[Debatte-Grundeinkommen] Kapitalismusdebatte

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Fr Aug 17 12:32:43 CEST 2007


liebe freunde!
ich bin nicht sehr empfindlich, wenn es um den fehlgebrauch
von begriffen geht. wer sich aber an einer "kapitalismusdebatte"
beteiligt, jörg, und zwischen GELD und KAPITAL nicht unterscheidet,
sondern auf deren gleichsetzung seine argumentation aufbaut, hat doch
argen nachholbedarf. da hilft auch kein jovialismus.
mit proletarischem gruss, karl-heinz pachura



Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Kapitalismusdebatte

> Hallo Robert, hallo Listenteilnehmer,
> 
> wenn's um's Legitimieren geht, möchte ich doch auch etwas dazu sagen.
> Daß
> Deine Interpretation etwas daneben liegt, kannst Du Dir, Robert, wohl
> selbst
> denken, obwohl Du mit Deinem "Galgenhumor" eine gute Frage stellst: was
> legitimiert denn eigentlich den Kapitalismus? Was sind dessen Ursachen?
> Kann
> man "Kapitalismus" überhaupt abschaffen? Oder muß man versuchen, einen
> gangbaren Weg zu finden, mit dem Phänomen umzugehen? Arbeitslosigkeit
> (besser Erwerbslosigkeit) wird oft als Krankheit verstanden, die man
> fieberhaft zu heilen versucht - dabei wäre es besser, "die krankhafte
> Suche
> nach Lösungen" zu heilen. Allein aus dem Standpunktwechsel ergibt sich
> ein
> ganz anderer Ansatz. Also kommen wir nochmals auf den Kapitalismus zu
> sprechen.
> 
> Was wird damit eigentlich genau gemeint? Lateinisch "capitalis" bedeutet
> "Haupt-" und kommt von "caput", was "der Kopf" bedeutet; ursprünglich
> bewertete man die Köpfe einer Viehherde (im römischen Reich war "Summa
> capitalis" die Hauptsumme in Wirtschaftsrechnungen); im 18. Jahrhundert
> verwendete Karl Marx das Wort "Kapital" für seine Mehrwerttheorie - davor
> gab's das Wort im Deutschen eigentlich nicht so richtig. Damit hat
> "Kapitalismus" etwas mit Geld zu tun, bzw. der Bewertung von etwas (dank
> Marx). Geld wiederum haben wir (Matthias und ich) hier sehr häufig als
> Maßeinheit für Wert definiert. Und im realen "Kapitalismus" geht's
> eigentlich dauernd um Geld.
> 
> Schauen wir uns nun mal an, was "Bewerten" bedeutet, so kommen wir darauf,
> daß es eine "Wertung" von mindestens zwei Dingen ist, von denen eine
> Sache
> bevorzugt wird. "Bewertung" ist dann nötig, um gewisse Dinge in eine
> bestimmte (subjektive) Reihenfolge zu bringen, für die man sich
> entscheidet - und Entscheidungen hängen mit "Wollen" zusammen.
> 
> Nun hat der Mensch als einziges Lebewesen einen freien Willen (Stichwort:
> "Die Freiheit 'nein' zu sagen"). Vor kurzem hatte ich mal (eher aus Spaß)
> gemeint, daß "ich will" eigentlich "ich bin es mir wert" bedeutet.
> Inzwischen bin ich so weit, daß ich die These in den Raum stelle, ob
> nicht
> dieser "freie Wille" des Menschen eigentlich eine "subjektive Bewertung"
> darstellt. Ob das sich nun auf das Individuum bezieht ("Ich will essen" ->
> "Ich bin mir es wert zu essen"; das "es" kann z.B. das "zu Essende" sein,
> aber auch "nichts") oder auf andere ("Ich will, daß Du arbeitest" -> "Du
> bist mir es wert zu arbeiten"; dieses "es" kann positiv [z.B. 100Euro/h],
> aber auch negativ sein [nichts]), ist erstmal egal. Wer Lust hat, kann
> noch
> weitere Satzkonstruktionen mit dem Verb "wollen" bilden und diese in Bezug
> auf die "subjektive Wertschätzung" überprüfen. Derjenige, der mir eine
> Konstruktion bringt, die nicht in Bezug zu einer Bewertung gesetzt werden
> kann, bekommt eine kleine Anerkennung meinerseits dafür (was sage ich
> noch
> nicht) - aber ich erlaube mir, diese Konstruktion zu prüfen...
> 
> Wenn meine These "richtig" ist (vorsicht, das "richtig" ist von jedem eine
> "subjektive Bewertung"), kann man den "Kapitalismus" weder legitimieren,
> noch bekämpfen oder gar abschaffen. Somit hätten wir mit dem
> "Kapitalismus"
> einen natürlichen Sachverhalt, wie das Leben selbst - und vielleicht
> erklärt
> sich daraus, weshalb er so erfolgreich ist. (Für die Kommunisten in der
> Liste sei angemerkt, daß der Kommunismus als "Kollektiv-Kapitalismus"
> betrachtet werden kann, wobei ich hier nicht darauf eingehen möchte, wie
> ich
> das verstehe).
> 
> Nietzsche sagte dazu:
> "Wenn wir von Werthen reden, reden wir unter der Inspiration, unter der
> Optik des Lebens: das Leben selbst zwingt uns Werthe anzusetzen, das Leben
> selbst werthet durch uns, wenn wir Werthe ansetzen" (Friedrich Nietzsche,
> G.D, S. 86 "Die Werte entspringen nicht aus dem an sich bestehenden
> Übersinnlichen, sondern Werte sind Bedingung des Lebens, d.h. der
> Lebenssteigerung, und entspringen nur aus diesem Leben und gelten nur für
> dieses." Martin Heidegger, Gesamtausgabe Bd. 48, S. 17)
> 
> Tja... wie immer ist die Sache nicht ganz ausgereift, aber ich zähle
> diesen
> Gedankengang zum Jovialismus (der einer Bewertung das "wohlwollend"
> beizumessen versucht). Wer es schafft, die Sache "wertfrei" zu überlegen,
> kommt mMn der wirklichen "freien Willensentscheidung" etwas näher ;-)
> 
> Über Meinungen freue ich mich natürlich, wie immer
> 
> Viele Grüße aus Kiew,
> 
> Jörg (Drescher)
> - http://www.iovialis.org -
> 
> 
> ----- Original Message ----- 
> From: "Robert Zion" <zion at robert-zion.de>
> To: "j.behncke" <j.behncke at bln.de>; "Kai.Ruesen" <Kai.Ruesen at t-online.de>;
> <ludwigpaul.haeussner at iep.uni-karlsruhe.de>
> Cc: <gruenes_netzwerk_grundeinkommen at gruene-berlin.de>
> Sent: Wednesday, August 15, 2007 4:44 PM
> Subject: Re: [Gr.NetzGE] Grundeinkommen statt Rentenkapitalismus
> 
> 
> > Hi,
> > jetzt legitimieren wir den Kapitalismus schon mit dem Saufen der alten
> > Germanen. Na, denn:
> >  Prost!
> > Grüße
> > Robert
> 
> _______________________________________________
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