[Debatte-Grundeinkommen] Wertedebatte

Ernst Ullrich Schultz webmaster at eusidee.de
Sa Aug 4 00:18:05 CEST 2007


Hallo, lieber Matthias,
liebe MitstreiterInnen,

eigentlich bin ich kein Freund von Haarspaltereien, aber nun juckt es 
mir doch in den Fingern.

1. Ob etwas subjektiven oder objektiven Wert hat, ist schwer zu 
greifen. Eine saubere Toilette dient der Gesundheitserhaltung und ist 
für mich ein objektiver Wert, ebenso wie Trinken und Essen.
2. Es gibt keine realen, greifbaren Kosten für das Wasser in der Wüste, 
wie Sie im zweiten Beispiel nennen. Ob es mit dem Kamel oder per 
Flugzeug kommt, erzeugt ganz unterschiedliche Kosten. Preise und Werte 
sind zwei unterschiedliche Dinge.

Auf jeden Fall, denke ich, macht diese "Wertediskussion" keinen Sinn, 
sie stößt höchstens z.B. den Staubsaugervertreter  vor den Kopf, der 
seine (auch in meinen Augen überflüssige) Tätigkeit bestimmt für 
notwendige objektive Information hält.

Es gibt für mich interessantere Felder, z.B. das Interview von Frau 
Müller (Gattin von Oskar Lafontaine) in der letzten Freitag, die aus 
dem üblichen Links-Rechts Schema ausbricht und den Krippenausbau 
ablehnt und sich dagegen für ein Einkommen der im Haushalt tätigen 
Menschen einsetzt. Das ist Wasser auf der den Mühlen unserer 
Grundeinkommen-Bewegung!

Herzliche Grüße,
Ernst Ullrich Schultz

Am 03.08.2007 um 22:25 schrieb Matthias Dilthey:

