[Debatte-Grundeinkommen] BGE und Regionalgeld

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mi Feb 21 13:46:59 CET 2007


Hallo Christiane,

ja, mir ist nicht entgangen, daß es sich bei Deinem Diskussionsansatz um ein
BGE mit Regionalgeld handelt. Ich hatte mir die Seiten angeschaut und die
Westerwäller möchten aus dem Regionalgeld ein BGE kreiren. Als Modellansatz
durchaus bedenkenswert, um aufzuzeigen, daß es funktionieren kann. Das
eigentliche Geld (der Euro) dient dabei überregional bis global als
Tauschmittel. Ich stimme auch zu, daß das Regionalgeld für die Region
durchaus von Nutzen sein kann (das schrieb ich bereits).

Nehmen wir aber mal die Grundfunktion von Geld:
Geld (egal ob Landeswährung oder Regionalwährung) ist zum Tausch gedacht.
Eine Regionalwährung weist dem Geld diese ursprüngliche Bedeutung wieder
verstärkt zu. Der Mensch lernt dabei, daß das Horten von Regionalgeld keinen
gesellschaftlichen Vorteil bringt, weil es nicht die gleiche Anerkennung wie
der Euro hat. Geld (im allgemeinen) hat auch mMn eine regulierende Wirkung,
denn die meisten Menschen (zumindest in Zentraleuropa) geben nicht mehr aus,
wie sie zur Verfügung haben (die USA, jetzt auch in Russland, wie ich vor
kurzem laß, leben auf Pump). Der Mensch reguliert damit seine "Gier", alles
für sich besitzen zu wollen (wenn Du alle Waren kostenlos anbieten und das
Geld abschaffen würdest, wären die Supermarktregale in der ersten Zeit
leergeräumt). Diese "Gier" wird aber immer mehr durch Vernunft ersetzt
(bargeldloser Zahlungsverkehr). Das Regionalgeld ist mMn kontraproduktiv
(bis auf den Lerneffekt).

Es geht deshalb auch weniger darum, wie Menschen nun die Währung tatsächlich
nennen, sondern darum, welchen Bezug sie zum Geld an sich haben. Der Wert
(so habe ich das Regionalgeld verstanden) entspricht eigentlich dem des
"normalen Geldes" (ob ich nun mit einem "Allgäuer" zahle oder einem Euro
macht keinen Unterschied). Es geht nur darum, daß Leute mit einem
Regionalgeld "lernen", dem Geld wieder die ursprüngliche Funktion
beizumessen. Damit hat es für mich eher einen psychologischen Effekt, statt
einen nennenswerten praktischen. Im Gegenteil, der praktische Umgang macht
es sogar komplizierter.

Um kurz auf Dein PS einzugehen: es geht darum, daß sich das Volk am Staat
beteiligen kann - die Frage ist nur "wie". Ich halte Volksabstimmungen für
gefährlich. Eine Begründung schrieb ich in einem anderen Listenbeitrag, der
noch auf Veröffentlichung wartet (Medien).

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)




----- Original Message ----- 
From: "1981klaus-" <1981klaus- at gmx.net>
To: "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
Cc: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Sent: Tuesday, February 20, 2007 11:55 PM
Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] BGE und Regionalgeld


> Hallo Jörg,
>
> den mir im Stil recht vertrauten Austausch mit Peter lasse ich mal weg
> und melde nur kurz Folgendes an (obwohl mein Hinweis eigentlich auf das
> BGE innerhalb dieses Regio-Modell zielte, und nicht auf das Regiogeld
> selber):
>
> Du schrobst:
>  >
>  > Natürlich ist eine Parallelwährung im Regionalbereich zulässig und
> fördert
>  > die regionale Wirtschaft. Warum braucht man aber eine
> Regionalwährung? Würde
>  > ein BGE in ausreichender Höhe nicht ausreichen?
>
> mehrere Faktoren führen manchmal zu besseren Zielen.
> Das Regiogeld fördert die lokale Wirtschaft (weniger Transportwege
> u.U.), das BGE nicht zwingend.
>
> Gruß
> Christiane
> PS: Das mit den vielen Faktoren gilt auch für den Volksentscheid und Co
> - es gibt unzählig viele Modelle der Bürgerpartizipation, die sich mit
> dem Volksentscheid/Bürgerbegehren mixen ließen und so sicherstellten,
> dass das Volk sich bildet, selbstbewußt und interessiert wird und nicht
> nur als ferngelenkte Masse entscheidet! Es würden in jedem Fall
> fundiertere Entscheidungen zu Stande kommen als oftmal heute, wo der Rat
> nicht mal Zeit hat die Anträge zu lesen, über die er abstimmt. Der fragt
> dann nämlich auch den, dem er vertraut. Damit hast Du heute im Grunde
> ein grobkörniges Abziehbild der Entscheidung durch blinde Massen - also
> noch schlimmer, als Du befürchtest.




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