[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Katja Kipping und Björn Böhning zum BGE bei Stern.de

Manfred Bartl sozial at gmail.com
Mi Jun 27 15:42:47 CEST 2007


Hallo, Horst!

Ich finde diesen Diskussionsansatz auf Basis eines vorauseilenden
Gehorsams ziemlich unproduktiv. Was ist an diesem Szenario bitteschön
realistisch, wenn schon ein Grundeinkommen eingeführt worden sein und
es dennoch Löhne von 1, 2 oder 3 Euro geben soll? Wenn ein
Grundeinkommen existiert, wird es defintiv auch einen Mindestlohn
geben und ganz sicher keine Löhne von 1, 2 oder 3 Euro mehr! Das
Grundeinkommen erlaubt einen realistischen Blick auf den Zusammenhang
zwischen Produktivität und Lohn, weil es sich beim "Arbeitsmarkt" dann
(nach Götz Werner) verstärkt um einen Markt für Arbeitszeit handelt,
gleiche Arbeitszeiten also tendenziell ähnlicher bezahlt werden.

Und warum sollte für "Stillgelegte" keine Unterstützung zur
Wiedereingliederung in reguläre Beschäftigungsverhältnisse mehr
angeboten werden? Gerade unter den Bedingungen des Grundeinkommens
können sich die ARGEn doch verstärkt um ihre eigentliche Aufgabe
kümmern!
Abgesehen davon wäre es schon ein erheblicher Gewinn für diesen
Sozialstaat, wenn die Leute nicht mehr von der Hartz-IV-Behörde
drangsaliert werden würden!

Die "Gutverdienenden" werden dann nicht mehr so viel zu sagen haben,
weil das Grundeinkommen ja offensichtlich Erwerbslose und Mehrheit
"der Mitte" stärker integriert als bisher. Warum sollte die Mitte
etwas gegen das Grundeinkommen haben, solange sie es selbst bekommt
und sich damit einigermaßen sicher vor dem sozialen Abstieg fühlen
kann, der ihr heute mit Hartz IV jederzeit droht?

Gruß
Manfred



On 6/27/07, horstschiermeyer at aol.com <horstschiermeyer at aol.com> wrote:
>
> Liebe Leute,
>
> es gibt wirlich viele gute Ideen zur Ausgestaltung eines bGE bei Attac,
> Linkspartei, den Grünen und anderswo. Sie haben u.a. allerdings
> folgenden "kleinen Haken", den ich gestern zu einer Diskussion zwischen
> grünen bGE-Befürwortern und Gewerkschaftlern beschrieben habe:
>
> Versuch eines realistischen bGE-Szenarios:
>
> Wenn es jemals ein bGE geben sollte, wüsste ich keinen Grund, warum man
> von einer größeren Verhandlungsmacht der sozial Schwachen ausgehen
> sollte, ein höheres Einkommen durchzusetzen als heute das ALG 2. Für
> die "Stillgelegten" wird sich daher gegenüber ihrem heutigen Dasein nur
> unterscheiden, dass sie keine Hartz-IV-Behörde mehr drangsaliert, ihnen
> aber wegen Wegfalls der weitergehenden sozialen Leistungen wohl auch
> keine Unterstützung zur Wiedereingliederung in reguläre
> Beschäftigungsverhältnisse mehr geboten werden wird. Entweder sie
> kriegens selber "gebacken" oder eben nicht.
> Wer sich nicht mit dem bGE einrichten will, wie dies gegenwärtig viele
> ALG-2-Bezieher tun, zugleich aber auch keine Qualifikationen hat, die
> sich teurer verkaufen lassen in gutbezahlten Jobs oder Selbständigkeit,
> wird dann eben für 1, 2 oder 3 Euro die Stunde Hilfsarbeiten ausführen.
> Wird den Gutverdienenden die notwendige Steuerlast zu viel, gibt es
> eine Sozialschmarotzerdebatte und das bGE wird gesenkt oder bei
> Inflation nicht angepasst. Dann werden noch mehr bereit sein, für 1
> Euro dazuzuverdienen ...
> Das die Gewerkschaften mit solchen Perspektiven ein Problem haben, kann
> ich nachvollziehen ...
>
> Liebe grüne bGE-Befürworter (gilt auch für linke und Attacies:):
> Selbstverständlich wollt Ihr etwas anderes als ich hier skizziert habe.
> Aber wir wollten auch schon mal eine grüne Grundsicherung deutlich über
> der Sozialhilfe - Hartz IV ist draus geworden ...
>
> Es grüßt Horst Schiermeyer, Zittau
>


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