[Debatte-Grundeinkommen] BGE in der Vergangenheit
Stefan Ruhm
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So Feb 25 12:27:36 CET 2007
Hallo Jörg, Hallo Liste!
Vielen Dank für die Links, aber wenn es um ein BGE in der Vergangenheit geht
sollte man den "Manitoba-Versuch" nicht vergessen:
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Grundsätzlichere Überlegungen stellte da schon die kanadische Regierung an.
Sie wollte Mitte der 1970er-Jahre wissen, ob man mit einem Grundeinkommen
die Armut bezwingen könne und welche ökonomischen Auswirkungen dadurch
hervorgerufen würden. Im Rahmen eines sozialen Experiments in der Provinz
Manitoba erhielten zwischen 1975 und 1979 bis zu 1.300 Familien ein
staatlich garantiertes Minimaleinkommen. Eine vierköpfige Familien, die
weniger als 13.000 Dollar im Jahr zur Verfügung hatte, konnte bis zu 5.800
Dollar vom Staat bekommen. Auch Teilnehmer, die keiner Lohnarbeit
nachgingen, kamen in den Genuss der Förderung.
Das Experiment erbrachte ein interessantes Ergebnis. Trotz Grundeinkommen
legte sich kaum jemand auf die faule Haut. "Die Männer reduzierten ihre
jährliche Arbeitszeit um ein Prozent, ihre Frauen um drei Prozent", sagt
Derek Hum, Ökonomieprofessor der Universität Winnipeg, der das
Manitoba-Experiment in der 1970er-Jahren wissenschaftliche begleitete.
Unverheiratete Frauen arbeiteten fünf Prozent weniger. Hum: "Die Resultate
waren ermutigend für die diejenigen, die das garantierte Mindesteinkommen
befürworteten." Aus zwei Gründen: Die verbreitete Kritik am Grundeinkommen,
es würde große Bevölkerungsgruppen zum Ausstieg aus dem Arbeitsmarkt
animieren, das Wachstum reduzieren und die Alimentierung für den Staat
unerschwinglich teuer machen, traf offenbar nicht zu. Außerdem profitierten
arme Beschäftigte dank des staatlichen Zuschusses von einem deutlich höheren
Lebensstandard. Trotzdem blieb das Experiment von Manitoba ohne Folgen: Die
kanadische Regierung legte das Grundeinkommen zu den Akten, als das Land
Ende der 1970er-Jahre von einer Wirtschaftskrise heimgesucht wurde.
Quelle: http://www.taz.de/pt/2006/12/01/a0141.1/text
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Kennt noch jemand deutschsprachige Seiten, die diesen Versuch genauer
beschreiben?
Viele Grüße
Stefan Ruhm
Hallo Listenleser,
hier ein paar Links, die aufzeigen, daß die Diskussion über ein BGE oftmals
älter ist, als die Leser dieser Listen. Unter manchen Links sind
Diskussionen zu finden, welche Auswirkungen ein BGE hätte und was es mit
einem BGE zu bedenken gibt. Teilweise existierten sogar konkrete
Umsetzungspläne, sowie Studien zur Auswirkung eines BGEs. Eine Diskussion
über das Für und Wider scheint deshalb unsinnig, weil man schon mindestens
40 Jahre darüber spricht. Heute geht es in meinen Augen darum, die
Öffentlichkeit über die Ergebnisse aus diesen Diskussionen zu informieren,
sowie die Konsequenz daraus zu ziehen. Dafür sollten vor allem die Medien
sensibilisiert werden, denn sie sind es, die in einer Demokratie
meinungsbildend sind. Das "Parteigeplänkel" behindert die BGE-Einführung -
vielmehr sollten die Parteien ihre Position nutzen, um das BGE in die
Öffentlichkeit zu bringen. Sollen wir noch weitere 10 Jahre darüber
diskutieren? Nur die Politik mit ihren Parteien kann ein BGE auf staatlicher
Ebene realisieren.
Viele Grüße aus Kiew,
Jörg Drescher
Linkliste (unvollständig):
1.) BGE seit den 60ern
http://denkfabrik.iovialis.de/viewtopic.php?p=11#11
Darin heißt es z.B.:
1967 wurde unter Präsident Johnson eine Kommission zu dem Thema
eingerichtet. Nach zwei Jahren wurde der Bericht der Kommission
veröffentlicht, die aus Unternehmern, Gewerkschaftern und Persönlichkeiten
des öffentlichen Lebens bestand und die sich einhellig für ein garantiertes
Mindeseinkommen aussprach.
2.) RICH-Ökonomie (1980)
http://www.iovialis.org/counting.php?file=rich.pdf
Darin heißt es z.B.:
Clifford Hugh Douglas (* 20. Januar 1879 in Stockport; + 29. September 1952
in Fearnan, Schottland) war ein schottischer Ingenieur, der das
Wirtschaftskonzepts der nationalen Dividende (auch Social Credit)
entwickelte.
3.) Arbeitsgesellschaft und Republik (Januar 1997)
http://www.oeko-net.de/kommune/kommune1-97/dmaier1.html
Darin heißt es z.B.:
In der grünen Parteidebatte hat der Gedanke von einer Neubegründung des
Sozialen jenseits der Arbeitsgesellschaft bisher eine Rolle gespielt in der
Idee einer bedarfsorientierten Grundsicherung. Diese sollte urspünglich mit
erworbenen Ansprüchen aus dem Arbeitsleben gar nicht mehr in Verbindung
stehen, sondern rein steuerfinanziert sein.
4.) Gespräch mit André Gorz (September 1997)
http://www.oeko-net.de/kommune/kommune12-97/AGORZ.html
Darin heißt es z.B.:
Schon heute sind 50 (in manchen Ländern 60) Prozent der Einkommen von jeder
Arbeit unabhängige Sozialeinkommen. Das garantierte Mindesteinkommen wird
gar nicht zu umgehen sein. Ohne es wird kaum jemand die produzierten
Reichtümer kaufen können, weil niemand oder fast niemand bezahlt worden sein
wird, um sie zu produzieren. Die Forderung nach einem ausreichenden
Grundeinkommen hat schon heute einen, sagen wir, "heuristischen" Wert: Sie
zeigt die Richtung, auf die die aktuelle Entwicklung hinsteuert.
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