> Hallo Ernst Ullrich, geehrte Mitstreiter,
>
> Ernst Ullrich hat es mir deutlich gezeigt: Ich kann die
> << unterschiedlichen >>
> Werte-Formen bisher nicht ausreichend verständlich machen.
> Darf ich es nochmals probieren?
>
> In etlichen Publikationen und Vorträgen habe ich von der "Porsche 
> fahrenden
> Toiletten-Frau" gesprochen. Habe detailliert ausgeführt, daß mir diese 
> (die
> der Toilettenfrau) Arbeit überaus wichtig ist.
> Öffentlich bin ich dafür eingetreten, daß z.B. diese Arbeit (es gibt 
> jede
> Menge von ähnlich gelagerter Arbeit) sehr gut bezahlt werden muß.
>
> Zumindest besser als die Arbeit eines Staubsauger-Vertreters. Oder 
> eines
> Künstlers, eines "Anlageberaters" oder eines Harry Potters.
>
> Diese und analoge Berufsgruppen schaffen nur "subjektive 
> Wertschöpfung". Die
> "subjektive Wertschöpfung" steht nämlich nicht mit der Entlohnung in
> Zusammenhang.
> "Subjektiv" und "Objektiv" ist nicht wertend, sondern vielmehr 
> erklärend:
> Subjektive Wertschöpfung wird immer ausschließlich von objektiver
> Wertschöpfung finanziert.
>
> Ein Mensch kann von der Produktion von Kartoffeln überleben, das 
> Wasser fällt
> (bei uns noch) vom Himmel.
> Vom ausschließlich "Scheiße produzieren und/oder wegräumen" kann 
> keiner leben.
> Das heißt aber doch nicht, daß mir eine saubere Toilette nicht viel 
> von dem
> wert ist, was ich durch die Produktion von Kartoffeln geschaffen habe.
>
> Wer "Scheiße wegräumt und/oder produziert" lebt IMMER von Kartoffeln 
> und Co,
> oder hat in dieser Liste schon mal jemanden vom Dauerverzehr von 
> "Scheiße",
> oder in dem er aus einer dauerhaft "aus einer sauberen Toilette" trank,
> überleben sehen ????
>
> Die subjektive Wertschöpfung lebt immer von dem, was bei der objektiven
> Wertschöpfung  abzweigbar ist.
> Und tausend mal kannst Du mir sagen, daß die Arbeit des Straßenkehrers 
> wichtig
> ist. Ich stimme Dir zu und antworte: der Straßenkehrer braucht seine
> Kartoffeln, um die Kraft zu haben, die Straße kehren zu können.
> Ein Kunstmaler kann dem Straßenkehrer noch so viele (subjektiv 
> wertvolle)
> Bilder geben; ohne Kartoffel kann der Straßenkehrer dem Maler seine 
> Straße
> nicht kehren!
>
> Matthias Dilthey
>
> Am Mittwoch, 1. August 2007 21:36 schrieb Ernst Ullrich Schultz:
>> Lieber Matthias,
>> liebe MitstreiterInnen,
>> ein schönes Beispiel liefern Sie mir da, Matthias. Die Pinkelpfütze 
>> auf
>> dem Gehsteig stinkt , ist unhygienisch und macht allen anderen
>> Mitmenschen (außer dem Verursacher, der sich ja schnellstens 
>> entfernt!)
>> Probleme. Der Pinkler zahlt nicht, da hat Matthias recht, aber wir 
>> alle
>> zahlen dafür, nämlich die Straßenreinigung!  Und dem Straßenfeger, der
>> den kleinen See wegmacht, dem muss ermöglicht werden, diese Arbeit zu
>> verrichten, sprich er muss ein Einkommen erhalten. Seine Arbeit stellt
>> einen großen Wert dar! Ich habe Straßenkehrer und
>> ToilettenarbeiterInnen kennen gelernt, die diese Arbeit gerne tun und
>> sie wichtig nehmen, genau wie ich.
>> Mir scheint, dass manche Intellektuelle sich gern auf schmutzige
>> Toiletten setzen, wenn sie dauernd von "Drecksarbeit" schreiben.
>> Arbeit, sinnvolle Arbeit, ist wertvoll und schafft Werte. Arbeit heißt
>> doch, immer für andere Menschen tätig zu sein, sonst ist es Spiel oder
>> Freizeitbeschäftigung. Der Unterschied ist, ob ich das aus freiem
>> Willen tue oder als Sklave. Deshalb bin ich ja für das BGE. Die
>> Gewerkschaften z.B. sind ja löbliche Organisationen, die für ihre
>> Mitglieder auf dem Arbeitsmarkt sprich Sklavenmarkt viel herausholen
>> wollen. Aber das geht heute nicht mehr - siehe Telecom. Man braucht
>> nicht Ökonomie studieren, um zu sehen, dass dieses Geschäft heute 
>> nicht
>> mehr funktioniert. Da brauche ich morgens nur aus dem Fenster zu
>> schauen, früher kam ein Postbote und brachte die Post, heute sind es
>> zwei oder drei  Fahrer. Unsere schlauen Ökonomen sagen, das wird
>> billiger und besser, weil da Konkurrenz entsteht und die ist immer 
>> gut.
>> Fragt sich nur für wen. Der ökonomische Unfug, drei Menschen auf den
>> gleichen Weg zu schicken, muss bezahlt werden. Nämlich von den drei
>> Fahrern. Wenn sich das rechnen soll, kann nur die Bezahlung drastisch
>> sinken. Weiterhin müssen drei Vorstände und drei Aufsichtsräte bezahlt
>> werden und das kostet. Und dazu noch die horrenden Honorare an die
>> schlauen Ökonomen, die das Ganze in eine tolle Theorie wickeln!
>> Um auf das Toilettenproblem zurückzukommen. In einem Kaufhaus, wo ich
>> früher öfters einkaufte, war eine Toilettenfrau zuständig, fest
>> angestellt beim Konzern. Alles war tip-top und sauber, ein Genuss 
>> (auch
>> ein realer Wert!) dort zu verweilen. Jetzt wurde dieser Ort von einer
>> Reinigungsfirma übernommen mit lauter prekären Arbeitsplätzen und sehr
>> sorgfältigen Strichlisten  und sehr unsorgfältiger Reinigung. Das
>> Management  bemerkt natürlich nichts, die gehen nicht auf diese
>> Toiletten, die kalkulieren nur, die Reinigungsfirma ist billiger und
>> das alleine zählt. Ob es sich wirklich auszahlt, das ist noch die
>> Frage.
>> Soviel zu sanitären Problemen. Ich hoffe, wir kommen in der Hauptsache
>> weiter, nämlich kraftvoll in der Öffentlichkeit unser Anliegen zu
>> verbreiten. Hoffentlich machen wir den Herbst heißer!
>> Dabei fällt mir ein, man könne den 3. Oktober, diesen etwas
>> nichtsnutzigen freien Tag, den unsere Politiker anlässlich des
>> Anschlusses der ostdeutschen Länder schufen,  als Tag
>> zivilgesellschaftlicher Initiativen nutzen. Da haben doch viele
>> Menschen frei und könnten sich zur Stärkung unserer Demokratie
>> betätigen!
>>
>> Bis dann und einen hoffentlich schöneren Restsommer wünscht
>> Ernst Ullrich Schultz
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