[Debatte-Grundeinkommen] von der Pflicht
Rüdiger Heescher
ruediger.heescher at attac.de
Mi Feb 14 18:58:44 CET 2007
Hallo bGE Befürworter
es scheint so, dass Jörg den Begriff der Pflicht fälschlich verwendet
hat. Es gab dazu eine lange mail von ihm, die ich hier nicht
ausführen möchte. Ich möchte nur dazu sagen, dass er anscheinend wohl
das gleiche meint wie Lothar und ich, aber missverständlich mit dem
Begriff Pflicht und Zwang umgegangen ist. Ob es so ist möchte hier
einmal weiter ausführen ob es darüber übereinstimung gibt.
Der Begriff Pflicht ist von Kant in Metaphysik der Sitten
ausführlichst durchgekaut worden.
Der Pflichtbegriff ist immer sehr verbunden gewesen mit einer
Staatsauffassung und dem Religionsglauben also dem Christentum.
Daheraus hat Kant einen Pflichtbegriff entwickelt, der sich der
Rechtslehre und auch dem Staatsbegriff ansich andiente. Eine
Moralische Kategorie wurde von ihm im selben Buch auch entwickelt,
die eine Art von moralischem Katechismus, wie er selbst schreibt als
Entwurf angehangen ist. Wenn wir von einem Pflichtbegriff sprechen,
dann ist das ein Begriff mit dem ich in der Rechtslehre
übereinstimme. Es ist im Prinzip sowas wie ein ethischer Kodex, den
ich unterschrieben kann. Es dient sozusagen einer Gesellschaft
miteinander leben zu können. Aber wem ist der Mensch wirklich
verpflichtet? Kant stellt dazu sogar die Frage nach dem Recht des
Staates seine "Untertanen" in die Krieg schicken zu dürfen. Es zielt
also darauf ab, dass es sowas wie einen Souverän dem Staat gibt, der
als Hierarchisches Modell bisher nur gedacht werden konnte. In diesem
Staat ist der Mensch also als BÜrger verpflichtet zu etwas gegen
seine eigenen Interessen und muss sogar damit rechnen sein Leben zu
verlieren. Doch gibt es diesen Nationalstaat wirklich noch in Zeiten
der GLobalsierung? Wenn wir uns Transnationale Konzerne anschauen
wird uns etwas anderes vorgelebt. Denn dort gibt es nicht den
Untertan mehr. Es gibt keinen Konzern, der einem Staat verpflichtet
ist. Insgesamt fühlen sich auch viele Menschen heutzutage
Cosmopolitan und sehen sich als Weltenbürger. Gibt es daher noch
diesen alten Pflichtbegriff, den Kant geschaffen hat?
Ich glaube nicht. Wem kann der Weltenbürger denn heutzutage
verpflichtet sein. Der Mensch als Bürger ist der Welt verpflichtet.
Das heisst also, dass er die Natur bewahren muss und der Natur
verpflichtet ist. Die Lebensgrundlage des Menschen ist
Menschenpflicht sozusagen. Aber der Mensch ist nach wievor dem
anderen Menschen gegeüber verpflichtet. Wie weit dieses reicht wird
man sehen, aber ein grundsätzliches Ansatz von Pflicht steht nach
wievor dem Recht gegenüber. Denn Menschenrechte sind das A und O wie
man dem anderen Menscen gegenüber verpflichet sein muss. Recht und
Pflicht sind durch die Menschenrechte also garantiert.
Eine Pflicht gegenüber einer Gesellschaft kann aber nicht darin
liegen eine Arbeit auszuführen. Kant hat dazu auch lang und breit in
mehreren Kapiteln argumetiert, dass es eine Pflicht gegen sich selbst
gibt. Der Müssiggänger wird nacht Kant aber durch diese ganzen Rechte
und Pflichten in seinen Ausführungen gerade durch sein Ethisches
Konstrkt dazu gebracht seine Pflicht gegen sich selbst nicht als
Pflicht gegen seine Interessen zu sehen. Er beschreibt es als
Prinzip, dass dem Menschen Innewohnt. Ich würde es auch so
beschreiben wollen, solange! es sowas wie ein ethisches Prinzip
weiterhin gibt. Der Müssiggänger wird also sich selbst gegen seinen
eigenen Schweinehund eine Pflicht auferlegen, die dem ethischen
Konstrukt genügt. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus wird das
sicherlich nicht bei jedem Menschen so sein, aber das ist auch egal
in welcher Wirtschaftsform wir leben oder in welchem
gesellschaftlichen Geflecht wir leben. Es ist ein Verständnis,
welches den meisten Menschen innewohnt und was auch ausreicht solange
eine gewisse grösse von solchen Menschen diesem nachstreben. Deswegen
kam Kant auch auf die chrsitilichen Tugenden zurück. Es wird
sicherlich nicht so sein, dass auf einmal alle Menschen mit den
christlichen Tugenden erfüllt sein werden, aber auch da reicht ein
grossteil der Auffassung davon was Tugenden überhaupt sind und nicht
ob alle so tugendhaft leben. Denn wie ich schon in meiner letzten
Ausführung geschrieben habe, wird der Mensch insgesamt sicherlich
auch noch weitehrin die Gier kennen. Es ist menschlich. Neid und
Missgunst genauso. Es wird nie den perfekten Menschen geben, der so
reflektiert diese ganzen menschelnden abstreifen wird. Es wird auch
nie dazu kommen, selbst wenn man die perfekteste Welt erschaffen
würde. Es spielt auch keine Rolle für das bGE und die Mechanismen,
die dahinter stehen und zu was es führen soll. Eines steht auf jeden
fall fest, Der Raubtierkapitalismus verschiebt die Mehrheit der
Menschen genau zu diesen niederen Instinkten, sodass immer mehr
Menschen gierig, Neidvoll und Missgünstig werden, weil die
unterschiede zwischen Arm und Reich zu gross sind und damit auch
existenzbedrohend sind, was wie bei Kant ausgeführt zum animalischen
führt. Das bGE hingegen erschliesst einen Mechanismus der genau das
Gegenteil erzeugt, dass immer weniger Menschen gierig, neidisch und
missgünstig werden.
