[Debatte-Grundeinkommen] Antwort an Jörg Drescher - Energie und BGE, Band 23, Eintrag 37

Joerg Drescher iovialis at gmx.de
Mo Feb 12 10:36:29 CET 2007


Hallo Florian,

vielen Dank für diesen Beitrag. Inhaltlich stimme ich Dir voll und ganz zu.
Du wirst Dich vielleicht wundern, aber wir denken in einer bestimmten Art
ähnlich. Anfangs war ich auch der Meinung, daß Wert erst bei der
Preisfeststellung erfolgt, aber nicht den wahren Wert definiert. Diese
Preisfestlegung ist allerdings der absolute Wert einer Ware.

Mit Matthias hatte ich bzgl. der Wertfrage definiert, daß es drei Arten von
Wert gibt, die ziemlich exakt dem entsprechen, was Du geschrieben hattest:
1.) der absolute Wert
Absoluter Wert entsteht dann, wenn gehandelt wird.
2.) der subjektive Wert
Der Wert, den ich subjektiv bereit bin zu zahlen
3.) der objektive Wert
Der Wert, den jemand für eine Ware verlangt

Beim Börsenhandes findet man diese drei Punkte auch: es gibt den Kurs/Preis
(1), BID (2) und ASK (3). Kurs und Preis können sich unterscheiden, da Kurs
der zuletzt gehandelte Preis bedeutet, aber ein neuer Kurs (=Preis) nur
durch den Handel ins BID oder aus dem ASK entsteht. Mehrwert kann von jeder
"Wertgattung" ausgehen, ergibt aber für eine Volkswirtschaft nur dann Sinn,
wenn der absolute Wert (der tatsächliche Handel) als Bemessungsgrundlage
hergenommen wird. Dadurch sind wir mit jeder Deiner Wert/
Mehrwertdefinitionen konform. Ich brauche dafür keine Zusätze von Märkten,
sondern allein zwei Verhandlungspartner, die handeln.

Für den objektiven Wert hatten Matthias und ich die "energetische
Betrachtung" eingeführt, um den Faktor Mensch (wenn Du so willst: die Liebe)
aus dem absoluten Wert herauszurechnen.

Wenn Du nun Liebe zu einer Ware machen willst, auch kein Problem, wenn man
dabei von der Energie ausgeht, die durch Liebe verbraucht wird. Liebe mag
zwar unendlich sein und sich vergrößern, wenn man sie gibt, trotzdem
verbraucht der Mensch Energie beim Geben von Liebe. Warum verlangt eine
Prostituierte Geld für ihre "Tätigkeit", denn wir haben hier das Phänomen
"käuflicher Liebe"?

Geld ist dabei eine recht seltsame Einheit, um den Wert "zu messen". Seltsam
deshalb, weil sie sich durch sich selbst beeinflussen kann (man kann Geld
handeln -> Devisenmarkt). Um diese Beeinflussung auszuschalten, muß man eine
andere Bemessungsgrundlage finden. Nicht umsonst gibt es in Paris das
"Urmeter", um weltweit den Meter zu bestimmen. Nicht umsonst gibt es z.B.
die DIN oder sonstige Normen. Ohne Normung würde ziemlich Chaos herrschen,
nämlich das Chaos, was wir an den Finanzmärkten und in der Marktwirtschaft
haben. Geld ist nicht genormt, aber für natürlich wachsende Gurken hätte man
gerne Normen.

Aber eigentlich wollten wir hier über Energie diskutieren, die zum
Grundbedarf eines Menschen gehört ;-)

Viele Grüße aus Kiew,

Jörg (Drescher)




----- Original Message ----- 
From: "Florian Hoffmann" <florian at hoffmannlaw.de>
To: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
Cc: "Joerg Drescher" <iovialis at gmx.de>
Sent: Monday, February 12, 2007 1:10 AM
Subject: AW: Antwort an Jörg Drescher - Energie und BGE, Band 23, Eintrag 37


