[Debatte-Grundeinkommen] Energie für alle (ascii Text)

Rüdiger Heescher ruediger.heescher at attac.de
So Feb 11 19:22:23 CET 2007


Energie für alle!

Exposé zu einer neuen Energiewirtschaftspolitik in Deutschland

von Rüdiger Heescher



Einleitung:

Energie ist in einer zivilisierten Gesellschaft zu einem Lebensmittel  
geworden. Ein Lebensmittel, welches nicht für jeden zugänglich ist,  
wenn er kein Geld hat, es zu bezahlen. Es ist vergleichbar geworden  
wie Wasser oder Luft. Der Anspruch auf Energie ist mittlerweile ein  
Menschenrecht geworden, welches noch einzuklagen gilt.

In vielen Bereichen des Lebens ist nicht mehr denkbar ohne Energie  
auszukommen, sei es in der Bildung, der Nahrungsaufnahme oder des  
Wohnens. Ohne Energie ist der Mensch in einer Gesellschaft kein  
Mensch mehr und muss dahin vegitieren wie ein Tier. Der Zugang zu  
Informationen ist nur durch Energie zu gewährleisten, sei es durch  
Fernsehn, Internet oder Radio, was alles Strom kostet. Die Wohnung  
kann nur geheizt werden um nicht zu erfrieren genauso wie es nicht  
mehr möglich ist, sein Essen auf dem offenen Feuer zuzubereiten.

Mehr als 10 Mio Menschen in Deutschland leben in Präkarität und  
müssen sich diesen "Luxus" von Energie jeden Monat erkämpfen und  
teuer bezahlen. Denn neben Miete und Lebenshaltungskosten im üblichen  
Sinne macht mittlerweile die Energie einen grossen Teil der Kosten  
aus, die erst einmal aufzubringen sind.

Die Sicherheit auch morgen noch in einer warmen Wohnung sitzen zu  
können ist nicht garantiert genauso wenig die Sicherheit, dass auch  
morgen noch der Mensch in den Abendstunden ohne Kerzenschein im  
Lichte unter einer Glühbirne die Tagesschau verfolgen kann ist auch  
nicht mehr gegeben. Es gibt zwar in der Rechtssprechung genug  
Urteile, die es verbieten, dass einem Strom- oder Gaskunden das Licht  
ausgeschaltet wird bei Versäumnis der Zahlung. Nichts desto trotz  
ergibt sich vielfach eine Schuldenfalle, die eines Menschen Leben  
unwürdig und nicht gerechtfertigt ist. Daher:

Energie sollte selbstverständlich für alle da sein.

In der letzten Zeit gibt es sehr viele Veröffentlichungen, die sich  
zum Thema Energiepreis und auch Entflechtung sowie Verstaatlichung  
von Bereichen der Energieversorgung auslässt. Doch diese beschränkt  
sich weiterhin auf der Annahme, dass Energiepreise nur gesenkt werden  
müssen und die Welt wäre wieder in Ordnung. Es ist ein Schritt, aber  
nicht der einzige!

1. Verstaatlichung der Energienetze

Wichtig für die weitere Versorgung mit Energie ist sicherlich die  
Entflechtung des Netzbetriebes von der Beschaffung ansich. Es ist  
wichtig gerade natürliche Monopole auch als Monopole weiterhin  
bestehen zu lassen, denn einen Wettbewerb in einem Bereich der  
"natürlich" von seiner Natur her nicht anders als Monopolistisch  
zuzuordnen wäre, einführen zu wollen, so wie es sich die  
Liberalisierung fälschlicherweise erhofft hat, ist von seiner Logik  
her nicht mehr länger zu halten. Dieses sieht die EU Kommission,  
sowie gerade auch der EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes,  
deutlich in ihrer Forderung der Entflechtung. Auch die vielen  
Rechtsstreitigkeiten, die Verbraucherinitiativen zur Senkung der  
Gaskosten führen nach §315, geben zu denken, dass eine solche  
wirtschaftsliberale Einstellung nicht mehr länger haltbar ist. Denn  
eine Monopolstellung im Gasbereich ist nach wie vor festzustellen,  
welche aufgrund von vorgeschobenen technischen Problemen nicht zu  
lösen seien. Die Problematik steckt nicht so sehr in den  
verschiedenen Gasanbietern, sondern in dem monopolistischen Verhalten  
der grossen Energieversorger E.ON und RWE. Sie teilen sich in  
Deutschland die Gasnetze auf und können unter fadenscheinigen  
Begründungen entscheiden, welcher Anbieter durch ihr Gasnetz leiten  
darf und wer nicht. Im Zweifel nicht! Zur Liberalisierung trägt es  
nicht bei und man muss einfach feststellen, dass hierbei die  
Monopolstellung der Energieversorger durchaus gerechtfertigt ist hier  
zu beschreiben. Es gibt nur jeweils in den Landstrichen Deutschlands  
einen Anbieter, der das Energienetz pflegt und verwaltet/besitzt. Es  
wäre töricht, wenn jeder Energieanbieter sein eigenes Netz baut, wenn  
schon genug an Kapazitäten der Vernetzung vorhanden sind. Daher  
ergibt sich aus der Logik heraus, dass es ein natürliches Monopol der  
Netzversorgung gibt, welches nicht in der Hand von einem privaten  
Anbieter liegen sollte, denn die Energiesicherheit ist hier von  
abhängig und damit ein hoheitliche Aufgabe des Staates. Zum anderen  
wäre es bei einem privaten Anbieter als Monopolisten genauso möglich  
über die Netzpreise, die Gesamtpreise zur Profitmaximierung  
anzuziehen, was nicht im Sinne des Verbrauchers ist. Daher gibt es  
nur eine Möglichkeit, dem natürlichen Monopol gerecht zu werden,  
welches dem Gemeinwohl dient - nämlich die Verstaatlichung der  
Energienetze unter der Bedingung, diese angemessen zu verwalten und  
zu pflegen ohne dabei Profite erzielen zu wollen, die über die  
Reinvestition in den Bestand hinaus notwendig wäre.


