[Debatte-Grundeinkommen] Zukunft mit BGE

Guido Casper besserwisser3 at yahoo.de
Sa Feb 17 12:04:44 CET 2007


Hallo Manfred,
   
  vielen Dank für Dein Feedback.
   
  Zu 1) Ich bin nicht gegen einen Staat. Ich bin nur gegen die Art und Weise, wie wir unseren Staat organisieren. Ich will einen Staat mit weniger Machkonzentration (die demokratische Idee wird in diesem Land von den politischen Führern täglich mit Füßen getreten) und - ja - ich will einen schlankeren Staat. Ich will einen Staat, der sich nicht in jedes Detail meines täglichen Lebens einmischt und mir alles vorschreiben will. Ich will einen Staat, der jeden so leben lässt, wie er es will.
   
  Zu 2) - Ja, Du hast Recht. Ich bekenne mich zur Marktwirtschaft und ich bin mir bewusst, dass ich hier mit dieser Haltung wahrscheinlich in der Minderheit bin.
   
  Da ich hier schon diverse Marx Zitate lesen durfte, erlaube mir nochmal kurz abzuschweifen und meine Meinung zur Marktwirtschaft kundzutun:
   
  Die Marktwirtschaft ist nicht nur die einzige freiheitliche Gesellschaftsordnung. Sie ist die natürliche Ordnung, die immer dann automatisch entsteht, wenn Menschen sich auf freiwilliger Basis (bei Abwesenheit von Zwang und Machtansprüchen) begegnen.
   
  Ich sehe in der Marktwirtschaft keine Alternative zur Demokratie, sondern eine ideale Ergänzung. Eigentlich ist ohne Marktwirtschaft (in irgendeiner Form), keine Demokratie möglich. Im gleichen Ausmaß, wie unsere Marktwirtschaft kränkelt, kränkelt auch unsere Demokratie. Beides funktioniert zur Zeit nicht richtig. Das ist zumindest meine Diagnose des aktuellen Zustands.
   
  Übrigens - für die Marktwirtschaftdie wie für die Demokratie gilt: Ohne das es sie im Kleinen gibt, kann es sie auch nicht im Großen geben.
   
  Guido


Manfred Bartl <sozial at gmail.com> schrieb:
  Hallo, Guido!

Du unterliegst zwei gewaltigen Irrtümern:

1.) Der Staat entscheidet nicht, er moderiert nur. Das tut er auch
nicht als "der Staat", sondern in Form von Regierung und
Parlament(en), durch die zur Meinungsbildung beitragenden Parteien -
letztlich also in Form von uns allen, WENN wir uns an Politik und
Parteien beteiligen. Ich hasse dieses Rumgehacke auf "dem Staat" - der
Staat sind WIR!
Davon unberührt bleibt natürlich die Tatsache, dass wir eine
Scheiß-Regierung und unglaublich moralisch verrohte Parteien in diesem
Staate haben! ;-)
(Mit Ausnahme der beiden Linksparteien zum Glück, wo es wirklich noch
Menschen gibt, die sich nicht ausschließlich um ihre eigenen Karrieren
und Pöstchen Gedanken machen, sondern um den Erhalt der moralischen
und ökonomischen Integrität des Individuums und die dafür notwendigen
gesellschaftlichen Bedingungen. Aber auch die bekanntlich nicht mehr
zur Gänze.... :-( )

2.) Du scheinst in der Marktwirtschaft etwas Erstrebenswertes zu
sehen. Tatsache ist aber, dass sie uns zerstört. Und das - leider
realistische - Beispiel eines Menschen, der sich von seinen 800 Euro
BGE möglicherweise eine größere Anschaffung vom Munde abspart, zeigt,
dass dies wahr ist und Alternativen her MÜSSEN, welche die Menschen
von solch unsinnigem Verhalten abhalten. Die Alternative existiert
aber freundlicherweise schon und heißt: Demokratie! Da es in der
Marktwirtschaft um Nachfrage und Angebot geht und beides in
gesellschaftlichen Dimensionen abgewogen gehört, wird die
Marktwirtschaft eines nicht gar zu fernen Tages einfach von der
Demokratie einverleibt. Die Marktwirtschaft wird dann Geschichte sein.

Warum ich glaube, dass dieser Tag nicht mehr so fern ist? Nun, im Zuge
der Evolution würde sich da möglicherweise tatsächlich lange noch
nichts tun... ABER wir haben ja Elterngeld, Hartz IV, wir haben
kalkulierte Obdachlosigkeit durch komplette Vorenthaltung von
Alg-II-Pauschale UND Unterkunftskosten, wir haben Hungerstreikende
gegen den Faschismus, wir haben Zimmerverrammelungen im Osten der
Republik, wir bauen Steinkohlekraftwerke in den laufenden Klimawandel
hinein und wir haben 90 Millionen Euro für Zäune in Heiligendamm und
Tornados im Süden von Afghanistan - und jeden Tag pervertiert dieses
System mehr. Eine Revolution könnte diesen Fortschritt weg von der
Marktwirtschaft, am besten: gleich weg vom Geld sehr viel schneller
richten - und sie liegt in der Luft, sie liegt schon in der Luft....
;-)

Manfred


On 2/15/07, Guido Casper wrote:
> Joerg Drescher schrieb:
> 2.) Ein staatliches Vorschlagswesen, das Ideen aus der Bevölkerung sammelt,
> welche Probleme wie gelöst werden können. Dies wäre gleichzeitig eine
> Alternative zur direkten Demokratie und dem verbundenen
> Abstimmungsverfahren.
>
> Ich halte nichts davon, dass dann wieder der Staat darüber entscheidet, was
> sinnvoll ist und was nicht. Das ist doch genau das Problem, dass wir heute
> haben. Wenn ich finde, dass eine Idee es wert ist, umgesetzt zu werden, dann
> setze ich sie um. Welche Unterstützung ich dafür von anderen bekomme, hängt
> allerdings davon ab, was andere von der Idee halten. Fast jede Idee hat für
> irgend jemanden einen Wert und/oder wird von jemandem wertgeschätzt. So
> erhält jede unterstützenswerte Idee eine angemessene Unterstützung. Auch wer
> in der Minderheit ist, erhält eine Chance. Niemand wird durch staatliche
> Willkür bevorzugt oder benachteiligt. Übrigens: das nennt man
> Marktwirtschaft. Ich erwähne das nur für den Fall, dass jemand meint,
> Marktwirtschaft und Grundeinkommen schließen sich aus. Das Gegenteil ist der
> Fall.
>
> Guido
>



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