>
> Hallo Jörg,
>
> 1. dass irgend ein Wirtschaftsfaktor besonders wichtig ist, bestreite ich,
> weil der eine nicht ohne den anderen funktioniert. Was soll Energie ohne
> Wasser? Was soll Energie ohne Intelligenz?
>
> 2. Ökonomisch nicht haltbar ist Deine Behauptung: "Erst durch Energie
kommt
> es nämlich zu Wert und Mehrwert." Denn:
>
> - Wert ist eine persönliche Einschätzung (Was ist der Wert der elterlichen
> Zuneigung?) und hat nichts mit Ökonomie zu tun. Die wertvollsten Dinge
> (Liebe, etc.) sind kostenlos!
>
> - Mehrwert ist ein Skalenausdruck für ein Tauschverhältnis, der den
> Vergleich von "vorher" und "nachher" in Geld ausdrückt, also einem
gängigen
> Maßstab. Man könnte ihn auch in "Ziegen" oder in "Kohlköpfen" ausdrücken.
> Tauschverhältnis ist das, was zwei Parteien herzugeben bereit sind, wenn
> beide das begehren, das der andere besitzt. Der Mehrwert kann durch
> Energiezufuhr geschaffen werden, muß aber nicht. Andere Möglichkeiten bzw.
> Beispiele sind:
>
> - Zeitablauf 1: ein Aktienkurs steigt im Laufe eines Tages: Mehrwert
>
> - Zeitablauf 2: das Wert eines Picasso-Gemäldes verhundertfacht sich in
> drei Jahren: Mehrwert
>
> - Planungseingriffe: eine Stadt weist zu viele Neubau-Grundstücke aus:
> Minderwert
>
> - Schweinezyklus: ein zu niedriger Preis veranlaßt viele Bauern zum
> Ausstieg aus der Schweineproduktion: Mehrwert der verbleibenden Schweine
>
> - etc.
>
> Was Mehrwert wirklich ist, läßt sich marktwirtschaftlich so erklären (Ich
> darf bei einfachen Beispielen bleiben):
>
> Jedes gut hat auf einem Markt seinen Marktpreis, bzw. eine Spanne,
innerhalb
> derer ein Gut normalerweise gehandelt / verkauft wird. Das gilt für
> Gebrauchtwagen, für Eier, für Ziegelsteine, für Bilder, d. h. für alles
was
> irgendwie verkäuflich ist.
>
> Wenn nunmehr ein Bearbeitungsschritt erfolgt, verläßt das Gut den einen
> Markt und plaziert sich auf einem anderen:
>
> - Eine Ziege wird geschlachtet - sie wechselt vom Ziegenmarkt zum
> Fleichmarkt;
>
> - ein Ei wird im Lokal gebraten, es wechselt vom Eiermarkt zum Markt für
> gebratene Spiegeleier;
>
> - ein Ziegelstein wird verbaut, er wechselt die Erscheinungsform und geht
> unter im Immobilienmarkt;
>
> - ein Hemd wird von Indien nach Deutschland verbracht; usw..
>
> Jeder Markt hat ein eigenes Preisniveau und es ist die Sache des Kaufmanns
> oder des Produzenten, die Dinge an einen anderen Ort zu verbringen oder
> Dinge zu kombinieren und umzuformen (zu produzieren), dass sie in dem
> anderen Markt einen höheren Wert haben, einen Mehrwert. Diese Tätigkeit
hat
> oft mit Wagnis und Spekulation zu tun und sie kann in vielfältigster Form
> geschehen. Das Ergebnis der Leistung - so die Intention des Kaufmanns -
soll
> die Menschen am Ende in einen Zustand versetzen, dass ihre Bedürfnisse
nach
> Waren insgesamt zu einem höheren Grad befriedigt sind als vorher. Manchmal
> hat er Pech und verspekuliert sich, meistens klappt's, sonst gäbe es den
> Mehrwert, den Gewinn, den Profit, die Marge nicht. Die Suche des Kaufmanns
> nach Gewinn, nach Mehrwert ist deshalb immer ein Gewinn, ein Mehrwert für
> alle.
>
> Oder anders ausgedrückt: Auf einem Markt hat eine Ware immer nur einen
> Preis. Damit läßt sich kein Geld verdienen. Das weiß die Hausfrau. Wenn
sie
> das Zeug wieder verkaufen will, was sie bei Rewe eingekauft hat, bekommt
sie
> eher weniger dafür, niemals mehr. Oder der Autokäufer: Der neue Mercedes
hat
> nur am Tag der Abholung den vollen Wert. Danach fällt er. Der Profit, der
> Mehrwert wird nur erzeugt, wenn jemand sich damit einen anderen Markt
sucht.
> Und das ist Arbeit, Risiko und Leistung.
>
> Ergo: Marktwirtschaft ist Märktewirtschaft.
>
> Das man für die Märkte und den Wechsel der Märkte Energie braucht, ist
keine
> Frage, aber man braucht auch Wasser, Autos, Intelligenz und alles andere,
> was ein "Unternehmen" ausmacht.
>
> Und um das BGE richtig einzuordnen: Nicht jeder hat ausreichend Chancen an
> den Märkte-wechsel-dich-Spiel mit Gewinn teilzunehmen, und mancher
verdient
> zu viel und all die anderen Gründe, die für ein BGE sprechen. Aber die
> Energiefrage würde ich da rauslassen!
>
> Und falls Du mich jetzt fragst, wie das Energieproblem, das Problem der
> Energiemärkte zu lösen ist, dann bekommst Du auch noch eine Antwort. Aber