"Die Versorgungssicherheit ist auf dem Altar des Wettbewerbs geopfert  
worden"

(Prof. Ehricke, Direktor des Kölner Instituts für Energierecht,  
Richter am OLG Düsseldorf und Lehrstuhlinhaber für Europarecht.)


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Hierzu wurde schon auf die Verpflichtung und Rechte des Unternehmens  
im Energiewirtschaftsgesetz aufmerksam gemacht, dass es z.B. Rechte  
zum Wohle der Allgemeinheit gibt für das Unternehmen, welches aber  
ausserdem darauf bedacht sein muss das Allgemeinwohl der  
Daseinsvorsorge im Auge zu behalten und es als Priorität ansehen  
muss. (Hierzu Regelung von Durchleitungsrechten:
http://www.energieverbraucher.de/files.php? 
dl_mg_id=795&file=dl_mg_1168523648.pdf)

2. Energieversorgung ansich

Die Ausrichtung der jetzigen Bundesregierung konzentriert sich auf  
eine konservative Energieversorgung im Sinne einer Erhaltung der  
Energiekonzerne im globalen Wettbewerb, was auch deutlich wird in den  
Gesetzesvorlagen und bestehenden Regelungen z.B. des Atomausstiegs,  
der bis heute noch nicht ein Konsens der Regierung zu sein scheint.  
Die Möglichkeit eines Wiedereinstiegs in die Atomenergie ist nach wie  
vor gegeben und die grossen Energiekonzerne erhoffen sich nach wie  
vor, dass die Atomenergie trotz ungeklärter Entsorgung wieder zu  
primären Einsatz kommen könnte. Doch die Marschrichtung kann unter  
den gegeben Vorgaben zum Klimaschutz nicht in der Atomenergie liegen  
sondern vielmehr in den Ressourcen, die uns keine Altlasten oder auch  
Abhängigkeiten beschaffen. Eine Autonomie der Energieversorgung liegt  
ausschliesslich in der Versorgung durch Energieformen, die uns die  
Natur jeden Tag und Nacht mitgibt, ohne dass die Natur sagen kann,  
dass sie nicht mehr liefern möchte. Es sind nach wie vor Wind, Sonne,  
Wasser, Biogas und Erdwärme, die einen Bestand und Sicherheit ohne  
Abhängigkeiten garantieren. Bisher haben wir Abhängigkeiten von  
Konzernen und die wiederum bemühen sich die Abhängigkeiten durch  
ausländische Versorgung zu suggerieren, an welchen sie selbst  
beteiligt sind. Die Autonomie wird aber erst ermöglicht, wenn im  
kleinen Masstab, also den Kommunen selbst, eine Autonomie  
gewährleistet ist.

