[Debatte-Grundeinkommen] Erwiderung auf Thesen F. Hoffmanns; Anregung an Volkswirte und Sozialwi

Matthias Dilthey info at psgd.info
Mi Sep 6 07:01:13 CEST 2006


Lieber Herr Teetz,

danke für Ihre Antwort.

Ich stimme Ihnen vollumfänglich zu, daß die wirtschaftlichen und fiskalischen 
Aspekte nur die "halbe BGE-Miete" ist.

Auch stimme ich Ihnen zu, wenn Sie sinngemäß schreiben, daß Sie eine nicht 
selbstbestimmte Ausgrenzung einzelner Menschen aus der Gesellschaft vermeiden 
möchten.

In soweit sind wir uns bei den Zielen einig.


Nicht jedoch bei den Wegen dahin.
Während Sie (habe ich Sie richtig verstanden?) versuchen, die Menschen über 
einen gewissen Integrationszwang zur Teilhabe zu bewegen, vertraut die PsgD 
auf den IntegrationsWILLEN des Einzelnen.

Grundlage der PsgD-Programmatik ist die Bedürfnis-Pyramide von Maslow. 
Wobei auch, da stimme ich Ihnen zu, "Geld nicht alles ist".
Jedoch leben wir in einer hoch arbeitsteiligen Gesellschaft, in der wir mit 
Geld uns einen Großteil der unteren Maslow-Ebenen erfüllen können, die da 
(vereinfacht) wären: "Körperliche Grundbedürfnisse", "Sicherheit" und einen 
Teil der "Soziale Beziehungen".

Diese Bereiche lassen sich mit einem ausreichend hohen BGE abdecken.


Die PsgD wehrt sich jedoch gegen das Dogma, "Soziale Beziehungen" und "Soziale 
Anerkennung" (nach Maslow) werden oder können am Erwerbsarbeitsplatz 
festgemacht oder erreicht werden.
Das Festmachen der "Sozialen Anerkennung" an Geld und Erwerbsarbeit ist das 
Ergebnis Jahrhunderte langer Stigmatisierung, die es gilt zu durchbrechen.

Was spricht dagegen, daß sich ein Mensch im Kreis der "Talk-Show-Gemeinde" 
seine soziale Anerkennung über fundierte Kenntnisse der Gerichts-Shows 
erwirbt?
Mit welchem Recht WERTEN wir die "Talk-Show-Gemeinde"?
Wenn ein Mensch darin seine Erfüllung sucht und seine soziale Anerkennung 
findet, mir soll es recht sein!

In unserer hoch automatisierten Wirtschaft können wir es uns doch leisten, den 
Menschen die Wahlfreiheit ihrer persönlichen Erfüllung und der von ihnen 
gewünschten sozialen Anerkennung zu geben.


Nicht die Wahlfreiheit schließt die Menschen von gesellschaftlicher Teilhabe 
aus, sondern die Einengung!


Matthias Dilthey
Grundeinkommenstag ist am 30.09.06
http://www.grundeinkommenstag.org
 

Am Dienstag, 5. September 2006 02:00 schrieben Sie:
>  Lieber Herr Dilthey,
> die Teilhabe an Gütern und Dienstleistungen ermöglicht uns erst ein
> halbwegs anständiges Leben zu führen. Natürlich darf sich der
> Diskussionsfaden nicht nur um die exakte Höhe für jeden Bürger drehen,
> sondern muß auch um die Möglichkeiten für sinnvolle gesellschaftliche
> Tätigkeiten im Auge behalten. Gesellschaften bestehen aus Gruppen mit
> unterschiedlichen Fähigkeiten und Interessen. Auch ein Unternehmen, das
> wirtschaftliche Ziele verfolgt, ist eine Gruppe, wobei ein Chef
> entscheidet wie viel dem einzelnen Gruppenmitglied zusteht oder ob
> dieses Gruppenmitglied aufgrund ungenügender Leistungsfähigkeit die
> Gruppe, das Unternehmen verlassen muss. Die Unternehmen haben durch ihre
> Handlungszwänge im globalisierten Wettbewerb natürlich auch auf die
> Arbeitnehmer übertragen. In nahezu allen Berufsgruppen - von wenigen
> Ausnahmen abgesehen - liegen die Arbeitslosenraten bei 10-20%. Viele
> Arbeitslose waren bei Ausbildung und Bewerbungen  hoch motiviert, um den
> Arbeitszugang - der eine ausreichende ökonomische Teilhabe und
> angemessene soziale Stellung ermöglichen kann - zu finden. Fakt ist,
> viele Bürger werden nach ökonomischen Kriterien nicht gebraucht.
> Mit dem Grundeinkommen wollen wir gerade vermeiden, dass sich die
> Atomisierung und Verzweiflung in der Gesellschaft (wie bei hoher
> Arbeitslosigkeit) weiter fortsetzt. Bei jeder gesellschaftlichen Gruppe
> gibt es aber auch Machthierarchien (beispielsweise durch die
> Einkommenszuteilung, Aufgabenzuteilung). Wenn ein Großteil der
> arbeitslosen Grundeinkommensbezieher sich von jeder Gruppenzugehörigkeit
> verabschieden würde, läge im Grundeinkommen eine gewisse Gefahr für die
> Gesamtgesellschaft. Es ist daher sicher auch wichtig, verbesserte
> Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen (auch mit z.Z. wenig ökonomisch
> verwertbaren Fähigkeiten) zu finden, die sich an Gruppen oder an
> gesellschaftlichen Aktivitäten beteiligen wollen (jede Gruppe - auch in
> dieser Diskussion - hat ihre Gesetze und führt auch zu Abgrenzungen
> gegenüber anderen Teilnehmern). Der Zusammenhalt der Gruppe ist
> natürlich auch von den Einzelteilnehmern abhängig. Dadurch entstehen ja
> erst Hierarchien, Aufgaben und Ziele eines Gemeinwesens. Das
> Grundeinkommen kann nur ein Baustein für den Beteiligungszugang in einer
> Gesellschaft sein.
> Es wird weiterhin von der Zielen, den Werten der Gesamtgesellschaft
> abhängen, ob von 100 Mitgliedern einer Gemeinschaft zukünftig 10, 20
> oder gar 50 ausgeschlossen werden.
> Guten Abend
> Tobias Teetz



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