[Debatte-Grundeinkommen] Antwort an Jörg Drescher - Energie und BGE, Band 23, Eintrag 37

Matthias Dilthey info at psgd.info
Mo Feb 12 01:46:17 CET 2007


Hallo Florian,


kann es sein, daß Deine Ausführungen nur für angebotsbeschränkte Märkte 
gelten?
Daß in nachfragebeschränkten Märkten andere Gesetze gelten?


Das Steigen des Aktienkurses ist kein wirklicher Mehrwert; lediglich ein 
Scheinwert. Das Anlagevermögen der Firma (= Real-Wert der Aktien) hat sich 
nicht geändert.

Etwas anders verhält es sich mit dem Gemälde: Real-Wert annähernd NULL, 
Liebhaberwert relativ hoch. Jedoch wird der Liebhaberwert ausschließlich 
durch Abschöpfung von Real-Werten erzielt.
Weiterhin gibt es den Liebhaberwert ausschließlich in angebotsbeschränkten 
Märkten. In Nachfragebeschränkten Märkten geht der Liebhaberwert gegen den 
Real-Wert, nämlich NULL.


Ich bestreite nicht die Gültigkeit Deiner Ausführung im früheren 
(nichtautomatisierten) System. Doch mit zunehmender Automatisation verlieren 
Deine Aussagen an Gültigkeit.
Einen menschlichen Arbeiter kann man mit einem Picasso als Lohn zum Arbeiten 
bewegen, einen Automaten nicht. Das Picasso-Gemälde stellt einen Scheinwert 
dar, für den der (dumme?) Mensch bereit ist, Tätigkeiten zu verrichten.
Der Automat hingegen läßt sich nicht von Scheinwerten blenden, der Automat 
verlangt Reallohn, nämlich Energie!

Den Automaten kann man auch nicht mit dem Scheinlohn "Aktie" (= Investivlohn) 
zum Arbeiten bewegen. Der Automat fordert seinen Real-Lohn ein (= Energie).
Lediglich der dumme Mensch läßt sich blenden: vom Aktienkurs oder auch vom 
Picasso.

Jetzt ist es aber Fakt, daß der Anteil der automatisierten 
Wertschöpfung/Produktion steigt. Um so weniger Anteil verbleibt für 
Scheinlohn.


Mit jedem Roboter, den wir neu hinzubekommen, verschiebt sich das Verhältnis 
vom Scheinlohn zum Real-Lohn. Und Real-Lohn ist Energie.


Etwas ausführlicher habe ich diese Zusammenhänge als Download 
zusammengestellt:
http://www.nefkom.net/dilthey.maximilian/Wertschoepfung.pdf


Ob ich damit Recht habe oder nicht, braucht nicht theoretisch bewiesen zu 
werden. Wir erleben die Richtigkeit meiner Thesen jeden Tag ein Stückchen 
mehr am eigenen Laib zu spüren!    