Dieses würde man flächendeckend je nach Region und Vorteilen der  
Energieerzeugung für jede Kommune erreichen durch Sonne, Wind,  
Wasser, Biogas und Erdwärme. Nach Berechnungen vieler Wissenschaftler  
in der Welt ist dieses keine Utopie schon seit Jahren mehr. Es ist  
ein realistisches Szenario, welches nur umgesetzt werden müsste. Eine  
völlig entkoppelte Energieversorgung, die keine Ressourcen mehr  
kostet, sondern ein Abschöpfen der natürlich Vorhandenen Potentiale  
bedeutet. Die Energieversorgung wäre dementsprechend auch nicht mehr  
an den Rohstoffen gekoppelt sondern an der Wartung, Verwaltung und  
Investition in Anlagen. Dieses würde eine völlig andere Sicht auf die  
Produktion von Energie, sowie der Versorgung bedeuten. Leider wird  
dieses Szenario immer noch von vielen sogenannten Experten, die von  
der Energiewirtschaft bezahlt werden als eine Utopie abgetan, was  
aber letztlich durch Beweise in einzelnen Dörfern und Städten  
demonstriert wird, dass es keine Utopie mehr ist.

3. Übergangsszenario

Wenn man sich in einem Übergang vorstellt, dass sämtliche Energie für  
die Schwerindustrie nach wie vor geliefert würde von den  
monopolistischen Energie Konzernen wie E.ON, RWE, EnBW und Vattenfal,  
aber die privaten Haushalte durch autonome Energieversorgung der  
Kommunen gewährleistet würde, hätte den Vorteil, dass die  
Energiekonzerne sich sagen lassen müssten, dass sie auf einmal ihre  
Energie wesentlich teurer an die Schwerindustrie verkaufen müsste um  
zu überleben. Zum anderen würde deutlich werden, dass die  
Energiekonzerne letztlich die Preisgestaltung immer zu Gunsten der  
Industrie ausgerichtet hatte auf Kosten der privaten Verbraucher, um  
riesige Profite abzuschöpfen. Automatisch würde sich eine alte  
Forderung erfüllen, die heisst, dass der der viel Energie verbraucht  
auch mehr (viel mehr) bezahlen muss und der wenig verbraucht viel  
weniger. Damit gäbe es eine Situation in der der belohnt würde, der  
zum Klimaschutz beiträgt und der bestraft, der das Klima zerstört.

Dieses Szenario wäre in weiten Landstrichen Deutschlands schon sehr  
schnell durchzusetzen, da in Schleswig-Holstein z.B. schon alleine in  
Mittleren Städten und Dörfern die Windenergie zu mindestens 50 %  
Strom erzeugt.

4. weitere Automatismen im Bewusstsein einer Gesellschaft

Diese alte Forderung, die etwas mit einem Gerechtigkeitsgrundsatz  
gegenüber der Natur und auch der Verbraucher zu tun hat, dass der der  
viel Energie verbraucht auch viel mehr zahlen muss und der, der wenig  
Energie verbraucht viel weniger zahlen sollte (wenn überhaupt), weil  
er zum Klimaschutz beiträgt, wäre ein Grundsatz, den man sich noch  
weiter denken kann, wie es in Belgien jetzt schon geschieht. Man kann  
sich vorstellen, dass grundsätzlich jeder Verbraucher eine Grundmenge  
an Energie umsonst bekommt, die einen Lebensstandard erhält und muss  
für jeden Luxus an mehr Energie ein vielfaches der bisherigen Kosten  
bezahlen. Somit würde dann automatisch eine Kalkulation eintreten,  
sodass der "Mehrbedarf" an Energie die Kosten für die Allgemeinheit  
trägt. Viele soziale Probleme würden damit gelöst werden, dadurch  
dass Energie ansich keinen Anteil in Kosten an einem menschenwürdigen  
Wohnen ausmachen würde. Der Grundbedarf eines jeden müsste sich an  
dem Grundbedarf im Durchschnitt in der Gesellschaft bemessen. Dieses  
würde ausreichen um auch noch eine andere Entwicklung ernsthaft in  
Gang zu bringen: Der Anreiz Geräte zu bauen, genauso auch Autos oder  
sonstige Energiefresser, die sehr wenig Energie verbrauchen. Es  
forciert also eine Entwicklung, die erwünscht ist, dient der Natur,  
Klimaschutz und ist gleichzeitig äusserst sozial und liberal zugleich.

Es wäre eine Umkehrung von bisherigen Marktprinzipien, die nicht  
darauf aus sind ein mehr zu erzeugen, sondern eher ein weniger. In  
der Konklusion heisst das aber letztlich, dass so durch ein Weniger  
insgesamt Energie für alle umsonst bereit gestellt würde. Und das zu  
niedrigsten Kosten, die eine Ökonomie sich vorstellen kann.

Weniger ist also Mehr und das umsonst für alle

Eine andere Welt ist möglich!



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Rüdiger Heescher
Lohe 10a
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Skype: ruediger_heescher

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"Ich bin nun überzeugt, dass der höchste Akt der Vernunft, der, in  
dem sie alle Ideen umfasst, ein ästhetischer Akt ist und dass  
Wahrheit und Güte nur in der Schönheit verschwistert sind."

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831)




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