[Debatte-Grundeinkommen] Kipping und das BGE

Ingo Groepler-Roeser ingo.groepler.roeser at googlemail.com
Di Apr 10 19:22:44 CEST 2007


Lieber Axel,

leider habe ich nur selten Zeit, die unterschiedlichen Stränge hier im
BGE-Netzwerk zu verfolgen, doch - ich will es gleich unvorsichtig sagen -:
ich neige nicht zur Selbstgeißelung, mich nur als Mann und damit/deswegen
als wegesuntauglich und zu zielorientiert zu betrachten. Im transidentitären
Raum bleibt es jedem/jeder selbst überlassen, sich wofür auch immer zu
entscheiden (Leyh: dazwischen zu "unterscheiden"). Nun kann das Gesagte
zynisch sein - dann wäre es von der Beantwortungsoption frei und weder
gültig noch ungültig. Ebenso sehe ich den seit Jahrtausenden währenden und
trügerischen Umkehrschluss als absolut falsche Ausgangsposition für eine
Zukunft an. Er würde lediglich den Bezug umkehren (und die Subjekte
vertauschen) ohne auch nur irgend einen Funken, objektiv etwas zu ändern.
Gestern sagte jemand in einer größeren Gesprächsrunde: "Die Amis müssen doch
einen an der Klatsche haben; auf der einen Seite sind sie tief religiös
(sic!) und andererseits drehen sie Satanfilme." Wer sind 'die Amis'? Wer
sind 'die Frauen' und wer sind 'die Männer'?

Fulminant und m.E. sehr treffend hat es dieser Tage U. Beck in der taz zum
Ausdruck gebracht, wenn er von einer überhaupt denkbaren "inexistenten
Zukunft" spricht (Klimawandel bringt neue Ungleichheit, taz). Daher beziehe
ich auch meine Kritik an Ihrer Aussage, Axel. Es reicht eben nicht mehr,
zwischen den subjektiven Unterscheidungsmerkmalen aus der
Geschlechterperspektive einen Raum zu suchen, der doch auch wieder nur
begrenzt wäre, sondern sich vielmehr auf die Gesamtzusammenhänge zu
beziehen. Im zweiten Teil Ihres Textes sehe ich diesen tatsächlichen
Anspruch und möchte Ihnen dafür danken, weil er das Ergebnis als zugleich
eine unserer Voraussetzungen zutage fördert. Wie dann dieser "neuen
Ungleichheit", die weiterhin als soziale Ungleichheit nur mit noch "besseren
Argumenten" daherkommt, zu begegnen wäre, muß jetzt dringend überlegt
werden. Hier schleifen die Traditionen das BGE-Bewußtsein: Wer meint was?
vs. Wer meint wen?. Ich will es nun nicht übertreiben, aber wenn Sie (wir
alle) schon von der 'Rettung der Welt" reden, so folgen wir am besten (aber
nur zunächst) der inneren Logik, wie Bahro sie einst (Logik der Rettung,
1987) postulierte. Er hält die - wie auch immer sie sich nennen mag -
profitorientierte Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung für gefährlich, also
"unheilbar", nennt sie "die Megamaschine" und versucht ihre äußere
Betrachtung. Drinnen hängen wir fest, fest an den "zivilen" Ansprüchen an
unseren Fortschritt, der, wie sich gerade international zu behaupten
andeutet, nüscht weiter als ein Verharren in einer "Logik der
Selbstausrottung" (Bahro, ebd.) bedeutet. Und überhaupt setzt die Forderung
nach einem BGE zugleich neue transformatorische Bedingungen an eine komplett
andere Gesellschaftsordnung ein, weil die drängenden umweltpolitischen
Probleme (Verknappung zuvorderst) unmittelbare Auswirkungen auf unsere
Forderung haben. Den anderen nämlich auf "Augenhöhe" in Abkehr von weiteren
Modellen (Gruppen und Parteien) der gesellschaftlichen Initiative zu
erreichen bedeutet, seine speziellen sozialen Probleme zu kennen (sie
überhaupt kennen zu können) und ihn/sie im Verhältnis zu unser aller Problem
ernst zu nehmen. Weder also die Ausgrenzung von BerufspolitikerInnen noch
von Berufspolitik ern wird uns weiter helfen, weil damit das Netzwerk eine
ihm selbst unangemessene Unaufgeschlossenheit demonstrieren würde.
Folgerichtig könnten gleich alle Männer das Netzwerk verlassen und alle
anderen Netzwerke auch. Daraus entstünden dann in der Konsequenz zwei
Welten; eine der Männer und eine der Frauen. Wie sinnvoll!? Wenn dann noch
die Berufspolitiker schwinden, wird es nicht lange dauern, bis die
"Hobby"politiker, die "Sprach"wissenschaftler und zuletzt die 'falschen'
BGE-Verfechter gehen müßten. Es bliebe ein Idee übrig und der Letzte macht
das Licht aus?

Um es ganz plastisch zu übertreiben: Ich halte Sprecher für
Sprecherpositionen ungeeignet, weil sie Sprecher sind? Vielleicht wäre es
ganz nett, wenn hin und wieder der ein oder andere "Berufspolitiker" sich
auf den Streit/die Diskussion einließe - sich stellen würde. Das politische
Maß an Offenheit gegenüber "ganz bodenständigen" Auseinandersetzungen
scheint derzeit in Deutschland ohnehin einer Kultur des "positiven
Verdrängens" (positive unthinking) zu weichen.Wenn also der Weg das Ziel
ist, lieber Axel Tigges ("Weg ist Ziel" [ganz ohne Artikel erscheint das
mögliche Gegenteil] aber Zielorientierung ist falsch), dann ist auch der Weg
letztlich ein falscher. Was wäre dann die 'richtige' Orientierung?
Und warum die "Parteiideologien" fernhalten, wie ich an anderer Stelle
gelesen habe. Die Idee des BGE ist doch so einfach nicht zu beeinflussen.
Vielmehr gilt es doch, die öffentlich konstruierte Trendwende "hin zum
Sozialen" quer durch alle Parteien zu dynamisieren und die Politischen beim
Wort zu nehmen.Ihnen zu sagen: Redet Euch nicht heraus, das BGE wäre dann
finanzierbar, wenn  die Politik es nur wollen würde. Nur davon hängt es ab.
Fehlendes Geld ist kein Argument, solange für umweltverschmutzende Industrie
und Korruption ein nicht abreißender Geldstrom zur Verfügung steht!

Herzl. Ingo




Am 10.04.07 schrieb "lächelnjetzt" < axel.tigges at gmx.de>:
>
> Ich möchte mit meiner Auffassung noch weiter gehen. Villeicht sind Männer
> überhaupt ungeeignet die Erde zu retten, weil sie zielorientiert sind, und
> dadurch automatisch in Widersprüche kommen müssen mit anderen
> "Zielorientierten"  Die  Welt besteht jedoch nicht aus Zielen sondern aus
> Menschen, die sich gegenseitig helfen können, so  ist es nur wichtig den
> Dialog zu verbessern, und nicht noch mehr Modelle einzuführen, von wem oder
> welcher Partei oder geheimen Machtgruppe auch immer.
> Dialogfähig heißt, den anderen auf Augenhöhe zu erreichen. Damit hat das
> herrschende Kastenmodell (Staat-Autoritäten-Kirche) ausgedient und eine neue
> Weltordnung mit nur einer "Familie" kann als "kritsche Masse" bei denen
> wirken, die gesehen haben, es geht gar nicht um das Geld,  sondern um
> Bedingungslosigkeit, was jedes Vogelpaar im Frühling zeigt, wenn sie ihr
> Nest bauen und ihre Jungen groß ziehen. all die menschlichen Modelle sind
> nur kläglicher Ersatz. Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit ist im
> Menschen angelegt, wir brauche es nur zu feiern.
> Axel Tigges
>
> -------- Original-Nachricht --------
> Datum: Sun, 1 Apr 2007 00:39:00 +0200
> Von: Tobias Crefeld < tc-wasg at onlinehome.de>
> Kipping und das BGE
>
> >
> > Jörg Drescher sprach es bereits an: Wahrscheinlich sind Berufspolitiker
> > einfach generell ungeeignet für solche Sprecherpositionen.
> >
> > --
> > Gruß,
> >  Tobias.
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Ingo Groepler-Roeser
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