Matthias Dilthey




Am Montag, 12. Februar 2007 00:10 schrieb Florian Hoffmann:
> Hallo Jörg,
>
> 1. dass irgend ein Wirtschaftsfaktor besonders wichtig ist, bestreite ich,
> weil der eine nicht ohne den anderen funktioniert. Was soll Energie ohne
> Wasser? Was soll Energie ohne Intelligenz?
>
> 2. Ökonomisch nicht haltbar ist Deine Behauptung: "Erst durch Energie kommt
> es nämlich zu Wert und Mehrwert." Denn:
>
> 	- Wert ist eine persönliche Einschätzung (Was ist der Wert der elterlichen
> Zuneigung?) und hat nichts mit Ökonomie zu tun. Die wertvollsten Dinge
> (Liebe, etc.) sind kostenlos!
>
> 	- Mehrwert ist ein Skalenausdruck für ein Tauschverhältnis, der den
> Vergleich von "vorher" und "nachher" in Geld ausdrückt, also einem gängigen
> Maßstab. Man könnte ihn auch in "Ziegen" oder in "Kohlköpfen" ausdrücken.
> Tauschverhältnis ist das, was zwei Parteien herzugeben bereit sind, wenn
> beide das begehren, das der andere besitzt. Der Mehrwert kann durch
> Energiezufuhr geschaffen werden, muß aber nicht. Andere Möglichkeiten bzw.
> Beispiele sind:
>
> 	- Zeitablauf 1: ein Aktienkurs steigt im Laufe eines Tages: Mehrwert
>
> 	- Zeitablauf 2: das Wert eines Picasso-Gemäldes verhundertfacht sich in
> drei Jahren: Mehrwert
>
> 	- Planungseingriffe: eine Stadt weist zu viele Neubau-Grundstücke aus:
> Minderwert
>
> 	- Schweinezyklus: ein zu niedriger Preis veranlaßt viele Bauern zum
> Ausstieg aus der Schweineproduktion: Mehrwert der verbleibenden Schweine
>
> 	- etc.
>
> Was Mehrwert wirklich ist, läßt sich marktwirtschaftlich so erklären (Ich
> darf bei einfachen Beispielen bleiben):
>
> Jedes gut hat auf einem Markt seinen Marktpreis, bzw. eine Spanne,
> innerhalb derer ein Gut normalerweise gehandelt / verkauft wird. Das gilt
> für Gebrauchtwagen, für Eier, für Ziegelsteine, für Bilder, d. h. für alles
> was irgendwie verkäuflich ist.
>
> Wenn nunmehr ein Bearbeitungsschritt erfolgt, verläßt das Gut den einen
> Markt und plaziert sich auf einem anderen:
>
> 	- Eine Ziege wird geschlachtet - sie wechselt vom Ziegenmarkt zum
> Fleichmarkt;
>
> 	- ein Ei wird im Lokal gebraten, es wechselt vom Eiermarkt zum Markt für
> gebratene Spiegeleier;
>
> 	- ein Ziegelstein wird verbaut, er wechselt die Erscheinungsform und geht
> unter im Immobilienmarkt;
>
> 	- ein Hemd wird von Indien nach Deutschland verbracht; usw..
>
> Jeder Markt hat ein eigenes Preisniveau und es ist die Sache des Kaufmanns
> oder des Produzenten, die Dinge an einen anderen Ort zu verbringen oder
> Dinge zu kombinieren und umzuformen (zu produzieren), dass sie in dem
> anderen Markt einen höheren Wert haben, einen Mehrwert. Diese Tätigkeit hat
> oft mit Wagnis und Spekulation zu tun und sie kann in vielfältigster Form
> geschehen. Das Ergebnis der Leistung - so die Intention des Kaufmanns -
> soll die Menschen am Ende in einen Zustand versetzen, dass ihre Bedürfnisse
> nach Waren insgesamt zu einem höheren Grad befriedigt sind als vorher.
> Manchmal hat er Pech und verspekuliert sich, meistens klappt's, sonst gäbe
> es den Mehrwert, den Gewinn, den Profit, die Marge nicht. Die Suche des
> Kaufmanns nach Gewinn, nach Mehrwert ist deshalb immer ein Gewinn, ein
> Mehrwert für alle.
>
> Oder anders ausgedrückt: Auf einem Markt hat eine Ware immer nur einen
> Preis. Damit läßt sich kein Geld verdienen. Das weiß die Hausfrau. Wenn sie
> das Zeug wieder verkaufen will, was sie bei Rewe eingekauft hat, bekommt
> sie eher weniger dafür, niemals mehr. Oder der Autokäufer: Der neue
> Mercedes hat nur am Tag der Abholung den vollen Wert. Danach fällt er. Der
> Profit, der Mehrwert wird nur erzeugt, wenn jemand sich damit einen anderen
> Markt sucht. Und das ist Arbeit, Risiko und Leistung.
>
> Ergo: Marktwirtschaft ist Märktewirtschaft.
>
> Das man für die Märkte und den Wechsel der Märkte Energie braucht, ist
> keine Frage, aber man braucht auch Wasser, Autos, Intelligenz und alles
> andere, was ein "Unternehmen" ausmacht.
>
> Und um das BGE richtig einzuordnen: Nicht jeder hat ausreichend Chancen an
> den Märkte-wechsel-dich-Spiel mit Gewinn teilzunehmen, und mancher verdient
> zu viel und all die anderen Gründe, die für ein BGE sprechen. Aber die
> Energiefrage würde ich da rauslassen!
>
> Und falls Du mich jetzt fragst, wie das Energieproblem, das Problem der