> erst morgen!
>
> Gute Nacht!
>
> Florian (Hoffmann)
>
>
>
> > -----Ursprüngliche Nachricht-----
> > Von: Joerg Drescher [mailto:iovialis at gmx.de]
> > Gesendet: Sonntag, 11. Februar 2007 20:50
> > An: Florian Hoffmann; debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de;
> > Rüdiger Heescher
> > Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen]
> > Debatte-grundeinkommenNachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 37
> >
> >
> > Hallo Florian,
> >
> > also, es besteht sehr wohl ein Zusammenhang zwischen BGE und
> > Energie (wobei
> > wir wieder bei der physikalischen Frage wären). Und das Thema "Brot",
bzw.
> > "Mobilität" hatte ich hier auch schon einmal vorgebracht, weil es in der
> > Ukraine zu Sowjetzeiten als Grundbedarf durch Staatssubventionen günstig
> > gehalten wurde. Im Realkommunismus der Sowjetländer gab es eine
Definition
> > des Grundbedarfs.
> >
> > Auch vor dem Hintergrund, daß sich die Wertschöpfung durch
> > Energie bemessen
> > läßt, macht diese Grundsatzfrage durchaus interessant. Das Thema
> > Energie hat
> > mehr mit dem BGE zu tun, wie es den Anschein hat. Erst durch Energie
kommt
> > es nämlich zu Wert und Mehrwert (ich verweise auf meinen Aufsatz über
die
> > ernährungswissenschaftliche Betrachtung eines Grundeinkommens).
> >
> > Zudem hängt das Klima von der Energiefrage ab. Energie wird
> > wiederum für die
> > Wirtschaft gebraucht. Wirtschaftswachstum benötigt mehr Energie. Manche
> > gehen davon aus, daß Wirtschaftswachstum zu mehr Arbeitsplätzen führt.
Und
> > schon wieder sind wir beim BGE, das dem Zwang, Arbeitsplätze zu
schaffen,
> > entgegenwirken soll.
> >
> > Abgesehen davon ist die Frage nach Energie mindestens seit Entstehung
des
> > Lebens eine fundamentale Frage des Überlebens. Wer es im Überlebenskampf
> > schaffte, den Energiehaushalt im Griff zu haben, hatte einen
evolutionären
> > Vorteil. Das Blattgrün (Chlorophyl) waren ursprünglich eigenständige
> > Organismen, die als "Sklaven" in anderen Organismen zu arbeiten
begannen.
> > Ähnlich verhält es sich mit den "Kraftwerken" (Mytochondrien)
> > sauerstoffbasierter Lebewesen, die fähig sind, den eigentlich agressiven
> > Sauerstoff zu nutzen. Die Menschheitsgeschichte ist nicht, wie Marx
> > behauptete, eine Geschichte des Klassenkampfs, sondern ein Kampf
> > um Energie.
> > Ging es vor der industriellen Revolution um Nahrungsmittel, ist es
seither
> > ein Kampf um Energieressourcen.
> >
> > Aus diesem Grund halte ich die Diskussion über das Thema Energie im
> > Zusammenhang mit dem BGE durchaus für sinnvoll.
> >
> > Jörg (Drescher)
> >
> >
> >
> > ----- Original Message -----
> > From: "Florian Hoffmann" <florian at hoffmannlaw.de>
> > To: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> > Cc: "Bernd Drescher" <bernd.drescher at motorola.com>;
> > <ruediger.heescher at attac.de>
> > Sent: Sunday, February 11, 2007 9:05 PM
> > Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen]
> > Debatte-grundeinkommenNachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 37
> >
> >
> >
> > Hallo Rüdiger,
> > hallo Jörg,
> >
> > überhaupt nicht d' accord! Seht Ihr den Widerspruch nicht?:
> >
> > Hie: ein bedingungsloses Einkommen, BGE - da: Stromzuteilung unter der
> > Bedingung, dass er für den Grundbedarf genutzt wird, also
Differenzierung.
> >
> > Gerade der "Wegfall der Bedingung" ist doch die eigentliche Innovation
an
> > unserem BGE-Modell, was bedeutet: keine Bürokratie, keine
> > Überprüfung, keine
> > Grenzen, keine Conditio!
> >
> > Und ihr wollt opportunistisch beim erstbesten politischen Thema
(Energie)
> > die "Bedingung" und die wissenschaftlich-bürokratische Kontrolle wieder
> > einführen. Demnächst kommt ein irgend anderes Thema auf die politische
> > Tagesordnung, das Thema Brot, das Thema Auto (Grundbedürfnis
Mobilität!),
> > das Thema Suppenschüssel, das Thema Kindergarten - und schon
> > stürzt Ihr Euch
> > darauf und differenziert gerecht (!), und schon haben wir 18
> > Wirtschaftsminister, also riesige Wirtschaftsbürokratien, so wie
> > in der DDR.
> >
> > Lieber nicht! Deshalb bleibt bitte beim Thema BGE! Es ist so gut und so
> > schön!
> >
> > Florian Hoffmann
> >
>




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