Es bedarf daher einer Rechtsauffassung auf ethischem Grundsatz
basierend, der den Begriff der Pflicht nur in ihrem Rahmen versteht,
aber ein weiterer ist nicht notwendig. Pflicht als Begriff im Rahmen
von Menschnerechten, die man noch ausdehnen kann auf die Natur
bezogen, wo man allerdings aufpassen muss, dass man nicht daheraus
eine Ökodiktatur werden lässt! Durchaus auch möglich. Darüber haben
wir uns noch gar nicht unterhalten. Denn die Gefahr ist dort genauso
gegeben wie der schmale Grad bezogen auf das bGE als Existenzgeld,
damit der Mensch in Würde leben kann und der anderen Seite der
medaillie, wenn das bGE zu niedrig ausfällt, dass man damit eine
Dienstbotengesellschaft erzeugt.
Letztlich ist all dieses, was ich hier beschrieben habe nichts
anderes als eine anarchistische Theorie und geht noch ein stück
weiter als John Rawls politischer Liberalismus, der sich die
Vorstellung einer Ökonomie im Rahmen einer partizipativen
Gesellschaft verbaut hat, Das hat John Rawls auch selbst gemerkt, als
er seine "Theory of justice" versucht hat direkt umzusetzen in seinen
politischen Liberalismus. Es ist ihm nicht gelungen und musste seine
wunderbare "Theory of Justice" dann zerstückeln und letztlich in
seiner Reinheit auf Kosten einer politischen Theorie aufgeben.
Ich schätze mal so ähnlich ist es auch wohl Jörg und Matthias
gegangen und haben dann sowas wie eine halbe anarchistische Theorie
gebastelt als Theorie, die nichts mehr mit anrchistischer Theorie zu
tun hat sondern dann sogar bei manchen Menschen als
liberalkonservativ rüberkommt.
Doch letztlich kann man keinen Masterplan als Ideologie in die
Realität umsetzen. Es wird nie funktionieren. Jeder Hebel wird von
Gegnern genutzt um nicht die reine Lehre umsetzen zu können und sind
erstmal entscheidnede Hebel umgeklappt, dann kann die Theorie genau
in das Gegenteil umschlagen als das was man ursprünglich wollte und
dann hängt man da.
Genauso sehe ich das übrigens auch mit dem bGE. Wenn das bGE nicht
eine Existenzgeld wird für alle in einer gewissen Höhe, was der Würde
eines jeden Menschen genügt, dann werde ich der grösste Gegner des
danneingeführten pseudo bGEs Denn dann wird der Mensch zum
Dienstboten gemacht für eine Reiche Elite und letztlich wird dann das
bGE nur als Armutsbekämpfungsinstrument eingesetzt um die Massen
ruhig zu stellen.
Und das kann nicht der Sinn sein von einem bGE.
Wenn die Grünen nun ihren Kongress eine Armutkonferenz nennen, dann
finde ich das bezeichnend. Denn mit Armutsbekämpfung hat das bGE
nichts zu tun. Wenn es jemand tatsächlich so auffassen will, der
gerade in der Hartz 4 Schleife steckt, dann hat er schion seine Würde
verloren. Wenn Milton Friedmann das so in Freiheit und Kapitalismus
geschrieben hätte, dann hätte er nicht den liberalen Charakter so
heruasgestrichen, der in der Befreiung des Menschen liegt, Ähnlich
wie Adam Smith als Moralphilosoph und Ökonom muss man einfach sehen,
in welcher Zeit sie lebten und wie man sich mit den wirtschaftsformen
auseinander setzen muss. Heute stehen wir vor andern
Heruasforderungen. Auf der Welt und gerade in Deutschland haben wir
Reichtum pur. Es geht um Umverteilung. Es geht auch um Armut.
Aber bGE ist mehr als das und ist ein Mechanismus, der hilft den
Kapitalismus zu überwinden. Aber nur wenn das bGE ein echtes
Existenzgeld ist.
let's face it!
Rüdiger
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"Ich bin nun überzeugt, dass der höchste Akt der Vernunft, der, in
dem sie alle Ideen umfasst, ein ästhetischer Akt ist und dass
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Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831)
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