> Energiemärkte zu lösen ist, dann bekommst Du auch noch eine Antwort. Aber
> erst morgen!
>
> Gute Nacht!
>
> Florian (Hoffmann)
>
> > -----Ursprüngliche Nachricht-----
> > Von: Joerg Drescher [mailto:iovialis at gmx.de]
> > Gesendet: Sonntag, 11. Februar 2007 20:50
> > An: Florian Hoffmann; debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de;
> > Rüdiger Heescher
> > Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen]
> > Debatte-grundeinkommenNachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 37
> >
> >
> > Hallo Florian,
> >
> > also, es besteht sehr wohl ein Zusammenhang zwischen BGE und
> > Energie (wobei
> > wir wieder bei der physikalischen Frage wären). Und das Thema "Brot",
> > bzw. "Mobilität" hatte ich hier auch schon einmal vorgebracht, weil es in
> > der Ukraine zu Sowjetzeiten als Grundbedarf durch Staatssubventionen
> > günstig gehalten wurde. Im Realkommunismus der Sowjetländer gab es eine
> > Definition des Grundbedarfs.
> >
> > Auch vor dem Hintergrund, daß sich die Wertschöpfung durch
> > Energie bemessen
> > läßt, macht diese Grundsatzfrage durchaus interessant. Das Thema
> > Energie hat
> > mehr mit dem BGE zu tun, wie es den Anschein hat. Erst durch Energie
> > kommt es nämlich zu Wert und Mehrwert (ich verweise auf meinen Aufsatz
> > über die ernährungswissenschaftliche Betrachtung eines Grundeinkommens).
> >
> > Zudem hängt das Klima von der Energiefrage ab. Energie wird
> > wiederum für die
> > Wirtschaft gebraucht. Wirtschaftswachstum benötigt mehr Energie. Manche
> > gehen davon aus, daß Wirtschaftswachstum zu mehr Arbeitsplätzen führt.
> > Und schon wieder sind wir beim BGE, das dem Zwang, Arbeitsplätze zu
> > schaffen, entgegenwirken soll.
> >
> > Abgesehen davon ist die Frage nach Energie mindestens seit Entstehung des
> > Lebens eine fundamentale Frage des Überlebens. Wer es im Überlebenskampf
> > schaffte, den Energiehaushalt im Griff zu haben, hatte einen
> > evolutionären Vorteil. Das Blattgrün (Chlorophyl) waren ursprünglich
> > eigenständige Organismen, die als "Sklaven" in anderen Organismen zu
> > arbeiten begannen. Ähnlich verhält es sich mit den "Kraftwerken"
> > (Mytochondrien)
> > sauerstoffbasierter Lebewesen, die fähig sind, den eigentlich agressiven
> > Sauerstoff zu nutzen. Die Menschheitsgeschichte ist nicht, wie Marx
> > behauptete, eine Geschichte des Klassenkampfs, sondern ein Kampf
> > um Energie.
> > Ging es vor der industriellen Revolution um Nahrungsmittel, ist es
> > seither ein Kampf um Energieressourcen.
> >
> > Aus diesem Grund halte ich die Diskussion über das Thema Energie im
> > Zusammenhang mit dem BGE durchaus für sinnvoll.
> >
> > Jörg (Drescher)
> >
> >
> >
> > ----- Original Message -----
> > From: "Florian Hoffmann" <florian at hoffmannlaw.de>
> > To: <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> > Cc: "Bernd Drescher" <bernd.drescher at motorola.com>;
> > <ruediger.heescher at attac.de>
> > Sent: Sunday, February 11, 2007 9:05 PM
> > Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen]
> > Debatte-grundeinkommenNachrichtensammlung, Band 23, Eintrag 37
> >
> >
> >
> > Hallo Rüdiger,
> > hallo Jörg,
> >
> > überhaupt nicht d' accord! Seht Ihr den Widerspruch nicht?:
> >
> > Hie: ein bedingungsloses Einkommen, BGE - da: Stromzuteilung unter der
> > Bedingung, dass er für den Grundbedarf genutzt wird, also
> > Differenzierung.
> >
> > Gerade der "Wegfall der Bedingung" ist doch die eigentliche Innovation an
> > unserem BGE-Modell, was bedeutet: keine Bürokratie, keine
> > Überprüfung, keine
> > Grenzen, keine Conditio!
> >
> > Und ihr wollt opportunistisch beim erstbesten politischen Thema (Energie)
> > die "Bedingung" und die wissenschaftlich-bürokratische Kontrolle wieder
> > einführen. Demnächst kommt ein irgend anderes Thema auf die politische
> > Tagesordnung, das Thema Brot, das Thema Auto (Grundbedürfnis Mobilität!),
> > das Thema Suppenschüssel, das Thema Kindergarten - und schon
> > stürzt Ihr Euch
> > darauf und differenziert gerecht (!), und schon haben wir 18
> > Wirtschaftsminister, also riesige Wirtschaftsbürokratien, so wie
> > in der DDR.
> >
> > Lieber nicht! Deshalb bleibt bitte beim Thema BGE! Es ist so gut und so
> > schön!
> >
> > Florian Hoffmann



Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen