[Debatte-Grundeinkommen] Kipping und das BGE

Tobias Crefeld tc-wasg at onlinehome.de
Mi Apr 11 21:15:36 CEST 2007


On Tue, 10 Apr 2007 19:22:44 +0200 "Ingo Groepler-Roeser"
<ingo.groepler.roeser at googlemail.com> wrote:

> Um es ganz plastisch zu übertreiben: Ich halte Sprecher für
> Sprecherpositionen ungeeignet, weil sie Sprecher sind? Vielleicht
> wäre es ganz nett, wenn hin und wieder der ein oder andere
> "Berufspolitiker" sich auf den Streit/die Diskussion einließe - sich
> stellen würde.

Ich sehe keine Berufspolitiker, die sich einer Diskussion stellen. Wenn
ich hier Veranstaltungen rund ums BGE besuche, dann sitzen da
gelegentlich Parlamentarier oder Angestellte aus dem politischen
Apparat, tw. auch aus Kippings Partei und halten die meiste Zeit brav
den Schnabel oder ergehen sich in Allgemeinplätzen, um ja nicht
anzuecken. So wie das halt alle Politiker machen, die unbedingt
wiedergewählt werden wollen. Das ist nun mal so und das ist
gleichzeitig deren Handicap im Hinblick auf ihre Überzeugungskraft.
Warum soll sich eine Organisation Sprecher mit solchen Handicaps antun?


> Das politische Maß an Offenheit gegenüber "ganz
> bodenständigen" Auseinandersetzungen scheint derzeit in Deutschland
> ohnehin einer Kultur des "positiven Verdrängens" (positive
> unthinking) zu weichen.

Da sehe ich doch eine etwas positivere Tendenz. Im politischen Apparat
mag das so sein, aber "am Stammtisch" hat sich nach Jahren des
Konkurrierens und der getrennten Alleingänge wieder häufiger ein
gemeinsames politisches Interesse herausgebildet, dass sich allerdings
auf konkrete Punkte fokussiert und im übrigen von der Sinnlosigkeit der
parteipolitischen Ochsentour ausgeht.

Die Tendenz der letzten 10..20 Jahr zu mehr direkter Demokratie und
gleichzeitig zu mehr Lobbyismus kommt ja nicht von ungefähr. Sie ist
eine Reaktion auf die Mängel des repräsentativ-demokratischen Systems,
wie es sich heute darstellt. In meiner Jugend, also vor langer Zeit,
gab es immer wieder spannende Debatten im Bundestag, die wir live am
Radio verfolgten - tw. auch während der Unterrichtszeit. Heute schlafen
einem die Füsse ein bei dem Rumgestotter. Und bei Abstimmungen, bei
denen das Ergebnis schon vorher ausgekartet wurde, braucht man sich
auch nicht mehr fürs Plenum zu interessieren. Wenn dies nun, wie im
vorliegenden Fall, auf Parteien übertragen wird, dann stirbt die
politische Kultur eben auch dort. Das braucht nur die Partei zu
interessieren, aber auf solche "Pferde" sollte man außerhalb von
Parteien nicht mehr setzen.


> Vielmehr gilt es doch, die öffentlich konstruierte
> Trendwende "hin zum Sozialen" quer durch alle Parteien zu
> dynamisieren und die Politischen beim Wort zu nehmen.

Richtig, so wie sich die Mehrheitsverhältnisse darstellen, wird dies
ohne Zweifel der einzige Weg sein, ein BGE durchzusetzen.

Nur: "Beim Wort nehmen" hat was damit zu tun, dass wir die Politiker so
lange jagen müssen, bis sie das so realisieren. Und das funktioniert
eben nicht, wenn Berufspolitiker sich selbst "jagen" sollen. Der Bock
ist nunmal ein schlechter Gärtner.

-- 
Gruß,
 Tobias.



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