[Debatte-Grundeinkommen] Adam Smith und das BGE

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Sa Jun 9 00:21:27 CEST 2007


Hallo zusammen,

während sich viele durch den G8-Gipfel etwas vom BGE-Thema ablenken lassen
hatten, habe ich an einem Übersetzungsauftrag für Moskau gearbeitet. Dabei
kam unter anderem der Botschaftsmitarbeiter aus Moskau (Bereich Wirtschaft),
Ekkehard Brose, zu Wort. Die gesamte Zeitschrift (erscheint jedes Quartal
seit 3 Jahren und mir wurde die Gesamtübersetzung übergeben) zeigt einen
Gedanken, der auf Adam Smith zurückgeht, sehr deutlich: Wenn es der
Wirtschaft gut geht, geht es auch den Menschen gut. Das Problem dabei ist,
daß Wirtschaft auf Gewinn aus ist und die Rechnung ohne den Menschen macht.
In der Wirtschaft gilt nämlich: nur was monetär verwertbar ist, hat einen
Wert. Damit meine ich, daß vor allem heute andere Werte "verfallen" (wie
Freiheit, Gleichheit, Büderlichkeit usw.).

Brose, der Wirtschaftswissenschaften und nebenher Politik und Philosophie
studierte, sagt in dem veröffentlichten Interview: "Jeder soziale Prozess
entsteht aus der Wirtschaft."

Das erinnert sehr stark an Adam Smith und im Prinzip zeugt die Politik in
vielen Staaten davon, daß man dieser Auffassung ist. Ich möchte sogar
behaupten, daß es Deutschland immer dann gut ging, wenn die CDU an der
Regierung war und das Land dann in ein Loch fiel, wenn die SPD an die Macht
kam. Seit Schröder habe ich allerdings das Gefühl, daß selbst die SPD auf
die Logik von Adam Smith "anspringt" und der Wirtschaft "den Hof macht".

Was vielleicht einigen nicht bekannt ist: in vielen europäischen Ländern
(und in Russland) gibt es "Schnittstellen" zwischen der Wirtschaft und
Regierung. Über dieses "Phänomen" gibt's einen eigenen Artikel in der
Zeitschrift. Darin wird vorgeschlagen: wer in Moskau wirtschaftlich aktiv
werden will, sollte sich an den ortsansässigen Wirtschaftsverein (MMBA)
wenden, der ein Zusammenschluß führender internationaler Unternehmen aus 23
Ländern der Welt ist. Dieser Verein pflegt nämlich Beziehungen zur
Regierung, zu Behörden usw. (das bekannte "Vitamin B"). Das aus dem Grund,
um der Wirtschaft ein Sprachrohr an den jeweilig "richtigen Stellen" zu
sein. In Deutschland nennt man das Lobbyismus - funktioniert genau gleich
und hat den selben Zweck. Aber das ist nicht nur in Deutschland so,
sondern... fast überall.

Mir stellt sich dabei nur die Frage, was mit den vielen Wählern (dem Volk)
ist, deren Interessen vertreten werden sollen. Alle Staatsführer (auch ein
Adolf Hitler) wollten "nur das Beste" für's Volk. Dem verpflichteten sie
sich an Eides statt (vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Amtseid - die
englische Version zeigt, daß es nicht nur in Deutschland so war/ist)

Was ich hier anspreche, hat insofern mit dem BGE etwas zu tun, weil das BGE
den Smith'schen Satz umdreht: Wenn es den Menschen gut geht, geht es auch
der Wirtschaft gut. Die Handlungsmaxime der Politik sollte demnach nicht nur
die Unterstützung der Wirtschaft sein. Jeder Mensch ist Politiker (trifft
Entscheidungen), ist Teil der Gesellschaft (lebt mit und unter Menschen) und
ist Teil der Wirtschaft (minimalst durch Konsum - auch ein Kleinkind,
Arbeitsloser, Topmanager...). Die Staatspolitik begeht in meinen Augen den
"Fehler", der durch Smith "eingeführt" wurde und konzentriert sich auf nur
einen Aspekt des Menschseins (nämlich den Wirtschaftsfaktor).

Meine Übersetzungsarbeit zeigt mir immer wieder, wie an dieser Smith'schen
Maxime festgehalten wird und damit die Wirtschaft stärkt. Dann treffen sich
ein paar "Großen", die meinen, für die Welt verantwortlich zu sein, und
"palavern" über's Klima und haben ihren sichtlichen Spaß dabei. Jeder dieser
"hohen Herren" (und einer "hohen Dame") wäre ohne das Volk handlungsunfähig.
Und in mir staut sich dann eine Art Wut an, wenn dieses Volk vergessen wird
und "vor die Hunde" geht - nur weil im Ansatz ein gravierender Denkfehler
liegt. Jeder wird das wohl noch aus seiner Schulzeit kennen, wenn man in
Mathe oder auch in einem anderen Fach einen falschen Ansatz hatte...man kann
kein "richtiges Ergebnis" liefern. Fatal wird das Ganze in der Abfolge, wenn
mit dem "falschen Ergebnis" weitergemacht wird. In der Chaosforschung nennt
man das "Schmetterlingseffekt" (vgl.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schmetterlingseffekt)

Vielleicht hat der ein oder andere eine Meinung zu diesem Thema...

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)




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