundeinkommensmodell einarbeiten würde, hätte
> man sagenhaft viel frei flottierendes Kapital, das der Staat dann zum
> Anbieten biespielsweise eines gratis nutzbaren ÖPNV einsetzen könnte.
>
> Gruß
> Manfred
>
>


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