[Debatte-Grundeinkommen] WG: Paul Nolte, Falsche Verlockung des Staats, in der WamS am 29. Mai 2007

Florian Hoffmann florian at hoffmannlaw.de
So Apr 29 17:18:09 CEST 2007



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Florian Hoffmann [mailto:florian at hoffmannlaw.de]
Gesendet: Sonntag, 29. April 2007 17:17
An: leserbriefe at wams.de
Betreff: Paul Nolte, Falsche Verlockung des Staats, in der WamS am 29.
Mai 2007




Sehr geehrter Herr Posener,

Sie erlauben, Herrn Noltes hartem Urteil mit „aller Härte“ zu entgegnen: Es
drängt sich der Verdacht auf, dass Herr Nolte zu wenig am Puls der Zeit
gefühlt hat. Die Tatsache der sich öffnenden Schere der Einkommen ist, so
scheint es, an Ihm genau so vorübergegangen, wie die wachsende
Perspektivlosigkeit der jungen Generation und die Tatsache, dass ein Job für
’s Leben heute nicht mehr ausreicht, sondern dass heute in unseren Breiten
Lernfähigkeit und Flexibilität bis ins hohe Alter gefordert sind. Die
Schlussfolgerungen aus diesen unbestrittenen Trends sind simpel: Die „Schere
“ verlangt nach mehr Gerechtigkeit, die Perspektivlosigkeit nach mehr
Freiheit (wegen der höheren Eigenverantwortung) und die Jobunsicherheit nach
mehr Sicherheit.

Ein solidarisches Bürgergeld kommt diesen Verlangen entgegen. Die Idee einer
bedingungslosen staatlichen Zuwendung ist wohl aus dem Einsicht geboren,
dass die soziale Gerechtigkeit bei unserem nunmehr schon Jahrzehnte
andauernden Wirtschaftswachstum mehr und mehr verloren geht und/oder
verloren gegangen ist (Wo ist Ludwig Erhardt geblieben?). In früheren Zeiten
waren die Gewerkschaften die Gralshüter der sozialen Gerechtigkeit. Diese
Position haben sie im Rahmen einer fortschreitenden Globalisierung der
Märkte verloren. Menschen mit sozialer Einstellung haben deshalb in einer
staatlich organisierten Solidarität (Bürgergeld) eine plausible Alternative
gesucht und gefunden.

Wenn Herr Nolte nunmehr große Probleme in der Handhabung vermutet, so würde
es einem Vordenker wie Ihm gut anstehen, an der Beseitigung der
organisatorischen Probleme mit Hilfe neuer Ideen beizutragen, anstatt dem
wahrlich unbefriedigenden status quo das Wort zu reden. Die gute Konjunktur
mag bewirken, dass ein paar der genannten Probleme vorübergehend zugedeckt
werden, bei abflauender Konjunktur werden sie dann doch aller wieder
verstärkt präsent sein. Oder etwa nicht?

Mit freundlichen Grüßen

Florian Hoffmann
Düsseldorf




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